Negative Seiten der katholischen Kirche

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Ipsissimus
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Sa 13. Jun 2009, 13:29 - Beitrag #21

bedauerliche Einzelfälle

John Kelly ist Taxifahrer, er hat einen Nacken wie ein Bulle, und seine Hände sind Pranken. In der Küche seines winzigen Hauses kann er sich kaum umdrehen. Nach oben geht er nur ungern, denn dort ist alles voll mit den Akten des Verbands, den er gegründet hat: der "Survivors of Child Abuse" (Soca), der Opfer der kirchlichen Kinderschänder.

Rund 4500 Mitglieder hat Soca inzwischen. Knapp 15.000 Opfer gibt es insgesamt, die meisten sind heute ältere Männer, die nicht vergessen können und jetzt nicht mehr verdrängen wollen.

Kelly und die Chefs anderer Verbände haben einen Skandal vorangetrieben, der nun Irland erschüttert. Am 20. Mai hat eine unabhängige Untersuchungskommission ihren Bericht vorgelegt. Neun Jahre lang ermittelten Experten unter Führung der Richter Mary Laffoy und Seán Ryan, was jahrzehntelang geschehen ist in Irlands Kinderheimen, in Waisenheimen, Gewerbe-Internaten, in Besserungsanstalten für Jugendliche - allesamt finanziert vom Staat, betrieben aber von 18 katholischen Orden wie etwa den "Christian Brothers". Die Orden sind die Hilfstruppen der irischen Kirche: Tausende Männer, nicht zu Priestern geweiht, die aber leben wollen wie Mönche.

Die Ordensbrüder haben Kinder geschlagen, gequält, vergewaltigt. Sie ließen sie hungern und frieren, und manche der Gottesmänner haben die Lederriemen ihrer Peitschen mit Salz eingerieben, damit jeder Schlag lange brennt. "Das waren katholische Konzentrationslager, der irische Archipel Gulag", sagt Kelly.

Bald schon wird eine zweite Untersuchungskommission, geführt vom Justizministerium, ihren Bericht vorlegen. Er soll enthüllen, wie Priester und Mönche nicht nur in geschlossenen Heimen Kinder misshandelten, sondern auch in den Gemeinden, mitten in der Gesellschaft, bis ins Jahr 2004. Um die 500 Täter werden darin wohl genannt, allein in der Erzdiözese Dublin. Es geht auch um die Kirchenführer, die ihre Kinderschänder schützten.

Und dann sollen Fahnder und Ankläger die Täter jagen, das hat Premierminister Brian Cowen am Mittwochabend Kelly und den anderen Opfervertretern bei einem Kaffee in seinem Büro versprochen.

Es geht auch um anderes als Schuld und Sühne - um enorme Schmerzensgelder zum Beispiel: Über 1,1 Milliarden Euro hat die Regierung den Opfern schon gezahlt, um Massenprozesse zu vermeiden. Es hat nicht geholfen. Nun kämpfen Staat, Kirche und Opfer darum, wie viele hundert Millionen es noch werden und wer sie bezahlt.

Es geht aber auch um das Selbstverständnis Irlands, wo die Kirche noch mächtig ist wie in keiner anderen westlichen Demokratie. Diese Macht schwindet jetzt von Tag zu Tag.

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,628939,00.html


Der Bericht der Kommission unter http://www.childabusecommission.ie/

sehr schön finde ich die Begründung der Zahlungen^^ um Massenprozesse zu verhindern

Maglor
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So 14. Jun 2009, 12:04 - Beitrag #22

Die Grenzen zwischen Prügelstrafe, Kindesmisshandlung und sexuellem Missbrauch sind heute vollkommen verwischt. Aber das scheint für die Anheizung der Debatte durchaus zweckdienlich. ;)

Prügel- und Körperstrafe laut Wikipedia
Seit den 1970er Jahren gilt die Körperstrafe in Europa in weiten Gesellschaftskreisen, insbesondere in den Medien, als barbarisches Relikt vergangener Zeiten und wird mit Kindesmisshandlung oder mit sexuellem Missbrauch gleichgesetzt. Tatsächlich kann letzteres nicht immer ausgeschlossen werden:
* Das entblößte Gesäß stellt einen sexuellen Reiz dar.
* Das Schlagen selbst kann einen sexuellen Reiz besitzen („Spanking“).
* Durch die Entblößung ist auch der Blick auf die Genitalien möglich,
* ebenso wie ein vorgetäuscht "versehentliches" Berühren derselben.
* Offensichtlich sexuelle Handlungen an Kindern werden vom Strafrecht in der Regel strenger geahndet als erzieherische Gewalt, die lange Zeit überhaupt nicht oder nur ausnahmsweise geahndet wurde. Dies begünstigt(e) ein Ausweichen auf pädosadistische Handlungen unter dem Vorwand von Erziehungsmaßnahmen.
* Solange keine klaren Regeln existieren, ob und wann gezüchtigt werden darf, findet sich im Zweifelsfall immer ein Anlass, nach Lust und Laune zu züchtigen, und sei er noch so nichtig.

Ipsissimus
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So 14. Jun 2009, 14:34 - Beitrag #23

vielleicht nicht so sehr für die Anheizung der Debatte, dafür aber für die flächendeckende Ächtung von Bösartigkeit gegen Kinder^^ wobei ich glaube, dass nichts diese Bösartigkeit verhindern kann^^

Maglor
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Mo 26. Sep 2011, 22:48 - Beitrag #24

Wirklich schrecklich:
Nachdem Walter Mixa als Bischof von Augsburg zurücktreten musste, kommt dies dem Steuerzahler teuer zu stehen.
Der emirierte Mixa erhält 5.400 Euro Pension, der neue Bischof hingegen erhält eine Pension von ca. 8.000 Euro. Die Bischöfe von Augsbur werden nicht vom Bistum Augsburg oder gar dem Vatikan vergütet, sondern erhalten ihren Unterhalt zur Hofhaltung direkt vom Land Bayern. Dies wird nicht durch die Kirchensteuer finanziert, sondern die Gelder stammen aus dem Landeshaushalt!
www.heise.de

Tatsächlich beruht dies auf einer alten Staatsleistung, nach der das Königreich Bayern den Bischof für die Säkularisierung, Entzug des Fürstentitels, der weltlichen Gerichtsbarkeit usw. dem Bistum Augsburg entschädigung leisten muss. Der fürstliche Hochstift Augsburg wurde nach dem Pressburger Frieden 1805 eingemeindet.

Bischof Mixa wurde vorgeworfen, Heimkinder geschlagen zu haben und Mittel des Kinderheim zum Kauf von Rotwein, Siegelringen etc. veruntreut zu haben.

Lang lebe der Fürstbischof! :(

Lykurg
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Mo 26. Sep 2011, 23:10 - Beitrag #25

Ähmm... die € 8.000 sind keine "Pension des neuen Bischofs", sondern das von Mixa zuvor bezogene aktive Gehalt. Aber so oder so, von € 5.400 im Monat läßt es sich gut leben, besonders bei freier Unterkunft.

Nur ist das eben eine Frage von einzuhaltenden Verträgen. Ich möchte nicht wissen, was der heutige Wert der 1803 enteigneten Klosterländereien wäre, ganz zu schweigen von den geraubten und zum Teil vernichteten Klosterschätzen und Büchern...

Ipsissimus
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Di 27. Sep 2011, 09:54 - Beitrag #26

die eigentliche Frage dahinter lautet aber, ob ein Bischof Gegenstand ordinärer weltlicher Gerichtsbarkeit ist, oder ob die Privilegien so weit gehen, dass die aufgeführten Kleinigkeiten eben nur das sind, als was sie in seinem Fall gehandhabt werden, strafungeeignete Kavaliersdelikte

Lykurg
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Di 27. Sep 2011, 10:19 - Beitrag #27

Solange die Vorfälle nicht zur Anzeige kommen und er nicht rechtskräftig verurteilt wird, wäre es wohl eher schwierig, ihm diese Pension zu entziehen. Daß er anstandshalber darauf oder auf einen Teil davon verzichten könnte, steht auf einem anderen Blatt; ich kenne ihn aber definitiv nicht gut genug, um zu wissen, wie sich sein derzeitiger Lebensalltag gestaltet (muß ich auch nicht^^). -

Ipsissimus
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Di 27. Sep 2011, 10:52 - Beitrag #28

das ist halt die Frage, hat sich tatsächlich keines seiner Opfer getraut, ihn anzuzeigen, hat man die Anzeigen als unbedeutend beiseite gewischt, oder hat man, most likely, dem anzeigewilligen Opfer von vornherein klar gemacht, dass eine Anzeige nicht wirklich gesund für es wäre^^ oder hat man es mit viel Geld "umgestimmt"^^

Lykurg
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Di 27. Sep 2011, 11:06 - Beitrag #29

Für mich ist Option 4 most likely (wenn es denn wenigstens viel wäre, dann hätte es ja in gewissem Maße entschädigenden Charakter...), in der Kombination mit 1, was allerdings eine gewisse Ähnlichkeit zu 3 aufweist. 2 ginge gegen rechtsstaatliche Prinzipien, ist also per se völlig undenkbar. Du stellst aber auch viele Fragen.^^

Ipsissimus
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Di 27. Sep 2011, 15:00 - Beitrag #30

ich bin ja auch ein böser Mensch^^

Lykurg
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Di 27. Sep 2011, 16:27 - Beitrag #31

Das hat ja auch niemand angezweifelt, zumindest nicht öffentlich.^^

Maglor
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Di 27. Sep 2011, 22:02 - Beitrag #32

Der Aufstieg des Herzogtums Bayern zum Königreich von Napoleons Gnaden ging u. a. auf Kosten des Augsburger Hochstiftes. Ich habe große Zweifel, dass auch nur ein einziger Teil derartiger Verträge in der heutigen Zeit noch als Recht gelten könnte.
Zwangsweise trat der Fürstbischof seine fürstliche Macht an den König von Bayern ab, verlor Pfründe, Leibeigene ...
Doch hat das Erzbistum dieses Vermögen vorher überhaupt rechtmäßig bemessen?
Vielleicht sollte hier ein Gutachter beauftragt werden, der denen tatsächlichen Wert der Augsburger Halsgerichtsbarkeit, der Leibeigenen usw.
Es handelt sich um Verträge von Unrechtsstaaten über die Entschädigung einer Despotie durch eine andere.
Die Rechtslage ist geradezu unerhört:
Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes. Art. 140 GG
Da die Weimarer Verfassung ebenfalls auf ältere Rechte verweist, dringt so der Schatten des Ancien Regime durchs Hintertürchen in das deutsche Grundgesetz.

Als Mixa Heimkinder schlug, galt die Prügelstrafe noch als erlaubtes Mittel der Erziehung. Mixa hat sich dabei nicht strafbar gemacht.

janw
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Mi 28. Sep 2011, 12:38 - Beitrag #33

Maglor, Mixa hat aber offenbar nicht aus erzieherischen Gründen und im entsprechenden Ausmaß geschlagen...insbesondere aber ist die Bezeichnung der Schläge als Prügelstrafe eine Einrede der Kirchenseite, der behördlicherseits nicht gefolgt werden müsste. Sie könnten zwanglos als Körperverletzung eingestuft werden, mit andauernder Langzeitwirkung.
Der Bayerische Staat wäre evtl. wegen Verletzung der Aufsichtspflicht und damit Ermöglichung der Straftaten zu belangen.
Es fehlt IMHO an Staatsanwälten, die wirklich hart in solchen Fällen vorgehen.

Lykurg, rechtsstaatliches Prinzip in Bayern ist, daß vorgeht, was ein C davor hat^^

Ich bezweifle es öffentlich, denn dumm zu bleiben, wäre böse^^

Ipsissimus
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Mi 28. Sep 2011, 13:41 - Beitrag #34

es ist aber wirklich übelkeitserregend, was an kirchlicher und adeliger Besitzstandswahrung alles in die Demokratie gerettet werden konnte. Das "C" müsste eigentlich ein "P" sein

janw
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Di 4. Okt 2011, 14:21 - Beitrag #35

Wie sähe es damit aus, wenn man zu den negativen Seiten die Mitglieder zählen würde? Wenn man sieht, wie viele Leute kommen, um den Papst zu sehen, wie wenig offener Widerstand zu sehen ist, daß vielmehr die Kritiker ihr Heil im Austritt suchen, könnte man auf den Gedanken kommen, daß an der Basis wohl gerne genörgelt werde, aber wenn es ums Einstehen dafür geht, die Beine schwach werden.

Lykurg
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Di 4. Okt 2011, 15:03 - Beitrag #36

Das läßt sich nicht so allgemein fassen, janw. Naturgemäß bedeutet Bejubeln des Papstbesuches nicht zwangsläufig, daß man es mit dem Mitgliedsein (geschweige denn dem Christentum) sehr ernst nimmt. Ein recht großer Teil der Anwesenden dürfte von Schaulust angetrieben sein, bzw. dem Nichtverpassenwollen einer als historisch empfundenen Gelegenheit.

Das Fehlen von Widerstand dürfte zu erheblichen Teilen strukturell bedingt sein. Langes In-der-Ecke-stehen-müssen hat aber auch schon manche Beine geknickt.

Ipsissimus
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Do 6. Okt 2011, 10:59 - Beitrag #37

die Kunst des Aussitzens wurde eben nicht von Helmut Kohl erfunden^^

Maglor
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Do 6. Okt 2011, 20:50 - Beitrag #38

So ein Papst-Besuch kann auch nicht schlimmer sein als Wacken. ;)

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