Osama bin Laden - Posthume Einordnung

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
009
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Do 23. Jun 2011, 22:43 - Beitrag #1

Abgetrennter 009-Nachtrag zum 2001er-Thread Osama bin Laden - Monströser Verbrecher oder Genialer Kopf - Traitor

Das mit dem genialen Kopf ist ja nun wiederlegt - denn wöre er wirklich genial, hätte er sich gewiss weiterhin der Festnahme durch amerikanische und sonstige Kräfte entziehen können.

Lykurg
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Fr 24. Jun 2011, 00:31 - Beitrag #2

Manche fast zehnjährigen Leichen kann man getrost ruhen lassen... Daß er sich der Festnahme so lange Zeit entgehen konnte, spricht ebenso für seine Talente bzw. seine extrem guten Verbindungen bis in hohe Ebenen der pakistanischen Armee und Geheimdienste, wie für sein Geschick, den Kopf unten zu halten. Ansonsten meine ich, daß die Anschläge des 11. Septembers 2001 von epochaler Wirkung waren, sicher einer der wirksamsten terroristischen Akte der Geschichte, der die Gesellschaft des Westens und im Gefolge fast der ganzen Welt massiv verändert und mehrere Kriege veranlaßt hat - spontan fiele mir das Attentat von Sarajewo 1914 als vergleichbar folgenschwer ein, das war es aber eher aus seiner spezifischen Konstellation heraus denn als Einzeltat.
Ich bewerte Bin Laden damit zugleich als raffinierten, wenn nicht genialen Strategen des Terrors, wie für das enorme Leid, das er über die Welt gebracht hat, als einen monströsen Verbrecher - den vielleicht opferreichsten Massenmörder, der nie ein Staatsamt bekleidet hat.

Ipsissimus
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Fr 24. Jun 2011, 10:29 - Beitrag #3

ich verweigere mich jeglicher Charakterisierung Bin Ladens, die nicht zugleich den gesamten Kontext seiner Karriere würdigt. Eine Würdigung Bin Ladens benötigt unverzichtbar eine Würdigung der Nah- und Mittelost-Politik der USA, wogegen ich nun nichts hätte, doch steht zu befürchten, dass eine adäquate Aufarbeitung der Zusammenhänge einmal mehr unerwünscht bleibt.

janw
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Fr 24. Jun 2011, 12:58 - Beitrag #4

Ipsi, bezüglich der Einbeziehung des politischen Rahmens stimme ich Dir voll zu.
Diese haben IMHO die Bedingungen geschaffen, durch die er zu seiner radikalen Sicht der Dinge kommen konnte und durch die andere Menschen für diese Sicht empfänglich wurden, und er hat diesen politischen Rahmen in seinem Sinne zu nutzen gewusst.
Allerdings sind IMHO die Taliban auch nicht ohne die russische Invasion in Afghanistan zu denken.

009
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Sa 25. Jun 2011, 13:28 - Beitrag #5

Zitat von Lykurg:Manche fast zehnjährigen Leichen kann man getrost ruhen lassen... Daß er sich der Festnahme so lange Zeit entgehen konnte, spricht ebenso für seine Talente bzw. seine extrem guten Verbindungen bis in hohe Ebenen der pakistanischen Armee und Geheimdienste, wie für sein Geschick, den Kopf unten zu halten.
Der erste Satz löste in meinem HIrn zunächst den Fehlschluß aus, was den diese sich üblicherweise in diesen besonders stark geschmückten Gräbern befindliche verstorbene Kinder im engen Sinne hiermit zu tun haben. Aber so wie auch Friedhöfe im Leben wichtig sind, ohne dezidiert den Dreh- und Angelpunkt zu bilden, finde ich schon, dass der mindestens verlegentliche Blick auch gerade zu so alten (Thread-)Leichen was für sich hat.
Fraglich ist, warum bin Laden und warum jetzt er offensichtlich seine Versteckfähigkeiten verlor oder gerade jetzt aus welchem Motiv verraten wurde.


Zitat von Lykurg:Ansonsten meine ich, daß die Anschläge des 11. Septembers 2001 von epochaler Wirkung waren, sicher einer der wirksamsten terroristischen Akte der Geschichte, der die Gesellschaft des Westens und im Gefolge fast der ganzen Welt massiv verändert und mehrere Kriege veranlaßt hat - spontan fiele mir das Attentat von Sarajewo 1914 als vergleichbar folgenschwer ein, das war es aber eher aus seiner spezifischen Konstellation heraus denn als Einzeltat.
FRaglich ist m.E. dabei, wieviel Anteil an der Gesamtentwicklung und den einzelnen konkreten Tatan/Plänen bin Laden wirklich unmittelbar zuzurechnen ist. Mir deucht,e s gibt auch ettliche Indizien, dass er mehr den groben Rahmen vorgab und sozusagen ein Klima schuf, in dem sich manche zur Planung und Durchführung größerer Anschläge gerade auch in Europa und auf nicht wirklich konkret ahn- wie schützbare Ziele (m.E. der wesentliche Unterschied zum Terror der RAF) bemüßigt sahen. Auch bleibt mE zu Fragen, in wieweit zb bei den veränderten gesetzen usw. bzgl. der inneren Sicherheit bin Laden und die Anschläge der Al Quaida wirklich wirkende Ursache oder doch nur Anlass waren.


Zitat von Lykurg:Ich bewerte Bin Laden damit zugleich als raffinierten, wenn nicht genialen Strategen des Terrors, wie für das enorme Leid, das er über die Welt gebracht hat, als einen monströsen Verbrecher - den vielleicht opferreichsten Massenmörder, der nie ein Staatsamt bekleidet hat.
Gewiss steht er in unmittelbarem Zusammenhang mit vielen nur als Mord zu qualifizierenden Anschlägen, doch inweiweit er, gerade bei (engerer) juristischer Sicht als Massenmörder adäquat eingestuft ist, vermag ich zumindest spontan nicht wirklich zu sagen.

Maglor
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Sa 25. Jun 2011, 23:50 - Beitrag #6

Osama bin Laden, ein Bösewicht wie aus einem James-Bond-Film. Saudischer Multi-Millionär verschanzt sich in afghanischen Höhlen und plant von dort aus den großen Schlag gegen den Rest der Welt, in erster Linie gegen die Kreuzritter, die USA, Israel, das saudische Königshaus, im Zweifel noch gegen den Rest der Welt.
Nach allem, was bekannt ist, dürfte dieses Zeitalter eines tollkühnen Terror-Mäzenen unmittelbar nach der Intervention der USA in Afghanistan 2001 zu Ende gewesen sein.
Osama bin Laden war pleite. Seine Camps waren zerstört. Den Befehl über seine Jihadisten in Afghanistan übergab er den Taliban. Seine reale Macht war gebrochen.
Nachfolgende Generationen mussten von scheinbar unbedeutenderen terroristischen Vereinigungen ausgebildet werden oder sich sogar alles selbst beibringen.
Es blieb der Mythos bin Laden, der bis heute nachwirkt.

Posthume Einordnung:
Osama bin Laden baute in den 80er Jahren im Afghanistan-Krieg ein Art Privat-Armee aus arabischen Jihadisten auf. Nach dem Rückzug der Sowjets war sie eigentlich arbeitslos. Die sogenannte Al Kaida wandte sich neuen Zielen zu: Bosnien, Tschetschenien, Kosovo, Somalia, natürlich auch der Bürgerkrieg in Afghanistan
Ende 90er hat sie schließlich für sich den Terrorismus entdeckt und auf die Spitze getrieben.

Konkrete politische Ziele kann ich nicht erkennen.
Zu den diffusen Plänen wie der Vernichtung Israels und dem Sturz des Haus Saud hat er jedenfalls keinen erkennbaren Beitrag geleistet. Wenn er die "Kreuzritter" aus Arabien vertreiben wollte, so ist bin Ladens Lebenswerk als kontraproduktiv einzuordnen.

Die mythischen Ziele hingegen hat er erreicht. Er lebte den salafitischen Traum der Hidschra, der verbannten Muslime, im Kampf gegen die ganze Welt, wie einst Mohamed in Medina.

Zu guter letzt:
Er hat Amerika den Krieg erklärt, nicht ungekehrt. Osama hat angefangen.
Wenn jetzt natürlich irgendwer kommt, und mir aufzählen will, was die USA seinem Volk alles angetan hat, der soll mir das am Beispiel Saudi-Arabien aufzeigen. (Osama bin Laden bezeichnet, dass völlig irre Regime der saudischen Prinzen, das zuletzt durch illegal Auto fahrende Damen Schlagzeilen machte, als gottlos.)

Sein Vermächtnis:
Es sei die Pflicht eines Muslims alle Amerikaner und ihre Verbünete - Soldaten wie Zivilisten - überall auf der Welt zu töten. Eine klare Botschaft, ein klarer Auftrag: Völkermord.


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