Schmerzensgeld für Gäfgen

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Ipsissimus
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Do 4. Aug 2011, 13:47 - Beitrag #1

Schmerzensgeld für Gäfgen

http://www.sueddeutsche.de/panorama/urteil-kindsmoerder-gaefgen-bekommt-schmerzensgeld-fuer-folterdrohung-1.1128001

Der Kindsmörder Magnus Gäfgen bekommt Schmerzensgeld vom Land Hessen. Gäfgen hatte 2002 den Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und getötet. Um den Aufenthaltsort des Entführungsopfers zu erfahren, drohte ein Polizist Gäfgen im Verhör mit Gewalt - wofür der nun 3000 Euro Schmerzensgeld erhält. Seine Menschenwürde sei schwer verletzt worden, urteilten die Richter in Frankfurt.


es fällt mir schwer, zu Gäfgen auch nur entfernt wohlwollende Gedanken zu entwickeln. Andererseits geht es nicht wirklich um Gäfgen sondern um die Frage, ob ein Beamter in Extremsituationen die Regeln brechen darf, denen er gesetzlich unterliegt.

Aus meiner Sicht: nein, darf er nicht, auch dann nicht, wenn er mit dem Regelbruch tragische Resultate verhindern könnte.

So widerlich es ist, wenn das Urteil nach juristischen Maßstäben in Ordnung ist, steht Gäfgen daher das Schmerzensgeld zu.

Wie seht ihr das?

Milena
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Do 4. Aug 2011, 13:59 - Beitrag #2

..ich finde, böses darf nicht mit bösem gegolten werden...
jetzt wären es nur folterandrohungen, in ein paar jährchen dann die legale umsetzung usw und so fort....
es muss ein schlusstrich gezogen werden und dh keine legalisierung von gewalt in polizeibüros und gefängnissen....

rein theoretisch hätte er nichts besseres verdient, selbst ich würde ihm eine runterhauen und anspucken für das was er getan hat, mindestens...

Ipsissimus
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Do 4. Aug 2011, 14:16 - Beitrag #3

ja, er ist ein Typ Mensch, den ich nicht mit der Kneifzange anfassen würde

janw
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Do 4. Aug 2011, 16:46 - Beitrag #4

Ich bin da etwas hin- und hergerissen.
Einerseits gilt das Verbot von Gewalt für Beamte absolut. Die Androhung von Gewalt ist dabei mit erfasst.
Andererseits ist Beamter nicht gleich Beamtes, sondern immer auch Mensch, und hier trifft Mensch auf eine Unschärfesituation - Chance, ein Opfer vielleicht doch noch lebend zu finden durch Grenzverletzung des im Rahmen seiner Rolle/Funktion Verbotenen?

Letztlich hat der Beamte in meinen Augen nach menschlichen Maßstäben verständlich gehandelt, als Beamter aber falsch. Er hat dies in der Diensthierachie selbst mitgeteilt und sich dem entsprechenden Verfahren gestellt.

Letztlich kann die Richtigkeit eines Schmerzensgeldes damit konsequent aus der Feststellung des fehlerhaften Handelns des Beamten abgeleitet werden.

Auf der anderen Seite steht die Frage nach der Angemessenheit. Die Frage hätte dem Kläger gestellt werden können - ob es für ihn angemessen sei, angesichts der Tat auch noch Schmerzensgeld zu fordern?
Menschlich angemessen ist es für mich nicht, aber eben notwendig im Sinne des rechtsstaatlichen Prozederes.

Edit: Bei dem Geldbetrag handelt es sich dem Deutschlandfunk zufolge um eine Entschädigung für die erlittene Grundrechtsverletzung, Schmerzensgeld wurde danach vom Gericht ausdrücklich abgelehnt.

Ipsissimus
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Mo 8. Aug 2011, 10:36 - Beitrag #5

wenn ich mir Stellungnahmen anschaue, z.B. vom Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, anderen hochrangigen Polizisten und Politikern, kann ich nur sagen, dass ich für dieses Urteil dankbar bin. Wenn diesen Leuten und ihrer ... ich sag mal: pragmatischen ... Auffassung von Grundrechten nicht gewehrt wird, wenn die also dürften, wie sie wollen, könnten wir die entsprechenden Grundrechte auch gleich aus der Verfassung löschen

janw
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Mo 8. Aug 2011, 18:56 - Beitrag #6

Da stimme ich Dir zu, ein anderes Urteil hätte es nicht geben dürfen.
Und wenn ich diese Leute von der GdP höre, gefolgt von bestimmten Politikern, dann frage ich mich wirklich, wes Geistes Kind die sind, bzw. warum da niemand mal Fragen nach Verfassungstreue und dergl. stellt.

Ich kann nur andererseits, wie gesagt, und das entschuldigt zugleich nichts, nachempfinden, was in dem Beamten in der Vernehmung abgelaufen sein mag, in dem Menschen, der er zugleich auch ist.

Ipsissimus
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Di 9. Aug 2011, 12:00 - Beitrag #7

das ist aber - und dieses eine Mal wirklich nicht ironisch gemeint - die Bürde des Amtes, Jan. Dieses Amt ist mit großen Privilegien und Möglichkeiten ausgestattet. Es muss verlangt werden können, dass diese Privilegien und Möglichkeiten regelgerecht angewandt werden, sonst sind die entsprechenden Personen nicht fähig, dieses Amt auszuüben.

janw
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Mi 10. Aug 2011, 00:31 - Beitrag #8

Das ist allerdings wahr.

Aber mal advocatus diaboli: Der Beamte als treuer Regelanwender, welch Regel auch immer, oder gibt es "gute" und "ungute" Regeln?

Ich hab das mal im Verhältnis zu den verschiedenen Totalitarismen durchgedacht, Amtsperson als Anwender von Regel, weil Regel, oder Regel=doxa?
Es läuft IMHO darauf hinaus, daß die totalitären Regeln - von ihrer grundsätzlichen Unmenschlichkeit mal abgesehen - totale Machtwirkung darstellen, während im nichttotalitären System die Begrenzung von Machtwirkung letzte Regel ist; das Verbot selbst der Androhung von Folter dient der Aufrechterhaltung der Macht-Balance.
Das heißt, Balance der Macht ist die eigentliche doxa, die jeder rechtsstaatlichen Norm zum Verhältnis Staat-Bürger zugrunde liegt, und die umgekehrt Rechtsstaatlichkeit ausmacht.

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Mi 10. Aug 2011, 10:48 - Beitrag #9

vielleicht kennst du den Film "Remo - unbewaffnet und gefährlich", eine gutgemachte "James Bond- und Bruce Lee in einem"-Persiflage aus den 80er Jahren. Als Film, na ja, müssen wir nicht drüber streiten^^ aber darin gab es eine bedenkenswerte Konstruktion, nämlich die einer Art Inland-Geheimdienst, der auch formal an keine Regeln gebunden war, weil er gegen Personen eingesetzt wurde, die in vollständiger Konformität mit den Gesetzen ihres Landes, also völlig legal, die schlimmsten Verbrechen begingen. Die Frage in diesem Film lautete: Wem kann man zutrauen, einen solchen Geheimdienst so zu führen, dass aus dessen praktisch unbegrenzter Macht kein albraumhafter Machtmissbrauch resultiert. Und die Antwort war: nur solchen Leuten, die bewiesen haben, dass sie auch unter größter emotionaler Last keinen Regelbruch begehen, so dass erhofft werden kann, dass sie den Regelbruch nur anwenden, wenn es gilt, eine Bedrohungslage abzuwenden, die nicht nur das Leben Einzelner sondern Unzähliger bedroht.

Es läuft ein bisschen auf Asimovs "Nulltes Gesetz" hinaus: Ein Roboter darf einen Menschen nicht töten oder sonstwie schädigen, es sei denn, dies wäre unvermeidbar notwendig, um Gefahren für die gesamte Menschheit oder sehr großer Gruppen von Menschen abzuwehren.

Das heißt, da ist ein Unterschied zwischen einer hinzuehmenden Tragik, die nicht zur Begründung eines Regelbruchs taugt, und einer nicht mehr hinnehmbaren Tragik aufgestellt. Ich halte diesen Unterschied nicht für trivial und nicht für einfach erkennbar, aber er ist mir plausibel. Und ich denke, dass dieser Unterschied nicht quantifizierbar ist, nur qualifizierbar, es also der Weisheit statt des Regel-Algorithmus bedarf.

Was ein Individuum in der ersten Situation letztlich macht, bleibt vorher natürlich offen, aber es muss gegebenenfalls damit leben, dass der Regelbruch auch für es selbst zu Konsequenzen führt.

janw
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Mi 10. Aug 2011, 14:35 - Beitrag #10

Den Film kenne ich nicht, aber der Aussage ist natürlich zuzustimmen, die Unversehrtheit des Menschen ist absolutes Gebot, nur eventuell vielleicht möglicherweise im Bezug auf den Einzelnen und dann nur soweit wie unbedingt nötig zu durchbrechen, wenn davon das Schicksal einer Vielheit im Sinne von Weltbevölkerung oder ähnlichem existenziell abhängt.
Eine Tragik, die auszuhalten ist, deren Aushaltefähigkeit zum Anforderungsprofil des Machtinhabers gehört.


Tja, nun soll das Geld mit den Schulden verrechnet werden, die Gäfgen gegenüber dem Land hat. Der Anwalt will dagegen klagen.

Ipsissimus
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Do 11. Aug 2011, 09:33 - Beitrag #11

Tja, nun soll das Geld mit den Schulden verrechnet werden, die Gäfgen gegenüber dem Land hat. Der Anwalt will dagegen klagen.
darüber, dass Gäfgens Anliegen, sofern es um Vorteile für seine Person geht, degoutant ist, besteht m.E. kein Zweifel^^ andererseits kommt mensch wohl nicht umhin, festzustellen, dass niemand, wirklich niemand, also auch Gäfgen nicht, die Welt aus den Augen seiner Feinde sieht. Den Rechtsanwalt würde ich allerdings mit fast gleicher Intensität wie Gäfgen selbst als nicht satisfaktionsfähig einschätzen.

janw
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Do 11. Aug 2011, 12:10 - Beitrag #12

Meinst Du wirklich, mensch könne die Welt nicht auch aus der Feindessicht sehen? Oder verlangt dies wirklich zu viel innere Distanz, Selbstsuspektheit bis zur Selbstaufgabe?
Daß Gäfgen in seiner Welt und seiner Rolle gefangen ist, geschenkt^^

Was den Anwalt betrifft...ist das nicht auch irgendwie Bürde des Amtes, auch noch den Übelsten vertreten zu müssen, weil auch der Übelste Anspruch auf Vertretung hat? Unabhängig davon, daß die Art, wie er vertritt, degoutant ist - Bescheidung mit dem Erreichten wäre adäquat.

Lykurg
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Do 11. Aug 2011, 12:22 - Beitrag #13

So widerlich mir die ganze Sache ist, ich denke, es ist die Aufgabe des Anwalts, gleich ob Pflichtverteidiger oder gewähltes Mandat, für den Angeklagten das bestmögliche herauszuholen, solange dabei gegen kein Gesetz verstoßen wird. Das ist alles recht zweischneidig, aber ein Anwalt, der eigenmächtig entscheidet, für seinen Mandanten nicht alle rechtlich möglichen Mittel auszuschöpfen, weil er von dessen schwerer Schuld und strengerer Verurteilenswürdigkeit überzeugt ist, hat seine Aufgabe meines Erachtens verfehlt.

janw
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Do 11. Aug 2011, 12:51 - Beitrag #14

Nun, er könnte aber seinen Blick etwas weiter wenden und sehen, daß durch eine weitere Klage auch die öffentliche Wahrnehmung weiter auf seinen Mandanten gerichtet wird, und diese wird sich nicht verbessern. Gäfgen ist zu lebenslänglich mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt, kommt also nicht schon nach 15 Jahren frei. Das Geld könnte ihm allerdings bei einer Freilassung irgendwann danach zu Gute kommen - wo er dann allerdings auch mit dem ausstehenden Schuldbetrag konfrontiert sein wird. Was da günstiger wäre, wäre ein Rechenexempel. Angesichts der Tat und des Bildes in der Öffentlichkeit ist derlei für mich aber obsolet, und so wäre es IMHO für den Anwalt der bessere Weg gewesen, seinen Mandanten von weiteren Klagen abzubringen.

Ipsissimus
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Do 11. Aug 2011, 13:26 - Beitrag #15

Es geht bei dem Geld ja nicht mehr um das Strafverfahren in der Sache Gäfgen sondern um ein zivilrechtliches Verfahren. Wenn der Anwalt auch nur ein Mindestmaß an Gespür für Angemessenheit hätte, müsste er seinen Mandanten dahingehend beraten, den Scheiss zu unterlassen, und, wenn der sich nicht beraten lässt, das Mandat niederlegen.

janw
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Do 11. Aug 2011, 13:44 - Beitrag #16

Stimmt...zivilrechtliches Verfahren. Warum hab ich das übersehen?!
Ipsi, voll d'accord.

Traitor
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Sa 13. Aug 2011, 11:57 - Beitrag #17

Zitat von janw:Der Beamte als treuer Regelanwender, welch Regel auch immer, oder gibt es "gute" und "ungute" Regeln?

Es liegt in der persönlichen Verantwortung jedes Beamten, jeden Tag neu zu entscheiden, ob er den Regeln, die ihm gegeben werden, folgen kann. Kann er das nicht, weil die Regeln gegen seine eigene Moral verstoßen, oder sieht er in einem Verhalten, das einer an sich auch für ihn guten Regel widerspricht, einen größeren Vorteil für die Menschlichkeit als in Regelkonformität, so kann er sich gegen die Regeln entscheiden. Dann muss er aber die Konsequenzen tragen, entweder durch Ausscheiden aus dem Dienst, oder durch bewussten Regelbruch mit Aufsichnahme aller Schuld durch daraus entstehende Taten, sowohl in internen Amtsmissbrauchsverfahren als auch in regulären Straf- oder Zivilprozessen ob dieser individuellen Schuld.

Konkret auf den Folterdrohungsfall bezogen: Gesamtgesellschaftlich ist es selbstverständlich nicht erwünscht, dass Folterdrohungen reguläres Mittel im Polizeiarsenal sind. Daher müssen sie streng verboten sein. Gleichzeitig halte ich es jedoch für gesamtgesellschaftlich vorteilhaft, wenn einzelne Individuen sich gelegentlich über dieses Verbot hinwegsetzen, wenn sie glauben, dadurch großes Übel zu verhindern. Dennoch müssen sie wissen, damit einen schweren Regelverstoß zu begehen, und schwere persönliche Konsequenzen fürchten, damit sie es nur tun, wenn sie einen wirklich großen Vorteil darin sehen. Und sie müssen dementsprechend verurteilt werden.

Gleichzeitig hat aber auch Gäfgen durch seine Tat für mich zwar nicht die universellen Ansprüche auf menschenwürdige Behandlung, faires Verfahren etc. verspielt, mit Sicherheit aber den sekundären auf finanziellen Ausgleich für selbst erlittenes Unrecht, solange dies weit geringer als das von ihm angerichtete war. Daher wäre die korrekte Auflösung der Unrechtslage für mich kein Schmerzensgeld des Landes an Gäfgen (wobei die Verrechnung mit Prozesschulden schonmal eine Verbesserung ist) gewesen, sondern nur eine individuelle Bestrafung des drohenden Polizisten (und aller Vorgesetzten, die sein Tun guthießen).

Lykurg
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Sa 13. Aug 2011, 20:57 - Beitrag #18

Daß genau die von Traitor geschilderte Vorgehensweise vorlag, eine bewußte Hinwegsetzung über die geltenden Regeln in Anbetracht einer Zwangslage, zeigt ja auch die Tatsache, daß der betreffende Ermittler seine Vorgehenswese genau protokollierte und damit sein Vergehen offenbar machte. Wie Traitor sehe ich keine Schuld des Landes, sondern die persönliche Verantwortung des Beamten, der ja die Konsequenzen bewußt in Kauf genommen hat - wohl, weil er zum damaligen Zeitpunkt (unter der Annahme, das Opfer lebe möglicherweise noch) der Ansicht war, mit dem Wissen, seinen drohenden Tod nicht verhindert zu haben, schwerer leben zu können als mit den Folgen der Verfehlung.

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Mo 15. Aug 2011, 11:39 - Beitrag #19

merkwürdig, dass in der Causa Gäfgen/Daschner kaum jemand auf das fehlende Abschreckungspotential des Urteils gegen Daschner zu sprechen kommt^^ in anderen Situationen wird doch gerne damit argumentiert, dass schärfere Strafen abschreckende Wirkungen haben sollen^^ aber ein Urteil an der untersten Grenze des gesetzlich möglichen, ohne die Wirkung der Vorbestrafung, also ohne Verlust des Pensionsanspruchs, da wird sich ein Polizist in einer analogen Situation zukünftig doch gerne fragen, ob er es nicht tatsächlich riskieren kann, ein bisschen zu foltern

janw
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Mo 15. Aug 2011, 15:25 - Beitrag #20

Traitor, bei dem Zitat ging es mir um eine Art Grenzenerkundung - heiligt die Regelgemäßheit das Handeln des Beamten, oder hätte er sich im Falle einer schlechten Regel über diese hinweg zu setzen?
Wir haben in Deutschland die besonders günstige Konstellation, daß nicht nur in allen entsprechenden Gesetzen und Verordnungen jede Form von Folter verboten ist, sondern daß dieses in Gestalt der Grundrechte im unveränderlichen Teil des Grundgesetzes verankert ist, sich implizit aus dem GG ergibt.
Wenn es nur eine gesetzliche Norm gäbe, nach der in gewissen harten Fällen mal leichtes Nachhelfen zulässig wäre, der Beamte von seiner persönlichen Einstellung aber den Grundrechten verpflichtet wäre, was sollte dann gelten?

Die Zwangslage hat übrigens so nicht bestanden, es gab z.B. noch die Schwester von Gäfgen, die auf ihn hätte einwirken können, aber man bzw. Daschner wollte nicht so lange warten.


Ipsi, das zeigt, was von dem Abschreckung-durch-Strafe-Gerede zu halten ist^^ und die Statistik stützt dieses "nichts".
Ich denke, da hat Daschners quasi Selbstanzeige eine Rolle gespielt und seine dargelegte Motivation, und eben das übliche "dann wollen wir nicht diesem weit gekommenen Beamten sein ganzes Leben verpfuschen".
Im Grunde hätte der ausführende Beamte Daschner wegen Verstoß gegen GG festnehmen müssen.

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