... and the winner is ... Germany

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Ipsissimus
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Di 21. Jun 2011, 11:43 - Beitrag #1

... and the winner is ... Germany

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,769052,00.html

... aber Deutschland hat im 20. Jahrhundert die wohl größten Staatspleiten der jüngeren Geschichte hingelegt. Ihre heutige finanzielle Stabilität und ihren Status als Oberlehrer Europas verdankt die Bundesrepublik allein den USA, die sowohl nach dem Ersten als auch nach dem Zweiten Weltkrieg auf sehr viel Geld verzichtet haben. Das wird leider immer wieder vergessen.

...

Die Weimarer Republik hat von 1924 bis 1929 auf Pump gelebt und sich das Geld für ihre Reparationsleistungen des Ersten Weltkriegs von Amerika geborgt. Diese Kreditpyramide krachte in der Wirtschaftskrise 1931 zusammen. Das Geld war weg, der Schaden für die USA gigantisch, der Effekt auf die Weltwirtschaft verheerend.

SPIEGEL ONLINE: Ähnlich war es nach dem Zweiten Weltkrieg. Ritschl: Da hat Amerika gleich dafür gesorgt, dass nicht wieder hohe Reparationsansprüche an Deutschland gestellt wurden. Bis auf wenige Ausnahmen wurden alle solchen Forderungen auf die lange Bank geschoben, bis zu einer künftigen Wiedervereinigung. Für Deutschland ist das lebenswichtig gewesen, es war die eigentliche finanzielle Grundlage für das Wirtschaftswunder. Zugleich mussten aber die Opfer der deutschen Besetzung in Europa verzichten, darunter auch die Griechen.

...

Und selbst 1990 kam es noch zu einem Schuldenausfall.

SPIEGEL ONLINE: Wie bitte?

Ritschl: Ja, der damalige Kanzler Helmut Kohl weigerte sich damals, das Londoner Abkommen von 1953 umzusetzen. Darin war festgeschrieben, dass die deutschen Reparationszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg im Falle einer Wiedervereinigung neu geregelt werden. Man hat nur die Bedienung kleiner Restbeträge abgewickelt. Dabei ging es aber um minimale Summen. Reparationen hat Deutschland nach 1990 nicht gezahlt - von den Zwangsarbeiterentschädigungen mal abgesehen - und auch die im Zweiten Weltkrieg aus den besetzten Ländern herausgepressten Kredite und Besatzungskosten nicht getilgt. Auch gegenüber Griechenland nicht.


janw
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Di 21. Jun 2011, 11:54 - Beitrag #2

Gerade die nicht geleisteten Entschädigungen an Griechenland - vor ein, zwei Jahren war das nochmal Thema gewesen im Falle eines der zerstörten Dörfer, für das Deutschland wiederum jede Zahlungspflicht verneinte - sind mir auch die Tage durch den Kopf gegangen.

Wenn ich das richtig verstehe, wurde nach dem Krieg ein Teil der Kriegsschulden durch Reparationshiebe in Form von Holz beglichen, vielleicht gegenüber Frankreich.

Ipsi, was denkst Du, wie weit haben sich die Demontagen von Industrieanlagen in der DDR auf die weitere Entwicklung dort ausgewirkt? War das ein Grund für die wirtschaftlichen Probleme dort?

009
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Di 21. Jun 2011, 12:16 - Beitrag #3

Dier erhebliche Summe für den Abzug der russischen Soldaten aus Deutschland könnte man aber doch als eine Art späte Reparationszahlung betrachten?

janw
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Di 21. Jun 2011, 12:32 - Beitrag #4

Aber eben nicht gegenüber den usa.
Ich vermute mal, daß die Aufschiebung der Reparationsfrage nach 1945 weniger eine milde Geste als dem sich entwickelnden Ost-West-Gegensatz geschuldet war, Westdeutschland sollte zum Bollwerk der amerikanischen Sphäre entwickelt werden.

Ipsissimus
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Di 21. Jun 2011, 13:13 - Beitrag #5

das ist schwierig abzuschätzen, Jan; aber die Demontage dürfte im Zusammenspiel mit den ganzen politischen Einflussgrößen der damaligen Zeit auf jeden Fall erhebliche Auswirkungen auf die Geschwindigkeit der Re-Industrialisierung gezeigt haben. Ob sich an den gesellschaftlichen Entwicklungen etwas geändert hätte, wage ich zu bezweifeln, immerhin wurden die wenig subtil mit Militärmacht durchgedrückt.

Aber es dürfte witzig werden, wenn sich die ganzen Staaten, denen wir noch Reparationen schulden, plötzlich daran erinnern, was da noch zu bezahlen ist

Lykurg
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Di 21. Jun 2011, 13:15 - Beitrag #6

Die Reparationsleistungen aus dem Versailler Vertrag waren unfaßbar hoch (ursprünglich 269 Mrd. Goldmark, zahlbar über 42 Jahre, später auf 132 Mrd. in 66 Jahren reduziert, Gegenwert heute vllt. 700 Mrd. Euro?; außerdem Abtretung des größten Teils der Handelsflotte und direkte Übereignung eines Teils der Produktion, ganz abgesehen von Territorien, u.a. Ruhrbesetzung, etc.). Es ging damals klar um eine Bestrafung 'des' Schuldigen, was im Ersten Weltkrieg angesichts der Vorgeschichte aber längst nicht so klar war wie im Zweiten; tatsächlich war es einfach Siegerjustiz. Das hat zum wirtschaftlichen Zusammenbruch des Deutschen Reiches geführt, und entsprechend ging es auch allen politischen Parteien in Weimar um eine Revision der Verträge.

Daß derartiges nach dem Zweiten Weltkrieg nicht durchgeführt wurde (trotz anfänglicher Morgenthau-Erwägungen und Nonfraternization) hing einerseits mit dem heraufdämmernden Kalten Krieg zusammenm, andererseits aber in der Einsicht einer wirtschaftlichen Nichtmachbarkeit. In der Nachkriegszeit haben zunächst massive Demontagen stattgefunden, übrigens in allen Besatzungszonen. Ein Grund für die Amerikaner, Bremerhaven zu beanspruchen (neben der Versorgung der Besatzungstruppen, deren Kosten übrigens von Deutschland übernommen werden mußten), war der Abtransport demontierter Fabrikanlagen. Die Demontagen im Osten waren sehr viel weitreichender und langandauernder als im Westen, dort wurde zentrale Infrastruktur demontiert, auch Eisenbahnstrecken und Versorgungsbetriebe. Die Folgen waren verheerend.

Gegenüber den Drittstaaten allerdings hat wohl wirklich kein offizieller Ausgleich stattgefunden, allenfalls über diplomatische Kanäle und indirekt.

Maglor
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Di 21. Jun 2011, 21:43 - Beitrag #7

Zweimal wurde Deutschland im 20. Jahrhundert von Grund auf zerstört und ausgeschlachtet, nachdem es den Rest der Welt mit Krieg überzogen hatte. Demontage, großflächige Gebietsverluste ...
In beiden Fällen waren die Sieger so gnädig die geknickte Blume nicht mit den Wurzeln auszureißen.

Ipsissimus
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Mi 22. Jun 2011, 09:21 - Beitrag #8

nur kann offenbar keine Gnade der Welt die Rückkehr der deutschen Großmannssucht verhindern


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