Das Model Gottes

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Ipsissimus
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Di 20. Dez 2011, 22:41 - Beitrag #1

Das Model Gottes

sehr durchwachsene Geschichte um Schönheit, Islam, Christentum, Toleranz, vergewaltigte Frauen, ermordete Kinder, Zwangsehen in Deutschland, persönlichen Glauben und mangelnden Scham deutscher Politiker.

"Der Islam ist religiöser Faschismus."

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,804645,00.html

janw
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Di 20. Dez 2011, 23:18 - Beitrag #2

Ich denke, die Frau ist in ihrer Gläubigkeit ein bisschen betriebsblind geworden. Der Islam ist in meinen Augen zum Opfer von Leuten geworden, die ihn zu Zwecken mißbrauchen, die mit der Religion nichts zu tun haben, ihr in Methode und Zielen sogar vielfach widersprechen.
Letztlich stellt sich mir auch die Frage, worum es ihr eigentlich geht - Freiheit für Christen oder Freiheit der Religionsausübung, um welche Religion es sich auch handele. Freiheit für Christen ohne Blick auf andere Religionen zu fordern, halte ich in Anlehnung an ihren Faschismusvorwurf für eine Form geistiger Apartheid, wobei mir derartige Gleichsetzungen an sich widerstreben.

Lykurg
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Di 20. Dez 2011, 23:24 - Beitrag #3

Oh ja. Eindrucksvoll und bedrückend; durch Geschichten wie diese wird das Thema Christenverfolgung eben doch viel stärker sichtbar und fühbar als durch die Fälle im Iran oder unser Wissen um Zustände in der Türkei und anderswo. Ein sehr eigenartiges Gemisch aus Mystik, Erotik, Berufung und Freiheitsdrang. Und mit einigen dieser Äußerungen setzt sie sich wirklich bei allen in die Nesseln.

(Ich nehme an, du meinst mangelnden Mut, Ipsissimus?)

janw, ich denke nicht, daß es ihr um "Freiheit für Christen" geht, das war ja auch nicht der Weg, den sie gegangen ist. Sie wollte zunächst ein Selbstbestimmungsrecht über ihre Religionszugehörigkeit, die Möglichkeit, den Islam und die Unterdrückungssituation, in die dessen Praxis sie hineinzwang, hinter sich zu lassen. Ihre Konversion zum Christentum war ein zweiter Schritt, darum geht es aber weniger. Ihr das mit einem Apartheidsvorwurf zu verweigern, greift zu kurz und löst das Problem nicht.

Und inwieweit diese Praxis islamimmanent oder späteres Beiwerk ist, ist nun einmal hochgradig umstritten. Zu Mohammeds Leben als Richtschnur für die Gläubigen und dessen Konsequenzen hat ja auch Maglor schon eindrucksvolle Beispiele angebracht. Die Unterdrückung der Frau ist mE keine spätere Auslegungstendenz, sondern ganz wesentlich im Koran verankert (wie übrigens auch in zentralen Texten des Christentums, von denen man sich aber seit Jahrhunderten Schritt für Schritt löst).

Ipsissimus
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Di 20. Dez 2011, 23:30 - Beitrag #4

ich frage mich, ob wir ein Problem mit dem Islam haben, oder ob das Problem eine von Religion im Prinzip unabhängige Mentalität ist, die wir vornehmlich im arabischen Kulturkreis finden. Im Moment scheine ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen. Es ist so einfach, auf den Islam zu hauen, dabei brauchen wir nur in den Bible Belt (nicht nur da natürlich) zu schauen, um ähnliche Mentalität auch im Christlichen zu finden.

e-noon
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Di 20. Dez 2011, 23:37 - Beitrag #5

ob wir ein Problem mit dem Islam haben, oder ob das Problem eine von Religion im Prinzip unabhängige Mentalität ist, die wir vornehmlich im arabischen Kulturkreis finden.
Das finde ich im wesentlichen völlig unerheblich, da es sich in den meisten Fällen nicht um ein Problem theologischer Überzeugtheit handelt, zumal zumindest Zwangsehen wohl dem Koran widersprechen, sondern schlicht um überkommene Strukturen und Mentalitäten. Ob diese durch, mit oder unabhängig vom Islam entstanden ändert am Endergebnis unaufgeklärter, die Menschenrechte nicht kennender oder nicht achtender Bevölkerungsgruppen wenig. Beidem, religiösen und kulturellen Mechanismen der Unterdrückung, gilt es in unserem Wirkungsbereich mit Gesetzen und Bildung entgegenzutreten.

Dass jemand sich speziell eine Gruppe heraussucht, die er unterstützt, finde ich richtig. Niemand kann alle Probleme auf einmal lösen, sondern verschiedene Menschen können an verschiedenen Problemen, die ihnen besonders wichtig sind, arbeiten.

janw
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Mi 21. Dez 2011, 00:07 - Beitrag #6

Lykurg, so wie die Frau für mich "rüberkommt", ist es ihr relativ gleichgültig, wenn Hinduisten, Buddhisten, Zoroastrier oder andere wegen ihres Glaubens oder wegen Konversion dorthin von fundamentalistischen Auslegern des Koran drangsaliert werden, aber wehe, wenn es um Christen geht...

Verfolgung Andersgläubiger ist kein Problem des Islam, sondern Ausdruck von religiösem Fundamentalismus in jedweder Religion.

Das eigentliche Problem ist in meinen Augen, daß fundamentalistische Tendenzen in vielen Religionen auf dem Vormarsch sind, nicht nur im Islam, sondern auch im Hinduismus, iirc gibt es auch in einigen buddhistischen Bereichen ähnliche Tendenzen, und auch im christlichen Lager gibt es Ähnliches.

Ipsi, ich sehe das nicht als irgendwie dem Islam getrennt zuweisbares Problem an, in meinen Augen ist es letztlich Ausdruck der Politisierung der Religionen, die im Wege der Suche nach neuen Identifikationsstrukturen vor sich geht. Im Grunde eine Spätfolge des Kolonialismus.

Lykurg
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Mi 21. Dez 2011, 00:59 - Beitrag #7

janw, ich kann absolut nicht nachvollziehen, wie du zu diesem Eindruck kommst. Der Artikel sagt nichts darüber aus, daß ihr Interesse sich auf christliche Opfer beschränkte. Wie ich schon zuvor sagte, legt ihr Werdegang ein breiteres Interesse nahe. In Interviews äußert Sabatina James sich scharf gegen die Unterdrückung der Frau und gegen Ehrenmorde - ganz gleich, ob die Frauen vom Islam abfallen oder nicht. Hier ist die Webseite ihrer Hilfsorganisation, deren Ziele eindeutig nicht nur christlichen Konvertinnen gelten...
Ziel von Sabatina e.V. ist es, Frauen, die von Unterdrückung und Gewalt bedroht sind zu helfen, ihnen Schutz und Unterkunft zu geben und sie bei der Entfaltung ihrer Begabungen zu unterstützen. Sowohl in Deutschland als auch in den Heimatländern der Mädchen und Frauen. Durch Aufklärung will Sabatina die Öffentlichkeit für die Situation der Frauen sensibilisieren und Missstände aufdecken und bekämpfen. Sabatina kämpft für Toleranz, Respekt bei kultureller Vielfalt und ein
gewaltloses, friedliches Miteinander auf dieser Welt.
Ich sehe ein, daß diese Ziele sehr europäisch klingen, also prinzipiell unislamisch und möglicherweise eine Form von Postkolonialismus.* Wenn diese Frau ihre Vision erreicht, zerstört sie damit die gewachsenen Strukturen in der arabischen Welt. Und weißt du was? Das würde ich voll unterstützen. Meines Erachtens gehört das Unterdrückungssystem der Männer dort schnellstmöglich abgeschafft - egal, ob es aus religiösen oder aus 'politischen' Gründen besteht. Deiner Ausführung dazu kann ich mich jedoch nicht anschließen; in den stärker säkularisierten arabisch geprägten Ländern ist die Stellung der Frau mE besser als in den religiös dominierten.

e-noon hat ganz zu Recht angeführt, daß man Probleme modularisieren sollte, um sie nicht von vornherein als unlösbar zu betrachten, sondern auf seinem Gebiet eine Verbesserung zu erreichen. Wenn diese enorm mutige Frau ihre bewegende Geschichte als christliche Konvertitin nutzt, um damit Frauen in der islamischen Welt (die islamische Welt in Deutschland und Europa eingeschlossen) zu helfen, sollte man ihr das nicht mit dem Hinweis verwehren, da sie Christin geworden sei, seien ihre Motive sicher unlauter. Damit erweist man den Frauen schlechthin einen Bärendienst.

____________
*(kein Wunder, sie ist ja auch hier aufgewachsen - oder doch? man überlege sich, wieviele gleichfalls hier aufgewachsene Frauen einen solchen Absprung nicht schaffen und an den Folgen sterben)

Ipsissimus
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Mi 21. Dez 2011, 02:17 - Beitrag #8

Das finde ich im wesentlichen völlig unerheblich, da es sich in den meisten Fällen nicht um ein Problem theologischer Überzeugtheit handelt, zumal zumindest Zwangsehen wohl dem Koran widersprechen, sondern schlicht um überkommene Strukturen und Mentalitäten.
ich finde das nicht unerheblich, oder sagen wir es anders: für die Opfer sind die Rechtfertigungen der Täter unerheblich. Aber unsereins, die wir die Fahne der Aufklärung schwingen, sollte es schon klar sein, wogegen wir uns eigentlich wenden. Wenn z.B. Zwangsehen dem Koran widersprechen, wie du schreibst, ist es eben nicht der Islam, der Frauen in Vergewaltigungs-Ehen mit bösartigen Männern zwingt. Sondern es ist die Bösartigkeit der Männer und der patriarchalischen Strukturen, gegen die wir vorgehen müssen.

Wenn wir das verwechseln, wird uns völlig zu Recht auch unsere christliche Inhomogenität um die Ohren gehalten, die besteht nämlich nicht nur aus wohlfeilen aufklärerischen Sprüchen. Du hast vielleicht letzthin über die Niederlande gelesen? Etwa 20000 (zwanzigtausend) vergewaltigte Kinder, etwa 800 Priester als Täter. Bei sowas sind wir dann plötzlich ganz schnell dabei, den Unterschied zwischen Religion und Kultur, innerhalb der diese beheimatet ist, zu unterscheiden. Dem Islam wollen wir diese Differenzierung nicht zugestehen? Nebenbei, in unseren Medien war diese Meldung nach zwei Tagen vom Tisch - wehe, wenn das in einer Koranschule passiert wäre.

Meines Erachtens gehört das Unterdrückungssystem der Männer dort schnellstmöglich abgeschafft
Einerseits, ja, uneingeschränktes ja. Andererseits, das wird nur über die Ausrottung von weit über 90 Prozent der dort lebenden Männer geschehen können. Männer, die, falls ich das hinzufügen darf, über Atomwaffen verfügen.

janw
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Mi 21. Dez 2011, 03:43 - Beitrag #9

Lykurg, Ipsi drückt sehr gut aus, was ich denke:
Es ist die patriarchale Grundhaltung, nicht die Religion, die zu kritisieren ist, und wir dürfen uns selbst nicht aus dem Blick verlieren - es waren christliche Heime, beider Konfessionen, in denen Kinder mißhandelt wurden, mit Wegsehen staatlicher Stellen, und unter fortdauerndem Schutz staatlicher Stellen, wenn sie diese Verbrechen durch Verjährungstatbestände der Verfolgung entziehen.
(Ich halte die Verjährung von Gewalt gegen Kinder grundsätzlich für verfassungswidrig, weil sie Verstöße gegen die Grundrechte vor der Strafverfolgung schützt).

Mein Eindruck, es gehe der Dame vor allem um die Christlichkeit der Verfolgung, ergibt sich aus dem Artikel, in dem ihre diesbezüglichen Aktivitäten geschildert werden. Wenn ich das mißverstanden habe, tut es mir leid.
Mag sein, daß ich an der Stelle etwas empfindlich bin, ich bekomme nur immer wieder ähnliche selbstbezogene Berichte aus kirchlichen Kreisen mit.
Sie sind nicht grundsätzlich falsch, aber nicht singulär. Sie stellen nur einen Ausschnitt dar aus der weltweiten Zunahme extremistischer Strömungen, man sehe nur in Indien die radikalen Hindu-Gruppen.

Diese Radikalisierungen halte ich in Teilen für postkoloniale Wirkungen:
Nachdem die Kolonien die traditionellen Strukturen durch willkürliche Grenzziehungen und Schaffung künstlicher Staatsgebilde zerschlagen und diese in der Folge im Ost-West-Konflikt gegeneinander gesteuert hatten, werden dort neue Identifikationsmuster gesucht.
Der Westen hat die Vertreter fundamentalistischer Religionsauslegung erst salonfähig gemacht und gefördert - die Wahhabiten in Saudi-Arabien, die Salafiten, hat ihnen durch Überlassung von Flüchtlingslagern wie in Pakistan Räume zur Rekrutierung verschafft.
Wo nun das nation building gescheitert ist, aber dennoch nach Zusammengehörigkeitsmerkmalen jenseits der Stammesstruktur, auch überregional, gesucht wird, ist die Religion ein greifbarer Anker. Damit verbunden ist aber sehr schnell die Frage, worin diese Religion nun bestehen soll - und hier haben die Fundamentalisten aufgesattelt, mit Hilfe der Strukturen, die der Westen ihnen verschafft hatte. Bring Ordnung in die gesetzlosen Flüchtlingslager, nutze das islamische Almosenwesen, um die Armen zu versorgen, und Du hast die Massen für Dich. Ziehe dann Madrasas für die Kinder auf und stelle die Lehrer, und Du beherrschst ihre Gehirne. Stelle die Geistlichen in den Moscheen, und Du bekommmst die Erwachsenen auf Deine Seite.
An sich nichts Neues - des Brot ich ess...

(In Indien ist der Vorgang sicher anders gelaufen, ich denke aber schon, daß auch hier die Suche nach Identifikation in der Religion nach vorangegangener Entwurzelung eine wichtige Rolle gespielt hat.)

Der Nordwesten Pakistans, der heute in den Medien als Rückzugsgebiet streng religiöser Stämme dargestellt wird, war einmal ein Raum, in dem Moslems und Buddhisten neben einander lebten, vielleicht auch miteinander, in dem die wechselseitigen Kulturzeugnisse geachtet wurden. Die Berge oberhalb des Indus sind voll von buddhistischen, teils auch animistischen Felszeichnungen. Oder denke nur an die Buddhas im Bamiyan-Tal. Nie wäre einer der Menschen dort, obgleich gläubiger Muslim, darauf gekommen, sie zu beschädigen.

Nicht zuletzt müssen wir aber auch sehr gut auf uns selbst blicken:
in meinen Augen wurden im Namen des Christentums mehr andere Kulturen zerstört, als im Namen jeder anderen Religion, und zugleich nennt sich Europa christlich, seine Kultur wäre aber nicht denkbar ohne das arabische Erbe.
Ohne die Überlieferung der griechischen Texte durch die Mauren wäre Europa nicht zur Aufklärung befähigt worden.

e-noon
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Mi 21. Dez 2011, 11:04 - Beitrag #10

Einerseits, ja, uneingeschränktes ja. Andererseits, das wird nur über die Ausrottung von weit über 90 Prozent der dort lebenden Männer geschehen können. Männer, die, falls ich das hinzufügen darf, über Atomwaffen verfügen.
Sehr fragliche These. Niemand hat 90 Prozent der Schweizer ausgerottet und trotzdem haben sie dort innerhalb des letzten Jahrhunderts von innen heraus, mit Vorbild anderer Staaten, den fließenden Übergang zur Gleichberechtigung der Frau geschafft.

ich finde das nicht unerheblich, oder sagen wir es anders: für die Opfer sind die Rechtfertigungen der Täter unerheblich. Aber unsereins, die wir die Fahne der Aufklärung schwingen, sollte es schon klar sein, wogegen wir uns eigentlich wenden. Wenn z.B. Zwangsehen dem Koran widersprechen, wie du schreibst, ist es eben nicht der Islam, der Frauen in Vergewaltigungs-Ehen mit bösartigen Männern zwingt. Sondern es ist die Bösartigkeit der Männer und der patriarchalischen Strukturen, gegen die wir vorgehen müssen.

Wenn du mit 'Islam' 'Koran' meinst, ist es relativ einfach, man muss einfach dort nachlesen, was zu Zwangsehen gesagt wird. Dann kann man ganz einfach nachlesen, was religiös ist und was kulturell. Soweit ich weiß, legt der Koran nahe:
- Polygamie
- Steinigung von Ehebrecherinnen (aber wenn sie schwanger ist, soll man bis nach der Geburt ihres Kindes warten)
- Verschleierung (in ungeklärter Form)
- Tötung Ungläubiger, die die Konversion verweigern (allerdings besitzen Kinder und Frauen sowie Mönche gesonderten Schutz, Terrorismus sollte also wider den Koran sein)
- Tötung von Konvertiten (wenn sie älter als 18 Jahre alt sind).

Verboten ist allerdings die Zwangsehe, sowohl von Jungfrauen wie auch von bereits verheirateten Frauen. Eine Scheidung ist ebenfalls vom Koran erlaubt.

Wenn man allerdings Religion als gelebte Religion versteht, was häufig sinnvoll ist, da die Interpretation der Suren stärker als die eigentlichen (häufig einander widersprechenden) Texte die tatsächliche Ausprägung der Religion beeinflusst, gibt es keine klare Antwort. Da wird zurechtgebogen und das seit Jahrhunderten, sodass unklar ist, ob aus Sicht der Täter religiöse (selten, vermute ich) oder kulturelle Motive vorherrschen. Natürlich kann die religiöse Komponente eine Rolle spielen, indem man beispielsweise im Deutschen Islamunterricht auf entsprechende friedliche Suren hinweist. Die Frage ist dann nur, was macht man mit den kriegerischen Suren? Allgemein für eine Durchsetzung der Menschenrechte zu arbeiten, sollte hingegen Religiösen wie Nichtreligiösen zugute kommen, die Religiösen werden schon entsprechende Suren finden oder ihre Religion auf Folklore oder mystisches Erleben reduzieren, wie andere Weltreligionen das auch geschafft haben.

Du hast vielleicht letzthin über die Niederlande gelesen? Etwa 20000 (zwanzigtausend) vergewaltigte Kinder, etwa 800 Priester als Täter.

Im Unterschied zur Zwangsheirat in den Herkunftsländern der Betroffenen ist bei uns Vergewaltigung, insbesondere von Kindern, jedoch allgemein geächtet und gesetzlich verboten. Dass die Gesetze noch nicht streng genug sind, finde ich auch.

Mein Eindruck, es gehe der Dame vor allem um die Christlichkeit der Verfolgung, ergibt sich aus dem Artikel, in dem ihre diesbezüglichen Aktivitäten geschildert werden.
Und aus einem Artikel über Tierschützer schließt du, dass diese für die Belange ihrer Mitmenschen blind sind? Finde ich, mit Verlaub, etwas voreilig, vom Vorhandensein eines spezifischen Interesses auf die Abwesenheit jeglicher anderen Interessen zu schließen.

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Mi 21. Dez 2011, 19:03 - Beitrag #11

Den Artikel ist auf der einen Seite eine Sammlung folkloristischer Vorurteile, auf der anderen Seite eine Art Best-off orientalischer Grausamkeiten.
Der verbreitet vor allem Stimmung - ob die nun weihnachtlich ist?

Die genannten Konvertitinnen sind in ihrem Glaubenseifer ihrem muselmanischen Gegnern immer noch näher als den deutschen Folklore-Christen, die nach der Christmesse wieder zum gewohnten Alltag des postmodernen Sündenpfuhls übergehen und sich schon gar nicht um das Leid einzelner im tiefsten Anatolien oder am Hindukusch kümmern.

Zu beachten ist hier noch folgendes: Tatsächlich steckt hinter den Zwangsehen, Konvertitenmorden, Sklaverei usw. in der Regel nicht die Politik. Es handelt sich bis auf wenige Ausnahmen wie den Iran um verbotene Selbstjustiz. Das Problem ist, dass es in den Regionen keine funktionierende Jusziz gibt und oft auch kein staatliches Gewaltmonopol. Relgiöse Autoritäten gibt es in der Regel auch nicht. Ach ja, und Problembewusstsein fehlt vor Ort auch häufig.

janw
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Mi 21. Dez 2011, 22:46 - Beitrag #12

D'accord zu Maglor.

Zitat von e-noon:Und aus einem Artikel über Tierschützer schließt du, dass diese für die Belange ihrer Mitmenschen blind sind? Finde ich, mit Verlaub, etwas voreilig, vom Vorhandensein eines spezifischen Interesses auf die Abwesenheit jeglicher anderen Interessen zu schließen.

Sie nennt den Islam "faschistisch", übersieht aber, daß Jesus an einer Stelle auch die rigiden Vorschriften des Alten Testaments zu Ehebruch und Scheidung und anderem stützt - war er da auch "faschistisch" und hat sich später unerklärtermaßen davon entfernt?
Ist der Hinduismus auch "faschistisch", weil einige Hinduisten nach Ultraschallbild weibliche Embryonen abtreiben?

Jene, die Giordano Bruno verbrannten, taten dies mit Verweis auf die Heilige Schrift...

e-noon
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Do 22. Dez 2011, 00:11 - Beitrag #13

Dass der Islam faschistisch ist, schließt nicht aus, dass andere Religionen faschistisch sind, oder? Ich denke, es geht hier jeweils um die Religion, die von ihr erlebt wurde. Ich habe das Christentum auch als zurückgeblieben und unterdrückend erlebt. Das ist es in Teilen, in Teilen nicht. Teile der Welt, in denen der Islam herrscht, sind besonders zurückgeblieben. Kann Zufall sein oder auch nicht, macht für die dort lebenden Menschen auch keinen großen Unterschied.

Lykurg
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Do 22. Dez 2011, 00:42 - Beitrag #14

janw, völlig unabhängig davon, inwieweit der Westen für die religiöse Radikalisierung der arabischen Welt mitverantwortlich sein mag - für sich genommen schon eine steile These, bzw. ein ziemlich komplexer Zusammenhang, schließlich gibt es eine Reihe von divergierenden Strömungen, die in unterschiedlichem Maße Aufmerksamkeit und Förderung der ihrerseits nicht einig vorgehenden westlichen Akteure genießen - haben wir es hier mit einem konkreten Problemkomplex zu tun, der mit semihistorischen "aber wir sind doch eigentlich schuld daran"-Spielchen ebensowenig aus der Welt geräumt werden kann wie mit dem genauso beliebten "aber wir sind im Grunde unserer schwarzen Seelen ja auch nicht besser". Möglicherweise wäre es nützlicher, sich mit ihren Äußerungen und den von ihr kritisierten Zuständen auseinanderzusetzen als mit Mutmaßungen über deren mögliche Mitverursacher. Nicht, daß ich diesen Aspekt unerheblich finde, mir scheint nur in deiner Darstellung demgegenüber die Situation dieser Frauen völlig gleichgültig zu sein (jedenfalls nach derselben Logik, nach der ihr nichtmuslimische Frauen gleichgültig wären^^).
Zitat von Maglor:Die genannten Konvertitinnen sind in ihrem Glaubenseifer ihrem muselmanischen Gegnern immer noch näher als den deutschen Folklore-Christen,
Ja, was die Intensität des gelebten Glaubensinhalts angeht, gebe ich dir recht (abgesehen von bestimmten katholischen und evangelikalen Randgruppen) - aber die Denkweise betreffend stimmt das nicht. Um noch einmal die Sabatina-Homepage zu zitieren: "Die Vereinsziele werden unter Berücksichtigung aller Kulturen und mit Respekt gegenüber den verschiedenen Glaubensrichtungen verfolgt. Dabei geht es nicht um Glaubenskriege, sondern um das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit aller Frauen." (Hervorhebung von mir, eigentlich könnte man auch den ganzen Text hervorheben.) Und Ayaan Hirsi Ali, mit der Sabatina James sich wohl gut versteht, ist meines Erachtens auch eher nicht als fanatische Atheistin zu verstehen, da kenne ich zumindest noch ganz andere Fälle. ]Tatsächlich steckt hinter den Zwangsehen, Konvertitenmorden, Sklaverei usw. in der Regel nicht die Politik. Es handelt sich bis auf wenige Ausnahmen wie den Iran um verbotene Selbstjustiz. Das Problem ist, dass es in den Regionen keine funktionierende Jusziz gibt und oft auch kein staatliches Gewaltmonopol.[/QUOTE] Zu den "wenigen Ausnahmen" gehören dann aber neben dem Iran auch Irak, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jemen, Nigeria, Somalia, Sudan, Pakistan, Afghanistan... In allen diesen Ländern gibt es z.B. Steinigungen. Du kannst zwar zu Recht einwenden, daß dahinter keine Justiz im westlichen Sinne steht, das ist allerdings eine tautologische Argumentation, weil schon diese Strafe selbst ein krasser Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention ist. DIe Grenzen zwischen staatlicher, religiöser und Lynchjustiz verlaufen in diesen Ländern oft fließend, zumindest in Iran, Nigeria, Somalia und Saudi-Arabien sind aber ganz klar auch säkulare Machthaber und zum Teil Gesetze dafür verantwortlich. Daß in diesen Ländern kein funktionierendes Rechtssystem herrscht, spricht die entsprechenden islamischen Rechtsgelehrten ja nicht von ihrer Verantwortung frei... Ein besonders deutliches Beispiel (aber natürlich nur eines von vielen hunderten) berichtet Amnesty International aus Somalia:
Die 13 Jahre alte Aisha Ibrahim Duholow wurde am 27. Oktober 2008 in Kismayo von etwa 50 Männern öffentlich gesteinigt. Ein Scharia-Gericht hatte das Mädchen, das von drei Männern vergewaltigt worden war und bei den lokalen Behörden darüber Anzeige erstattet hatte, wegen "außerehelichen Geschlechtsverkehrs" zum Tode verurteilt. Sie hatte im Prozess keinen Verteidiger. Die Männer wurden strafrechtlich nicht belangt.

Ipsissimus
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Do 22. Dez 2011, 13:57 - Beitrag #15

Sehr fragliche These. Niemand hat 90 Prozent der Schweizer ausgerottet und trotzdem haben sie dort innerhalb des letzten Jahrhunderts von innen heraus, mit Vorbild anderer Staaten, den fließenden Übergang zur Gleichberechtigung der Frau geschafft.
Die Schweizer wollten, in aller Reserviertheit, Umgang mit anderen europäischen Kulturen; da ich sie nicht für dumm halte, glaube ich, dass sie wussten, dass dieser Umgang sie verändern würde.

Letzteres wisssen die Männer in den angeprangerten Kulturen auch. Im Gegensatz zu den Schweizern wollen sie genau aus diesem Grund aber gar keinen Umgang mit Kulturen, die eine Hinterfragung implizieren. Und weil damit wir gemeint sind, heißt das, wir haben dort nichts zu suchen. Die Länder dort mit allen ihren Problemen und Fragwürdigkeiten gehen uns schlicht nichts an.

Da unsere Hybris und unsere Handelsinteressen sowas aber nicht zulassen, haben wir nur zwei Möglichkeiten: entweder führen wir Krieg - jedem sein Afghanistan - oder wir manipulieren. Beides versuchen wir ohnehin, mit offenbar überwältigendem Erfolg.

Die Begründung von Krieg durch höhere Moral ist übrigens so alt wie die Zivilisation. Genau wie der Sieg der Seite mit den besseren Armeen und Waffen.

Wenn du mit 'Islam' 'Koran' meinst, ist es relativ einfach, man muss einfach dort nachlesen, was zu Zwangsehen gesagt wird. ...
so naiv bist du doch nicht wirklich, e-noon. Wir sprechen hier genau so wenig über "den Islam" wie über "das Christentum" oder "das Judentum" - hast du übrigens von den Unruhen in Jerusalem gehört? Dort gehen ultraorthodoxe Juden in aller Öffentlichkeit zunehmend mit Gewalt gegen das vor, was sie als "sittenwidriges Verhalten" z.B. von Liebespaaren empfinden^^ erst langsam formiert sich Widerstand dagegen

du findest in den Büchern aller Gesetzesreligionen Passagen, die zum Kotzen sind, und wenn du Gläubige/r der entsprechenden Religion bist, hast du ein Problem, sobald du den Scheiß ernst nimmst. "Der Mann ist für die Frau das, was Christus für die Kirche ist, ihr Haupt und Führer." (NT) - "Wenn deine Tochter in der Stadt vergewaltigt wird, und niemand hört sie schreien, gehe hin und töte deine Tochter. Wird sie aber gehört, so soll der sie vergewaltigt hat, sie heiraten und darf sich nicht mehr von ihr scheiden lasen." (Thora)

Und du findest Passagen, bei der milde gestimmte Aufklärer wohlwollend nicken. Der springende Punkt ist aber noch ein anderer: Wir verstehen dabei einander nicht. Wir verstehen einander nicht, weil die Worte und Sätze allein nichts sind, und erst im Kontext einer Auslegungstradition alles werden. Und alle Seiten nur ihre eigenen Auslegungstraditionen - ihre Kultur - berücksichtigen.

Und entgegen allerlei anderslautenden Gerüchten ist die Lebenspraxis nochmal ein drittes. So laufen in den angeprangerten Ländern jede Menge Frauen umher, die nie vergewaltigt wurden, in keine Vergewaltigungsehen gezwungen wurden und glücklich sind. Und in unserem aufgeklärten Europa wurden und werden immer noch Frauen und darüber hinaus Kinder vergewaltigt, in zahlenmäßigen Dimensionen, die öffentlich niemand zur Kenntnis nehmen will, weil es unserem Selbstbild zuwider läuft. Aber offiziell ist das natürlich geächtet. Welch Beruhigung für die Unzähligen, die es trotzdem erwischt hat. Hast du übrigens das Urteil letzthin mitbekommen gegen den Vater, der seine Tochter über 30 Jahre hinweg seit ihrem 12 Lebensjahr vergewaltigt hatte? Zweieinhalb Jahre, weil die frühen Fälle leider, leider verjährt sind und man für die späteren Fälle nur von Inzest ausgehen kann, weil die Tochter da ja schon volljährig war und sich hätte vertrauensvoll an die Polizei wenden können. "Wenn deine Tochter in der Stadt vergewaltigt wird und niemand hört sie schreien ..." inmitten Deutschlands, heute. Gott sei Dank können wir uns auf die formale Korrektheit dieses Urteils verlassen, aller Urteile, unsere Richter sind dahin gehend wirklich gut geschult, alles Einser-Juristen.

Aber ja, bei uns ist das alles viel besser als bei den Moslems in Kismayo und überhaupt.

Das Religiöse ist - gleichgültig in welcher Verkleidung - seit je und bis heute eine Konstituente des Faschistischen. Wir brauchen die Moslems nicht, um uns das zu lehren.

e-noon
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Do 22. Dez 2011, 14:20 - Beitrag #16

Zum Unterschied zwischen Schrift und verschiedenen gelebten Glauben habe ich oben bereits einiges geschrieben. Dass fast jede heilige Schrift in sich widersprüchlich ist, habe ich als bekannt vorausgesetzt.

Hast du übrigens das Urteil letzthin mitbekommen gegen den Vater, der seine Tochter über 30 Jahre hinweg seit ihrem 12 Lebensjahr vergewaltigt hatte? Zweieinhalb Jahre, weil die frühen Fälle leider, leider verjährt sind und man für die späteren Fälle nur von Inzest ausgehen kann, weil die Tochter da ja schon volljährig war und sich hätte vertrauensvoll an die Polizei wenden können.

Bei uns wird der Täter eingesperrt, in anderen Staaten das Opfer gesteinigt. Ich sehe da durchaus einen Unterschied.

Dass eine Verjährung nicht so bald einsetzen sollte, finde ich auch. 30 Jahre fände ich eine angemessene Frist bei Gewaltverbrechen und Vergewaltigung. Selbst, wenn die Vergewaltigung unter 10 Jahren einsetzt, hat das Opfer noch bis nach dem 30. Lebensjahr Zeit, das Ganze anzuzeigen.
Das Religiöse ist - gleichgültig in welcher Verkleidung - seit je und bis heute eine Konstituente des Faschistischen.

Mag sein, aber eben nicht nur das Religiöse.

Die Begründung von Krieg durch höhere Moral ist übrigens so alt wie die Zivilisation.

Zusammenhang? Es hat ja niemand in diesem Thread einen Krieg gefordert.

Ich denke schon, dass es auch für die Opfer einer Vergewaltigung einen Unterschied macht, ob die Gesellschaft, in der sie leben, ggf. zu ihnen oder zum Täter stehen würde. Natürlich ist, solange die Familie maßgeblicher Erziehungsort von Kindern ist (und auch, wo nicht) ein Kind immer noch durch Vergewaltigung gefährdet, weil Menschen eben so sind. Das sagt aber noch nichts über die Häufigkeit aus, und über die Möglichkeiten, die einem solchen Kind/einem gequälten Menschen offenstehen.

Maglor
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Do 22. Dez 2011, 22:56 - Beitrag #17

Faschismus ist eine leere Worthülse, die keiner näheren Begutachtung wert.
Auf eine generelle Verteidigung oder Verurteilung der islamische Welt, lasse ich mich nicht ein.
Ich wähle mal das Beispiel Irak. Vor dem Sturz des Saddam-Regimes gab es im Irak keine Steinigungen. Mittlerweile kommt es gelegentlich zu Lynchsteinigungen. Die Praxis ist keineswegs auf Muslime beschänkt wie der Fall einer wegen verbotener Liebschaft gesteinigten Jesidin im Jahr 2007 zeigt.
Auffällig ist, dass die genannten Missstände teiweise unabhängig von der Religion verbreitet sind und weiter existieren.

So etwa im Falle des "Ehrenmordes" an Ulerika Gashi zeigt. Ihre Eltern wurden im Kosovo zwangsverheiratet, flohen aus politischen Gründen nach Deutschland, waren im Grunde aber nicht religiös. Als die sechzehnjährige Kosovo-Alberin 2003 sich in der Schweiz in einen Jungen bosnisch-kosovarischer Abstammung verliebt, wird sie ermordet. Beide jugoslawischen Volksgruppen waren üblicherweise Muslime. Der Vater hielt den Freund der Tochter für nicht albanisch genug - Muslim hin und her - und ermordete seine Tochter nach alter Sitte. Der Vater hatte alle Eigenschaften eines orientalischen Paschas behalten, wenn er auch alles andere als ein Islamist war.

Ipsissimus
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Fr 23. Dez 2011, 18:51 - Beitrag #18

Maglor, auch mir geht es nicht um eine generelle Verteidigung; ich argumentiere nur gegen eine generelle Verurteilung.

Bei uns wird der Täter eingesperrt, in anderen Staaten das Opfer gesteinigt. Ich sehe da durchaus einen Unterschied.
2½ Jahre für über 30 Jahre Qual plus öffentlicher Verhöhnung des Opfers. Nach einem Jahr ist er wegen guter Führung draußen. Wahrhaftig, wir sind so gut.

Dass du etwas anderes forderst, ändert eben nichts daran, wie es ist. Unsere Feministinnen, so fragwürdig ihre Positionen teilweise sind, laufen nicht Sturm gegen Unrechtsurteile in Deutschland, weil diese Urteile die absolute Ausnahme sind.

Es hat ja niemand in diesem Thread einen Krieg gefordert.
wie ich versuchte, implizit darzulegen, schon. Wenn in den angeprangerten Kulturen die Haltung der Männer und die bestehenden Unrechtsstrukturen schnellst möglich geändert werden sollen, geht das nur per Krieg und Ausrottung dieser Männer. Es sei denn, in dem möglich von schnellst möglich wäre eine Relativierung enthalten, die mir hinter der offenkundigen Empörung verborgen blieb; dann würde es heißen so schnell wie es eben möglich ist, also gaaaaaaaaanz langsam.

Das sagt aber noch nichts über die Häufigkeit aus, und über die Möglichkeiten, die einem solchen Kind/einem gequälten Menschen offenstehen.
ich bezweifele, dass moslemische Länder ein Paradies für Pädophile sind. Es wird sie dort wohl genau so geben wie bei uns. Hier bei uns gehen wir nicht effektiv gegen Pädophilie vor, letztlich werfen wir denen also nur vor, dass ihre Gründe andere sind als unsere Gründe. Und wenn dort ein Pädophiler als Pädophiler enttarnt wird, geht es ihm nicht so gut wie bei uns im gleichen Fall.

Padreic
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Di 27. Dez 2011, 17:07 - Beitrag #19

@Ipsissimus: Ich verstehe die Wut über den Inzest-/Vergewaltigungsfall mit nur 2,5 Jahren Haft (von denen er auch bei guter Führung mindestens 2/3 verbüßen muss). An dem Urteil sind sicherlich zwei Arten von Kritik möglich:
1) Erstens ist es die Verjährung. Die Verjährung richtet sich in Deutschland primär an der Höchststrafe für ein Vergehen. Für Kindesmissbrauch (mit Sexualverkehr) ist sie genauso hoch wie beispielsweise für Totschlag, nämlich 20 Jahre (genauso wie früher auch für Mord). Bei Kindesmissbrauch kommt noch hinzu, dass (nach einer leider nicht rückwirkend geltenden Gesetzesänderung) die Verjährungsfrist erst mit Volljährigkeit ansetzt.
2) Zweitens die Entscheidung, es nur als Inzest und nicht als Vergewaltigung zu werten. Ohne die Details des Verfahrens zu kennen, basiert es wohl auf dem Grundsatz: im Zweifel für den Anklagen. Gerade in Vergewaltigungs- oder Missbrauchsfällen ist die Beweislage oft sehr verzwickt; nicht nur gibt es außer Opfer und Täter meist keine Zeugen, die Aussagen des Opfers sind oft auch verworren und/oder widersprüchlich (wie mir auch mein Vater als Schöffe wiederholt berichtet hat). Dies war auch in diesem Fall so (auch wurde der Missbrauch erst 33 Jahre nach Beginn angezeigt). Fälle von fehlerhaften Verurteilungen sind leider allzu viele bekannt.

Einen Rechtsstaat macht aus, dass er Rechtsprinzipien hat, an die sich in der Rechtssprechung gehalten wird. An dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" ist, denke ich, nicht zu rütteln: das Leid, das einem unschuldig Gefangenem zugefügt wird, ist größer als das des Opfers einer ungesühnten Tat. Generell an der Verjährung für Gewalttaten zu rühren, halte ich auch für problematisch und sei es nur, dass etwas wirklich zu beweisen nach 40 Jahren meist schwierig ist. Eine sinnvolle Änderung sähe ich aber wohl darin, eine fortdauernde Tat von der Verjährung auszuschließen bzw. die Verjährung erst beginnen zu lassen, nachdem von der Tat abgelassen wurde.

Was sagt ein solches Urteil oder solche Ausführungen über unsere Gesellschaft, unseren Staat aus? Primär das Räderwerk der bürokratischen Justiz über das Verlangen des Opfers nach Sühne und Vergeltung gestellt wird. Aber das bürokratische Räderwerk mit seinen allgemeinen Prinzipien steht gleichzeitig (theoretisch?) als Bollwerk gegen Willkür und überharte Strafen da. Im Bekanntenkreis meiner Oma wurde jemand in Jugoslawien gelyncht, nachdem er ein Kind zu Tode gefahren hatte (er war am Tatort geblieben, während die anderen Polizei/Krankenwagen/was auch immer holten, als Zeichen des guten Willens). Lieber ein zu milde bestrafter Kinderschänder als das. Täterschutz gegen Opferschutz abzuwägen ist aber immer eine Schwierigkeit.

Das scheint natürlich nur am Rande mit dem Hauptthema des Threads zu tun zu haben. Ich stimmte meinen Vorrednern zu, dass weder der Islam essentiell zu Vergewaltigungen und die "rechtlichen" Umgang damit gehört noch diese essentiell zum Islam. Hier kommen bestimmte gesellschaftliche und religiöse Vorstellungen (die sehr wohl mit dem Islam auch zusammenhängen) mit sehr archaischen Rechtsvorstellungen zusammen; Rechtsvorstellungen, denen unter anderem der Grundsatz fehlt, dass ohne Vorsatz keine (schwere) Straftat da sein kann. Vergewaltigt werden geschieht nicht vorsätzlich, also kann man das Opfer nicht steinigen... solche formalen Grundsätze können auch uns barbarisch erscheinende moralische Vorstellungen in ihrer Wirkung abmildern.

Ipsissimus
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Mi 28. Dez 2011, 15:25 - Beitrag #20

nun ja, Padreic, zumindest die drei Kinder, die er mit seiner Tochter gezeugt hat, sollten eigentlich als Beweismittel ausreichen, DNA-Analysen sind nicht mehr wirklich etwas Außergewöhnliches, und sollten selbst dann, wenn die Tochter nur Verworrenes Zeug aussagt, für eine Verurteilung reichen. Ganz grundsätzlich gibt es offenbar in der Justiz einen gewissen Entscheidungsspielraum für derartige Urteile - Verurteilungen ohne faktische Strafwirkung, wie dem hier besprochenen, stehen andererseits Verurteilungen gegenüber, die übertrieben wirken, im Vergleich zu anderen Verurteilungen zumindest. Natürlich, die Fälle sind immer unterschiedlich. Möglicherweise liegt es aber auch an der Einstellung der jeweiligen Richter. Es ist noch nicht wirklich lange her, dass Vergewaltigungen juristisch als Verbrechen nicht ernst genommen wurden, und zumindest dieses Urteil stinkt genau danach.

Und die Zeugenproblematik - tatsächlich finde ich, dass es vielen Opfern tatsächlich überhaupt nicht zumutbar ist, als Zeugen aufzutreten - dürfte eigentlich nicht zu einem Schulterzucken führen, sondern müsste Motiv sein, nach Möglichkeiten zu forschen - auch in der Kriminalwissenschaft - , Verbrechen auch ohne Zeugenaussagen eindeutig nachweisen zu können. Und wenn man schon Beweise hat, wie die drei Kinder, könnte man diese Beweise natürlich auch verwenden. Ach so, ja, die Verjährung. Mist. Nun ja, Shit happens, Schwamm drüber.

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