Libyen

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Lykurg
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Fr 28. Okt 2011, 12:07 - Beitrag #161

Nein, darum ging es nicht, zumindest habe ich das so nicht in Erinnerung. Vermieden werden sollte, daß Islamisten den Eindruck gewönnen, hier führe der Westen Krieg gegen ein arabisches Land, und sich deswegen mit Gaddafi solidarisierten oder eigene Suppentöpfe aufstellten. Wer weiß, wie lange ein Bürgerkrieg unter solchen Umständen gedauert hätte...

Andererseits hat, so zynisch das für einen Altlinken auch klingen mag und soviele Opfer auch immer dabei leider rauskommen (Krieg bleibt Krieg), die Nato inzwischen viel Erfahrung mit Formen der Kriegsführung gesammelt, die möglichst wenig zivile Opfer verursachen. Da kann eine improvisierte und im Eigenbau bewaffnete Rebellenarmee präzisionstechnisch einfach nicht mithalten.

Maglor
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Fr 28. Okt 2011, 15:42 - Beitrag #162

Warum es eigentlich ging, darüber gibt es mehrere Versionen.
Die UN-Resolution 1973 war exakt zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung (vor allem Einhaltung eines Flugverbots und Verbotes gegen Demonstranten vorzugehen) gedacht, da das Gaddafi-Regime im Frühling noch mit der eigenen Luftwaffe und Artelleriefeuer von der Rebellion befreien wollte.
Eine gezielte Unterstützung (besser noch der Aufbau) einer Rebellen-Armee zur Eskalation des Krieges in der Absicht den Diktators zu Fall zu bringen konnte nie das Ziel der UNO gewesen sein, wenngleich dies das eigentliche und wohl auch nie geleugnete Ziel der NATO und ihrer arabischen Verbündeten gewesen ist.

Was die hohen Opferzahlen anbetrifft, so sind diese nicht nur auf den Luftkrieg zurückzuzühren.
Hauptursache scheint mit die unkonventionslose konventionelle Kriegsführung der Libyer zu sein.
Sie kannten kein Pardon, terrorisierten ausgewählte Bevölkerungsgruppen, erschossen Kriegsgefangene, belagerten Städte um sie regelrecht auszuhungern, schickten Kinder oder Leichtbewaffnete als Kanonenfutter voraus ...
Die libyschen Bodentruppen beider Seiten waren roh und ungezämt. Die mutmaßliche Al-Kaida-Speerspitze der Rebellen war seit Jahren für ihre Enthauptungsvideos aus Bagdad bekannt - in Gräueltaten also hinreichend geübt.
Was in westlichen Armeen als Folterskandal etc. gelten würde, war hier schlicht und einfach normale Härte.

Ipsissimus
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Mo 31. Okt 2011, 12:46 - Beitrag #163

da ist genau die Dummheit - sie benutzen Sätze, in denen gelegentlich Worte enthalten sind, die den Worten ähneln, die wir benutzen, und schon glauben wir, zumindest in vielen Darstellungen unserer Medien, dass damit die gleichen Inhalte gemeint sind

Maglor
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Di 17. Jan 2012, 20:41 - Beitrag #164

Von Gaddafi lernen, heißt siegen lernen.
Anders in Ägypten und Tunesien versucht in Libyen geschickt die Revolution zu exportieren, den Kampfgeist, Idealismus und die Opferbereitschaft nach außen abzusondern, die gefährliche Energie der Revolution gen Syrien zu schicken.
Der libysche Übergangsrat will die syrische Opposition unterstützen. Sie erhält Gelder aus Libyen. Syrische Rebellen sollen libysche Waffen erhalten, obendrein 600 erfahrene libysche Rebellen.
Die Stabilität der neuen Regierung dürfte gesichert sein, solange die wildesten Kräfte der Rebellion ihr Martyrium in der syrischen Wüste suchen.
Libyen dürfte somit außenpolitisch zur Gaddafi-Doktrin zurückgekehrt sein: Gehet hin in alle Bürgerkriege.

Lykurg
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Mi 18. Jan 2012, 00:21 - Beitrag #165

Das ist wirklich ein praktischer Weg für die Libyer, lauter Probleme auf einmal zu lösen - Entsorgung überschüssiger Waffen, Reduzierung der gewaltbereiten Ex-Kämpfer, Sättigung des revolutionären Verlangens, ein Weg, sich zugleich innerhalb der arabischen Welt und dem Westen gegenüber positiv zu profilieren... und Geld haben sie ja genug.

Immerhin ist es aber noch ein erheblicher Unterschied, ob sie sich in einen äußerst blutigen bestehenden Konflikt einmischen oder in einem afrikanischen Nachbarland einen anheizen.

janw
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Mi 18. Jan 2012, 01:38 - Beitrag #166

Vielleicht liegt dem auch einfach ein Empfinden zu Grunde, daß die Aufständischen in Syrien - wahrgenommen als eine gerechtfertigte Sache vertretend - in einer ähnlichen Lage seien wie sie selbst am Anfang, Solidarität unter Gleichgesinnten, unter empfundenen Brüdern in Glauben und Kultur, und die anderen Umstände, wie Verfügbarkeit kampferfahrener Kräfte und positive Effekte im Eigenen, ermöglichen einfach, was sonst nur gedacht würde.

Ipsissimus
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Mi 18. Jan 2012, 13:49 - Beitrag #167

die Motive derer, die als Kanonenfutter dienen, und die Motive derer, die sich des Kanonenfutters bedienen, hatten noch nie viel miteinander zu tun

der normale Straßenkämpfer mag glauben, dass es um Freiheit, Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit, von mir aus auch Religion geht. Seine Anführer wissen, dass es um die Neuverteilung der Privilegien geht.

Maglor
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Mo 26. Mär 2012, 21:06 - Beitrag #168

Im Herbst letzten Jahres ging noch das Gerücht flüchtige Gaddafi-Granden würde mit einem großen Militär-Konvoi der Tuareg nach Mali
absetzen. Diese Sache mit den Granden, Paladinen und Prinzen war nur ein Gerücht, die Sache mit den Tuareg nicht.

Zur Erfüllung der magloristischen Prophezeiung wird Mali seit Januar durch Tuareg-Aufstände erschüttert, die wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Rückkehr der libyschen Tuareg-Söldner samt schwerer Waffen in die Heimat zusammenhängen. Die dadurch eingetretene Destabilisierung Malis endete nun im Militärputsch. Der bisherigen mehr oder minder demokratisch legitimierten Regierung warf das Militär Inkkompetenz beim Kampf gegen die Tuareg-Rebellen vorgeworfen. Die rebellierenden Regierungssoldaten übernahmen die Macht.
Zusätzlich ist Mali noch einer Dürre betroffen, die angesichts der Ausbreitung der Sahara wohl zum Dauerzustand wird.

Der Krieg hat mit dem Sturz Gaddafis gerade erst begonnen. Die neuen Fronten sind in Syrien und Mali zu finden.
Der Streit der Libyer um die Autonomie und Aufteilung einzelner Region wird hingegen noch friedlich ausgetragen.
Aber vielleicht müssen die malinesischen Tuareg und die Revolutions-Dschihadisten ja bald zurück nach Libyen. :crazy:
Flüchtlingsmassen sind bereits in Bewegung.

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