Das Bandbreitenmodell

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Scuba
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Fr 10. Jun 2011, 20:08 - Beitrag #1

Das Bandbreitenmodell

Hallo!

Beim rumstöbern, bin ich auf eine 'Vision' gestoßen, die imho doch sehr bestechend klingt (kurz): Alle Steuern bis auf die MWST. abschaffen und die Höhe dieser direkt an die -'Anzahl der Arbeitsplätze/ je Mio Umsatz' - koppeln. Gewiss gab/gibt es immer wieder ähnliche Überlegungen ("Maschinensteuer", etc.), aber das "hat was" (zumal wir über kurz oder lang betreffs der Verteilungsgrechtigkeit von Arbeit und Geld Lösungen finden MÜSSEN)

Was haltet ihr davon:

http://www.bandbreitenmodell.de/vision

Lykurg
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Fr 10. Jun 2011, 20:28 - Beitrag #2

Ich finde es gut und richtig, das Steuersystem massiv zu vereinfachen, und würde in der Streichung von Einzelsteuern fast ebensoweit gehen wollen. Ein kompletter Verzicht auf die Besteuerung von Einkommen und Kapitaleinkünften erscheint mir allerdings grob unsozial und vermutlich auch nicht finanzierbar; dagegen finde ich die vorgeschlagenen Strafsteuern für Unternehmen schwierig zu realisieren. Konsumsteuern treffen jeden gleichermaßen und dämpfen zugleich den Konsum; als Allheilmittel und einzige Geldquelle sind sie daher meines Erachtens ungeeignet, das würde zu massiv verstärktem Schmuggel und Schwarzhandel führen.

009
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Sa 11. Jun 2011, 11:59 - Beitrag #3

Ich bin von der Fülle an Details und Ansätzen noch etwas erschlagen: gern würde ich die Einschätzungen von renomierten sowie derart revolutionäre Ansätze grundsätzlich offener Wirtschaftswissenschaftler erfahren. Derebn Ausführungen zu analysieren und daran anzusetzen ist nicht zuletzt einfacher, als selber tiefer gehende betrachtungen zu entwickeln^^

Wenig findet sich bei Wiki zur DDP von 2004, der Deutschen Demokratischen Partei, bei der der Vorsitzende der Autor des relevanten Buches ist und die Programmatik aus diesem Bandbreitenmodell besteht.

janw
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Sa 11. Jun 2011, 12:12 - Beitrag #4

Ich muss mir das auch erstmal zu Gemüte führen.
Ich habe aber die Befürchtung, daß viele derartige Ansätze grundlegend das Ziel verfolgen, das Steueraufkommen, von ihnen als Steuerlast bezeichnet, zu reduzieren. Das wird schlicht nicht funktionieren, wenn nicht erhebliche Einschnitte in der Allgemeinzugänglichkeit und Qualität wichtiger Zivilisationsgüter (Bildung, Infrastruktur, Soziale Absicherung, Gesundheitswesen, Sicherheit, Umweltschutz etc.) inkauf genommen werden sollen.

Scuba
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Sa 11. Jun 2011, 15:52 - Beitrag #5

Hi!

Ich denke man mach einen (großen) Fehler, wenn man lediglich den Blick auf die Steuerlast und die damit verbundene Einnahmequelle des Staates legt.

Steuergesetzgebung ist (in Verbindung mit dem Geldsystem) im wesentlichen 'GesellschaftsGESTALTUNG'.

Schaffe ich z.B. die Erbschaftssteuer vollständig ab, führt das mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt in einen neuen Feudalismus. Erhöhe ich die Erbschaftssteuer so, dass vererben nur bedingt Sinn macht, hat das Auswikungen auf dei Motivation der Wirtschaftsteilnehmer (jeweils der die in diesem System schon was erreicht haben und derjenigen die noch was erreichen wollen und Chancen z.B. bei Betriebsübernahmen und Aufsplittungen sehen)

Un so sehe ich das auch beim Bandbreitenmodell:
Die Einnhameseite des Staates mal völlig außer acht gelassen (diese ist ja auch bei einer einzigewn Steuer frei skalierbar), würde dieses Modell wohl dazu führen, daß z.B. ein Schreinermeister in seinem 5 Mann-Betrieb (wieder) hochwertgige Möbel VOR ORT herstellen kann, wohingegen die Billigkonkurrenz, die auf hohen Kapitaleinsatz (einschließlich der hochfinanzierten internationalen Logistik!), auf hohen Umsatz und hohe Verbräuche (mittels ressourcenverschleudernden Billigprodukten) angewiesen ist, nicht mithalten kann.

Das Modell dient dazu, eine Art Waffengleichheit auf volkswirtschaftlicher Ebene auszutarieren und erfordert damit andere betriebswirtschaftliche Kalkulationen. Plötzlich wird es wieder interessant an Kapitaldienst und Kosten zu sparen, anstatt Arbeiter und Angestellte zu entlassen.

Klar ein 'Wechsel' auf dieses System wird alles andere als einfach. Der Widerstand der Eliten, die sich mittels des "aus dem Nichts geschöpften Geldes" ander Macht halten und sich dessen freigiebig bedienen, wird enorm sein, wenn nicht gar verunmöglicht (wenn nicht endlich mal jemand aufwacht)

Denn was wird passieren, wenn es gelänge das Bandbreitensytem so einzuführen, wie in der 'Vision' angedacht: Die Billionen Schuldscheine, die auf der Welt herumkreiseln und 'ewiges Wachstum' einfordern, würden auf einen Schlag nahezu wertlos. Es würde sich (für private) nicht mehr lohnen in Großprojekte zu investieren. (Was aber nicht heißt, das sie unmöglich wären: Der Staat, - die Gemeinschaft -also wir, könnten uns immer wieder aus freien Stücke dazu entscheiden, z.B. Großkraftwindanlagen, oder Forschungszentren zu bauen) Dieses (ungedeckte) Geld (das derzeit die Aktien und Rohstoffmärkte sinnloserweise inflationiert) wäre "übrig". Es gäbe einen inflationären Schock, - der aber nach kurzer Zeit überwunden sein könnte, wenn der Schreinermeister seine Werkstatt (Der Bauer seinen Bauernhof; der Elektriker seinen Laden, etc...) wieder aktiviert, die er aufgegeben hatte, als die Auflagen und die kapitalintensive Billigkonkurenz zu groß waren...

Das mit den 'Kapitalerträgen' dürfte sich dann ebenfalls von selbst erledigen. Da Kapital weniger nachgefragt wird (und zu Spekulationen weniger denn je taugt), wird sich dass Zinsniveau auf dem Level der reinen Verwaltungsgebühren + geringem Riskikoaufschlag einpendeln. Es lohnt sich dann einfach nicht mehr Geld mittels Geld zu machen. Sinnvoller wäre es sich am Schreinerbetrieb in irgendeiner Form zu beteiligen.

Grüße

009
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Sa 11. Jun 2011, 21:15 - Beitrag #6

Ich bin mir gar nicht sicher, ob größere gesellschaftliche Änderungen wirklich immer an dem Widerstand interessierter Kreise, meint derer die davon (vermeintlich) nicht profitieren, scheitert. Mir deucht, es gibt letztlich mehr Menschen und Gesellschaftsteile, die gegen jegliche größere Veränderung und Umgewöhnung etwas haben, weil es eben eine Änderung ist. Sprich (unbewusste) Panik/Ablehnung/torpedieren von neuem wie auch von Wandel an sich.


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