Treuhand-Verkäufe nichtig

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Sa 21. Jan 2012, 02:10 - Beitrag #1

Treuhand-Verkäufe nichtig

Zitat von deutschlandfunk:Ein Kölner Firmenchef hat von der Treuhand-Anstalt einen Betrieb samt Gelände in Potsdam gekauft. Sein Anwalt hält den Kaufvertrag für nichtig und ist verwundert, dass die Gerichte das bisher nicht so sehen. Er vermutet politische Verwicklungen - denn auf den Bund könnten hohe Kosten zukommen, weil sein Mandant kein Einzelfall sei.


Ein Fall mit Sprengstoff, sowohl in finanzieller wie rechtlicher Hinsicht, offenbar ein Krimi mit Erpressung von Abgeordneten und über Nacht ausgetauschten Akten und Richtern, die grundlegend Recht brechen.
Der Fall im Interview nachzulesen hier

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
Sa 21. Jan 2012, 13:11 - Beitrag #2

In der Wendezeit ist mit den Privatisierungen ziemlich viel fragwürdig gelaufen. Die Treuhand hat da einige sehr schwerwiegende Fehler gemacht, war wohl auch mit der schieren Masse der Aufgaben überfordert. Übernahmen gutgehender Firmen für einen Euro, die dann ausgeschlachtet und mit respektablem Gewinn (überraschend^^) weiterverkauft wurden, sind das eine Extrem, in der Besatzungs- oder NS-Zeit (als Widerständler!) enteignete Altbesitzer und deren Nachkommen, denen ein Rückkauf ihrer Güter/Firmen auch zum Marktwert gezielt verweigert wurde, das andere.

Generell ist das aufbearbeitungsbedürftig, da wurde viel Politik betrieben und nebenbei wohl auch das eine oder andere exzellente Geschäft gemacht.

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Sa 21. Jan 2012, 14:25 - Beitrag #3

ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass die prekäre Arbeitsmarktsituation im Osten hauptsächlich auf die Treuhandisierung zurück zu führen ist. Ich bezweifele daher, dass es eine generelle Aufarbeitung geben wird, da müssten drei Viertel der Vorgänge wieder rückgängig gemacht werden. Falls es tatsächlich zu einer Prozesslawine kommen sollte, dürfte ein kleines Gesetz verabschiedet werden, das die damaligen Vorgänge als abgeschlossen und immun deklariert, fertig.

"Aufarbeitung", Lykurg, ist immer gut^^ was immer wieder fehlt, ist die Rückgängigmachung^^

Traitor
Administrator
Administrator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 17500
Registriert: 26.05.2001
Sa 21. Jan 2012, 14:45 - Beitrag #4

ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass die prekäre Arbeitsmarktsituation im Osten hauptsächlich auf die Treuhandisierung zurück zu führen ist.
Man sollte die Entwicklung in Ostdeutschland allerdings auch mit der im Rest Osteuropas vergleichen, und da geht es Ostdeutschland nicht gerade schlecht. Im Vergleich zum russischen Oligarchenwesen etwa hat die Treuhand doch geradezu vorbildlich im Volksinteresse gehandelt. ;)

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
Sa 21. Jan 2012, 14:49 - Beitrag #5

schlimmer geht immer^^ nur weil es woanders noch schlimmer war, heißt das nicht, dass es bei uns gut war^^ vielleicht war bei uns nur einfach nicht mehr zu holen^^

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Sa 21. Jan 2012, 18:22 - Beitrag #6

Lykurg, wenn Notare systematisch bei Grundstücksverkäufen das Verlesen der Inventarlisten und ähnliches unterlassen, dann ist das IMHO nicht mehr mit Überlastung zu erklären, davon ab ist es für mich fragwürdig, wenn Überlastung von Gerichten hinterher als Begründung akzeptiert wird.
Hier kommt noch hinzu, daß ein Gericht systematisch mehrfach den groben Formfehler des Notars hat durchgehen lassen. Genauer, das Kammergericht Berlin. Nachtigall... :rolleyes:

Dann: Der Petitionsausschuss es Bundestages hatte die Petition angenommen, dies war auch schriftlich festgehalten
In der Nacht vor der Verlesung wurde dieser Textteil gegen das Gegenteil ausgetauscht.
Herr Pofalla hat zudem Druck auf Abgeordnete ausgeübt, die der Petition zustimmen wollten.

Allerdings sehe ich einen Punkt: Einem Unternehmer, der einigermaßen kundig ist, sollte ein derartiger Formfehler des Notars eigentlich auffallen, mit entsprechendem Ausgang des Termins...
Ob das aber für eine Ablehnung des Antrags auf Rückabwicklung reicht, wage ich zu bezweifeln.

Lykurg
[ohne Titel]
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 6865
Registriert: 02.09.2005
So 22. Jan 2012, 19:56 - Beitrag #7

Ich weiß nicht, wie lang diese Inventarlisten sind, wie notwendig es ist, sie öffentlich zu verlesen bzw. unter welchen Umständen man das unterlassen kann, sehe ohnehin nicht den Sinn darin, eine Liste zu verlesen, vorausgesetzt, man kann sie nachträglich einsehen, und sehe darin also möglicherweise einen Formfehler, aber noch nicht das Anzeichen einer Bösartigkeit größeren Ausmaßes.

Rückgängigmachen - nach so vielen Jahren... im Prinzip hätte man auch die kompletten Enteignungen der Kollektivierung rückgängig machen können, sollen und müssen, die waren ja auch unrechtmäßig - ganz abgesehen von denen in der Nazizeit - aber wenn man das schon nicht getan hat, warum sollte man es mit den Fehlern der Treuhand jetzt anders halten? ;)

Ipsissimus
Dämmerung
Lebende Legende

Benutzeravatar
 
Beiträge: 10251
Registriert: 29.10.2004
So 22. Jan 2012, 22:47 - Beitrag #8

[Moral-Tag ein]weil es nochmal eine Chance ist, Unrecht wieder gut zu machen[/Moral-Tag aus]

Ipsi, du bist so naiv^^

janw
Moderator
Moderator

Benutzeravatar
 
Beiträge: 8488
Registriert: 11.10.2003
Mo 23. Jan 2012, 02:18 - Beitrag #9

Lykurg, Immobilienkaufverträge bedürfen zwingend der notariellen Beurkundung, bei welcher der komplette Vertragsinhalt zu verlesen ist. Das Problem ist, daß ohne die vollständige Verlesung des Vertragsinhaltes der Vertrag schlicht und einfach nichtig ist, das eigentum ist nicht wirksam auf den Käufer übergegangen, er hat aber möglicherweise den Kaufpreis bezahlt.
Damit kann dann im Falle des Verkaufs von Staatseigentum eine Gemeinde eine satzung erlassen, ohne den Besitzer zu informieren, da dieser ja nicht wirksamer Eigentümer ist.
Im Grunde sind bei einer solchen Praxis abenteuerlichste Folgen denkbar, wie z.B. Doppelvermarktung oder spätere Forderungen von Nutzungsentgelten, oder auch die Inanspruchnahme von Flächen für staatliche Bauvorhaben, ohne daß die Besitzer entschädigt werden müssten. Griechische Verhältnisse^^


Zurück zu Politik & Geschichte

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste

cron