Es ging mir gar nicht um eine fehlende demokratische Legitimierung Allendes. Diese war zwar dünn (die Kongressmehrheit war bei den Christdemokraten und auch die breite Mehrheit der Bevölkerung hatte bei den Präsidentschaftswahlen für konservative oder christdemokratische Kandidaten gestimmt), aber vorhanden; ohne ein Kenner der chilenischen Verfassung zu sein, gehe ich deshalb (in dubito pro reo) davon aus, dass sein Handeln rechtsstaatlich legitimiert war.
Worum es mir ging, war, dass politisches Handeln ganz andere Konsequenzen haben kann, als es geplant war. Allende wollte wohl (grob gesprochen) Wohlstand für die Massen. Ist es so gelaufen, wie er es wollte? Eher nicht. Man kann das immer wem anders in die Schuhe schieben (die sicherlich auch einigen Anteil daran hatteN); es bleibt dabei, dass seine Handeln andere Konsequenzen hatte, als er wollte.
Es begann ja auch nicht erst mit dem Putsch. Nach anfänglichen guten Erfolgen sah es bald schon anders aus: große Inflation, Lebensmittel mussten im großen Stil importiert werden, es gab große Streiks. Natürlich litt dabei Chile auch unter Handelsembargos, aber das ist eine Konsequenz von der Enteignung ausländischer Konzerne, die nicht überraschend kommen sollte. Vielleicht hätte sich die Situation wieder normalisiert, wenn Pinochet nicht geputscht hätte, aber man kann nicht sagen, dass die Probleme erst damit begannen. (und auch nicht, dass eine Politik von der breiten Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wurde)
Dass bei einem Putsch, der geheim bleiben muss vor der Ausführung, nur 5000 Leute involviert waren, überrascht mich wenig. Aber mir geht es ja auch gar nicht darum, diesen Putsch oder Pinochet zu rechtfertigen; es geht mir darum, dass es bei einer politischen Handlung überhaupt nicht klar sein muss, wem sie nutzt (selbst wenn die grundlegenden Wirkprinzipien einfach sein mögen).
20000 qm Land von Großgrundbesitzern an eine große Zahl Kleinbauern übergeben
Du meinst vermutlich nicht wirklich nur 2 Hektar. Das müssten schon Kleinstbauern sein, um 2 Hektar auf eine große Anzahl von Leuten aufzuteilen

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Die Mächtigen sind Subjekte der Macht, was bedeutet, dass sie Ausführende der strukturellen Gewalt sind.
Auch Gandhi und Konsorten, nur Ausführende von struktureller Gewalt? Wenn ja, dürfte es ein sehr neutraler Gewaltbegriff sein, der ungefähr synonym mit, wie soll ich sagen, Macht ist?
Alle mir bekannten sich demokratisch gebenden Staaten und überstaatlichen Organisationen wie die EU dulden im Herzen ihrer Staatsform einen vollständig und ganz und gar demokratiefeindlichen Mechanismus, nämlich Lobbyismus.
Lobbyismus kann nicht der direkte Grund sein. OK, Interessengruppen reden mit Politikern, um ihre Interessen durchzusetzen, von Industrievertretern bis Naturschützern. Aber die Frage bleibt: warum machen die Politiker das, was ihnen erzählt wird?
Neben Lobbyismus bildet die Bürokratie eine demokratiefeindliche Glättungsschicht, indem sie durch Ausführungsbestimmungen für Gesetze verbleibende Restunterschiede von Parteien im Sinne der Maßgaben von struktureller Gewalt nivelliert.
Auch das scheint mir übertrieben negativ formuliert. Demokratiefeindlich mag Bürokratie sein; aber sie ist auch eine notwendige Voraussetzung dafür, dass der Staat funktioniert. Und das Funktionieren des Staates ist eine sehr praktische Sache auch für das Wohlergehen der Bewohner dieses Staates.
Die Frage, was für wen ist, der Staat für die Bürger oder die Bürger für den Staat, halte ich für eine subtile Frage, die sicherlich eine eigene Erörterung verdienen würde.
Eine erkenntnistheoretische Maxime, die ich sicherlich nicht vertrete, ist jedenfalls: Alles ist einfach genug, dass ich es zumindest im wesentlichen ohne eingehendste Beschäftigung verstehen kann. [Zumindest in Bereichen, wo ich mich etwas, auskenne, also Mathematiker und (sehr viel weniger) Physik, weiß ich jedenfalls, dass diese Maxime falsch ist.]