Vom Aussterben der Helden

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janw
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Di 16. Aug 2011, 15:10 - Beitrag #21

Nur ist Staats-Links eben nicht wirklich links, weil es die herrschenden Verhältnisse von vorneherein als gegeben und in ihrer Art nicht grundsätzlich als zu hinterfragen erachtet.
Die Kritik richtet sich gegen einzelne Verstöße gegen die im Rahmen dieser staatlichen Ordnung entstandenen Regeln oder auch mal gegen diese Regeln selbst, aber fragt nicht danach, wo Mißstände bereits in der Art dieser Ordnung verankert sind.

Diese Frage zu stellen, wäre essentiell, sie wird aber allzu leicht mit dem Verdacht überzogen, automatisch auf eine grundlegende Systemveränderung abzuzielen.

Traitor
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Do 18. Aug 2011, 12:27 - Beitrag #22

Ist es die Aufgabe eines Nachrichtenmagazins, die grundsätzliche staatliche Ordnung zu hinterfragen? Meines Erachtens nein. Damit wird man zwar zur "Systempresse" in Ipsissimus' Sinne, aber die Alternative wäre eben ein Kampfblatt, das ist nicht nur ein Verdacht. Grundlegende Systemfragen zu stellen, ist essentiell, aber das kann nur im Rahmen soliden philosophischen oder politologischen Diskurses geschehen. Auf Nachrichtenmagazinniveau würde daraus automatisch Hetze.

Lykurg
[ohne Titel]
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Do 18. Aug 2011, 12:43 - Beitrag #23

Einspruch, Euer Ehren, Ipsissimus hat den (überaus problematischen) Begriff hier im Forum nicht benutzt, das war Scuba. Ansonsten bin ich aber völlig deiner Meinung; durch das Vertreten eines grundlegend systemverändernden Anliegens wird die Grenze vom Nachrichtenblatt zum Kampfblatt überschritten.

Die Unterscheidung zwischen "Staats-Links" und "wirklich Links" finde ich aber auch reichlich schwierig, weil die Übergänge fließend sind; etwa aus der entsprechend benannten Partei gibt es doch regelmäßig Äußerungen, die deutlich den Systemwechsel herbeiwünschen... sind diese Vertreter damit nicht mehr "staats-links", und wenn ja, was bedeutet das für ihre Verpflichtung gegenüber Grundgesetz etc.?

Traitor
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Do 18. Aug 2011, 13:18 - Beitrag #24

Oh, dann Entschuldigung an Ipsissimus.

"Die Linke" ist schon Staats-Links, nur nicht BRD-Staat, sondern DDR-Staat. ;)

Ipsissimus
Dämmerung
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Do 18. Aug 2011, 13:22 - Beitrag #25

das Gegenteil zur Systempresse wäre für mich nicht ein Kampfblatt, sondern eine Zeitung, die ihre Leser nicht für dumm sondern für klug verkauft. Eine solche Zeitung wäre u.a. dadurch charakterisiert, dass sie jegliche Form von Manipulationsversuchen z.B. durch tendentiösen Sprachgebrauch unterlässt, sich der Deutungshoheit staatlicher, parteipolitischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Macht entzieht und in ihren Artikeln und Beiträgen eindeutig deutlich macht, was sachliches Faktum, was interpretiertes Faktum, was Meinung, was Kontext ist und - most important - welche Aspekte jeweils ausgelassen wurden. Den Rest würden dann schon die Leser erledigen, ich glaube nicht, dass ich der einzige bin, dem diese interpretierten Fakten, die uns statt sachlicher Fakten geboten werden, auf den Keks gehen.


Wenn es überhaupt eine Gruppe von Menschen gibt, die sich noch stärker als religiöse Fundamentalisten darüber streiten, wer im Besitz der wahren Lehre ist, dann sind es die Linken^^ vielleicht noch die Ultra-Rechten^^ von daher sind sämtliche Unterscheidungen zwischen Linken und Linken im Sinne der Sache^^

np, Traitor, danke, Lykurg^^

Traitor
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Do 18. Aug 2011, 13:34 - Beitrag #26

Unsere Idealvorstellungen einer guten Zeitung liegen gar nicht weit auseinander. Sachliche Sprache und unuminterpretierte Faktendarstellung wünsche ich mir auch. Nur sehe ich in der tatsächlichen deutschen Presselandschaft Staatstreue noch als das geringste Hindernis an, persönliche Agenda der Journalisten und Herausgeber dagegen als das größte, Lesernichtverschreckenwollen als zweit- und Hörigkeit gegenüber Finanziers und Lobbyisten als drittgrößtes.

Ipsissimus
Dämmerung
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Do 18. Aug 2011, 13:38 - Beitrag #27

Staatstreue muss kein Feind einer Berichterstattung sein, wie sie mir vorschwebt, sofern klar ist, dass damit nicht Regierungstreue gemeint ist, eine Verwechslung, die politisch leider als allzu opportun gilt.

janw
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Do 18. Aug 2011, 23:25 - Beitrag #28

Zitat von Traitor:Ist es die Aufgabe eines Nachrichtenmagazins, die grundsätzliche staatliche Ordnung zu hinterfragen?

Zitat von Lykurg:etwa aus der entsprechend benannten Partei gibt es doch regelmäßig Äußerungen, die deutlich den Systemwechsel herbeiwünschen...

Nicht um des Hinterfragens willen, aber wenn Mißstände ihre Wurzeln in grundlegenden Gegebenheiten der staatlichen Ordnung haben, dann sollte das durchaus dargelegt werden.
Damit ist eben nicht verbunden, automatisch auf einen Systemwechsel abzuzielen, vielmehr auf eine ständige Neu-Bewusstwerdung, daß dieses System eben Folgen hat, die zu beachten sind.

Im Grunde hat Ipsi recht gut dargestellt, worin das Problem des Spiegel liegt: Er lässt nicht erkennen, aus welcher Art Quelle die jeweils berichteten Fakten stammen und, vor allem, wie gesichert diese Quelle ist.
Der "Spiegel-Stil" mischt Fakten und Konkretisierungsgrade mit Mutmaßungen und Meinungen der Autoren und lässt damit dem Leser nur begrenzte Möglichkeit, ein eigenständiges Bild der Lage zu gewinnen.

Traitor
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Fr 19. Aug 2011, 13:35 - Beitrag #29

@Ipsi: In Sachen Regierungstreue ist mir zumindest der Spiegel ziemlich unverdächtig, und weitgehend sogar Focus, Stern oder gar Bild. Zumindest in den letzten 13 Jahren wurde doch jede Partei, sobald sie an die Macht kam, sofort sehr viel negativer dargestellt als zuvor.

@Jan: Was wäre ein Beispiel für so eine Verwurzelung? Und wie könnte es die Allgemeinpresse darlegen, ohne Fakten und Meinungen zu vermischen?

In Missbilligung des Spiegelstils dürften wir uns hier wohl alle einig sein. Er ist immer noch besser als Bild-Stil, Focus-Stil oder Stern-Stil, aber definitiv schwächer als der Zeit-Stil, und weit schwächer als ein wünschenswerter Stil.

Ipsissimus
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Mo 22. Aug 2011, 11:19 - Beitrag #30

Zumindest in den letzten 13 Jahren wurde doch jede Partei, sobald sie an die Macht kam, sofort sehr viel negativer dargestellt als zuvor.
wobei zu fragen wäre, ob die Grundlagen der negativen Darstellung identisch sind. Wenn die Welt eine regierende SPD und die TAZ eine regierende CDU negativ malt, wird zwar in beiden Fällen "die Regierung" negativ dargestellt, aber es ist längst nicht dasselbe^^

was mir zusätzlich zu dem Gesagten wirklich fehlt, ist eine Zeitung, von der die Systemfrage in sachlicher Weise gestellt wird. Also nicht im Kontext der avisierten Weltrevolution, sondern im Kontext sachlicher Probleme des bestehenden Systems.

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