Das sie, die sich wohl weiterhin als ernsthafte Journalisten sieht und dafür auch gelten werden will gerade in der Bild publiziert ist nur der erste bemerkenswerte bereits breit diskutierte und kritisierte Aspekt. Als Feministin mit dem Boulevard, und so in einem "redaktionellen" Umfeld mit (größtenteils nackten) Fraunkörpern zu veröffentlichen finde ich auch gelinde gesagt seltsam.
Aber statt darauf oder ihren bisherigen Kolummnen und den damit zusammenhängenden Aspekten zum Kachelmann-Prozess will ich mich nur mit ihrer (lt. ihrer Webseite; bild.de ignoriere ich genausoe wie die gedruckte BIld) letzten Kolumne beschäftigen, auf die ichhingewiesen wurde und bei mir letztlich leichtes Entsetzen auslöste.
Unter dem Titel Die Kulissen hinter dem Prozess scheint sie mir letztlich einen unrühmlichen Blick hinter ihre eigenen Kulissen zu gewähren.
Im Vergleich noch harmlos finde ich den mindestens mißverständlichen Einstieg:
Denn was Verteidiger wollen ist das eine, nur wenn es auch zum Willen des Richters wird, folgen tatsächlich die entsprechenden Konsequenzen.Am Mittwoch musste ich im Kachelmann-Prozess die Pressebank gegen den Zeugenstuhl tauschen. Kachelmann-Verteidiger Schwenn wollte das so.
Der mich eigentlich beschäftigende Teil des Textes, auch wegen seinem Aufbau/Gedankenganz als Vollzitat:
Doch die Zeit, in der ich darauf gewartet hatte, vom Richter gerufen zu werden, war für mich eine der interessantesten Stunden des gesamten bisherigen Prozesses.
Während auf der Bühne des Verhandlungssaals der x-te Sachverständige der Verteidigung gehört wurde, saß ich nämlich in den Kulissen: Im „Vernahmeraum“ 18; 15 qm, ein Tisch, vier Stühle, eine auf mich gerichtete Videokamera und ein Schrank.
Und in dem Schrank? Stofftiere – Bären, Löwen, Hasen – Bauklötzchen, Malstifte und Bilderbücher. Spielzeug für Kleinkinder. „Die sind für die Kinder, die hier vernommen werden“, erklärt mir Herr Loreth, der Verwaltungschef. „Jeden Monat mindestens zwei, drei. Aber das interessiert niemanden.“
Wenn die Kinder da sind, zieht der freundliche Herr Loreth „was Helles“ an und nicht das dunkle Jackett wie heute: „Das macht ihnen Angst.“
Die Kinder, die hier aussagen, sind vermutlich Opfer von sexuellem Missbrauch. Durch einen Nachbarn, Onkel – oder gar den eigenen Vater.
Es sind Kinder, die die Angst meist nur zu gut kennen. Oft geht es um das Sorgerecht, weil die Mutter sich getrennt hat. Aber da hat das Kind als „Opferzeuge“ von vornherein ganz schlechte Karten. Denn beim Kindesmissbrauch gilt in Deutschland seit dem 1.9.2009 der so genannte „Strengbeweis“.
„Schlüssige Hinweise auf Missbrauch“ aus Sicht von Psychologen zum Beispiel oder eindeutig scheinende Zeichnungen eines Kindes genügen nicht mehr.
Der „Strengbeweis“ bedeutet, so die Vorsitzende des „Vereins Alleinerziehender Mütter und Väter“ und Familienrechtlerin Edith Schwab, „dass Kinder unter vier, fünf Jahren schutzlos sind, weil sie nicht als ‚gerichtsfeste‘ Zeugen gelten“.
Da steht dann Aussage gegen Aussage. So wie im Fall Kachelmann.
Dessen Prozess, dank der Manöver und Spielchen der Verteidigung längst zum Schauprozess verkommen, währt schon sieben Monate. Und es ist gut möglich, dass das Spektakel bis zur Sommerpause so weitergeht.
Das wäre dann fast ein Jahr, mit vier Richtern (inklusive Reserverichter), vier Schöffen (inkl. zwei Ersatzschöffen), zwei Staatsanwälten, einer Armada von Anwälten auf Verteidigerseite sowie Aber- und Aberdutzenden von Journalisten.
Während dieses Spektakel auf der Bühne des Verhandlungssaales 1 läuft, sitzen die Kinder im Zeugenraum 18. Und niemand hört sie.
Einerseits frage ich mich, ob dieser Vernahmeraum wirklich nur für Kinder, die Opfer von sexuellem Mißbrauch geschaffen wurde und genutzt wird.
Andererseits sind derartige Verbrechen gewiss abscheulich, die von Schwarzer geschilderte juristische Handhabung solcher Fälle sicherlich hinterfragbar, aber es wirkt am Ende denn nur auf mich so, als würde Alice Schwarzer den Prozess gegen Kachelmann als weniger wichtig und medial zu sehr betrachtet einstufen, während sich die Kapazitäten der Justiz und die öffentliche Wahrnehmung aus ihrer Sicht mehr auf die Opfer von Kindesmißbrauch richten müssten?
Will sie damit (zu ihrem offenbar bestehenden Meinungsbild passend) sagen, Kachelmann sei nun gefälligst mit einem schnellen Prozeßende zu bestrafen und sich dann anderen Prozessen zuzuwenden? Wenn ich gewagter und extremer vorgehe erkenne ich den Ansatz, zwischen den Zeilen Täter, die sich gerade auch das gegebene Machtgefälle ausnutzen an Kindern vergehen, mit Kachelmann, der sich eben lt. Anklage an einer ihm wohl unterlegenen bzw, sich unterkegen fühlenden, vegangen haben soll?