Merkel feuert Umweltminister Röttgen

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janw
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Do 17. Mai 2012, 20:22 - Beitrag #1

Merkel feuert Umweltminister Röttgen

Am Mittwoch hat Frau Merkel den Umweltminister Röttgen entlassen. Dieser hatte zuvor für die CDU bei der Landtagswahl in NRW für das Amt des Ministerpräsidenten kandidiert, allerdings eine Mitwirkung in der Opposition nach einem möglichen Verlust der Wahl ausgeschlossen, und kurz vor der Wahl sinngemäß geäußert, über die Frage der Amtsausübung müsse "bedauerlicherweise" das Volk entscheiden.
Nachdem er die Wahl mit einem dramatischen Stimmverlust für die CDU verloren hatte, war er vom Posten des Landesvorsitzenden der CDU in NRW zurück getreten.
Am Montag nach der Wahl hatte der Bayrische Ministerpräsident Seehofer in einem Interview mit den "tagesthemen" nach dem offiziellen Ende des Interviews Röttgen in einer Tirade massiv angegriffen, dieser habe in einem Gespräch am Sonntag Kritik an seinem Vorgehen im NRW-Wahlkampf "abtropfen" lassen, nun habe Seehofer "über die Bild-Zeitung" mit ihm kommuniziert.

Aus Kreisen der Koalition wird berichtet, man habe Röttgen am Montag den Rücktritt vom Ministeramt nahegelegt, was er zurückgewiesen habe, und dies sei am Dienstag erneut geschehen unter Ablehnung seitens Röttgen.
Am Mittwoch habe Merkel dann den Bundespräsidenten um Entlassung des Ministers gebeten.
Als Nachfolger wurde der Fraktionsgeschäftsführer Altmaier nominiert, der vor allem im Bereich Inneres und Recht bekannt geworden war.

Aus der CDU gibt es erheblichen Unmut an der Entlassung Röttgens.

So viel zur Lage.


Wie seht Ihr das?
Für mich hat Röttgen als Umweltminister eher wenig bewegt. Im Bereich des Atomausstiegs hat er mit seinem Bestreben, neben dem Bundesamt für Strahlenschutz ein neues Amt für nukleare Entsorgung zu schaffen, das seinem Ministerium unterstehen würde, die nötige Zusammenarbeit der Beteiligten an einem notwendigen bundesweiten Endlagerkonzept ausgebremst, indem er alte Vorbehalte reaktiviert und damit alte Gräben wieder aufgerissen hat.
Im Bereich der Planung neuer Leitungstrassen wurde ebenfalls kein Fortschritt erreicht, hier besteht nach wie vor ein Sammelsurium unterschiedlichster Angaben zum Bedarf zwischen einigen hundert und Tausenden Kilometern, divergierenden Konzepten mit regionalen Verbundnetzen, Gleichstromsystemen u.ä., Sprachlosigkeit und Misstrauen zwischen Planern, Verbänden und betroffenen Bürgern, dazu offensichtlich überforderte Betreiber (TenNet).
Im Bereich des Naturschutzes bestehen ebenso Defizite.

Mit seinem Agieren im Wahlkampf hat Röttgen seinem Amt geschadet, indem er es gewissermaßen zur Verfügungsmasse im Falle seines Wahlsieges gemacht hat.

Lykurg
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Do 17. Mai 2012, 22:56 - Beitrag #2

Röttgen hat der Union mit einem halbherzig und ungeschickt geführten Wahlkampf massiv geschadet. Er hat eine schwierige Wahl, einen Personenwahlkampf, im Vorfeld zu einer Entscheidung über die Berliner Politik deklariert und damit anderen eine Verantwortung für seine eigene (Fehl-)Leistung zugeschoben. Er hat darüber hinaus einen anfänglichen Vorsprung von mehr als drei Prozentpunkten in Umfragen verspielt und in eine krachende Niederlage verwandelt - das, obwohl Kraft durch einige sehr ungeschickte Äußerungen und eine äußerst fragwürdige politische Zielsetzung recht leicht ins politische Abseits zu manövrieren gewesen wäre.

Mangelnder Risikowille, ein Lavieren, das ihm zu Recht als Halbherzigkeit ausgelegt wurde, hat dazu beigetragen. Wie kann ein Bundesminister sich erlauben, sein Amt mehrere Monate ruhen zu lassen, um Wahlkampf zu führen? Und wie stellte er es sich vor, nach einer solchen Katastrophe wie der hier von ihm direkt verschuldeten unbeschadet in sein Amt zurückzukehren? Er hat in NRW andere beiseitegeboxt, um auf beiden Hochzeiten zu tanzen. Das war überaus unvernünftig, schädlich eben nicht nur für ihn, sondern für sein Land und seine Partei. Nun hat er immerhin Zeit, über all das nachzudenken.

Ipsissimus
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Do 17. Mai 2012, 23:20 - Beitrag #3

zum Glück für die CDU ist die SPD auf Bundesebene nach wie vor in einem desolaten Zustand. Ich erwarte gegenseitige Zerfleischung der möglichen Kanzlerkandidaten bis kurz vor der Wahl.

Röttgen, tja. Man kann das Wahlvieh für Idioten halten, wenn man aber Stimmen braucht, darf man das nicht in der Öffentlichkeit bekunden, weder in Wort noch in Tat. Röttgen erlaubte sich beides. Und Merkel agierte bewundernswert, schickt ein überblähtes Ego nach Düsseldorf, schnappt sich eine Tüte voll Popcorn, guckt zu und entsorgt hinterher die Überreste. Das Problem ist nur, dass damit als letzte ernstzunehmende Nachfolgerin von der Leyen übrig bleibt, die Schröder ist zu blöd und alle anderen sind machtlos.

Amely67
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Fr 18. Mai 2012, 11:33 - Beitrag #4

Es kann alles nur besser werden, wenn ein Mann aus seinem politischen Amt entlassen wird, der bedauert, dass das Volk die Wahl mitbestimmt.

janw
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Fr 18. Mai 2012, 11:40 - Beitrag #5

Sehe ich alles recht ähnlich, aber warum nun die Kritik an Merkels Entscheidung?
Lammert bedauert Röttgens Rauswurf, Bosbach verknüpft seine Kritik mit einer Forderung nach "mehr Menschlichkeit in der Politik" - Angst davor, wen als nächstes das Küchenbeil ereilen könnte?

Steckt vielleicht mehr dahinter, hatte Seehofer mit "Bild" etwas lanciert, dem Merkel zuvorkommen wollte, oder war Röttgen für Merkel vielleicht schon länger kein Garant für die Umsetzung der Energiewende mehr, und es war nun Zeit für den Schlussstrich?

Ich fand die Proteste aus der Opposition nicht wirklich langanhaltend, als Röttgen die Wahl für bedauerlicherweise nötig befand, keine Bewegung aus dem Netz, kein Sturm im Blätterwald, zumindest nicht lang anhaltend...
Hat da einer gesagt, was alle denken, und man steht etwas betroffen...?

Ich sehe es ähnlich, daß der Politik die Talente ausgehen. Mal sehen, wie Altmaier sich macht. Aus dem Saarland ist ja schon manches Gute gekommen^^

Ipsissimus
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Fr 18. Mai 2012, 12:20 - Beitrag #6

ihr glaubt doch nicht, dass es noch viele - wenn überhaupt - Mächtige gibt, die das wesentlich anders sehen als Röttgen. In Griechenland sieht man gerade, was von Volksentscheiden gehalten wird, die nicht das legitimieren, was von "Experten" für unerlässlich gehalten wird. Aus meiner Sicht geht das Modell Demokratie dem Ende entgegen. Wer kritisierte denn die Merkel? Wichtige Leute?

Altmaier ist nach vielen schlechten Alternativen aus meiner Sicht eine der aktuell besten verfügbaren

janw
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Fr 18. Mai 2012, 12:53 - Beitrag #7

Nein, wirklich glauben tue ich es nicht.
Demokratie, was kommt danach? Ist die Komplexität der Welt ein Problem?

Naja, Bosbach und Lammert sind keine Hinterbänkler...

Vielleicht hat auch Röttgens Dauerfehde mit Rösler zu seiner Entlassung beigetragen, dadurch Stützung der FDP und des bayrischen Landesverbandes der CDU.

e-noon
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Fr 18. Mai 2012, 13:04 - Beitrag #8

In Island gibt sich gerade das Volk eine eigene Verfassung. Es gibt also auch gegenläufige Tendenzen. Was einzelne im Ärger sagen, ist vielleicht nicht allzu entscheidend für die politische Realität. Dass Teile der Bevölkerung keine inhaltlich fundierte Wahl treffen können, ist vielleicht sogar wahr. Im Übrigen ist eine menschenrechtsbasierte Verfassung wichtiger als möglichst hohe Anteile an direkter Demokratie.

Ipsissimus
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Fr 18. Mai 2012, 13:46 - Beitrag #9

Und warum ist das in Island möglich? Weil ein Komiker Regierungschef wurde^^

Im Übrigen ist eine menschenrechtsbasierte Verfassung wichtiger als möglichst hohe Anteile an direkter Demokratie.
also besser eine menschenrechtsbasierte Monarchie? Kann sein^^ das Problem ist nur: Macht korrumpiert


Ich denke schon, Jan. Komplexität verlangt nach einfachen, leicht nachvollziehbaren und logisch einsichtigen falschen Lösungen.

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Fr 18. Mai 2012, 15:22 - Beitrag #10

Lieber als eine menschenrechtsferne Demokratie. Das Ideal ist natürlich trotzdem eine menschenrechtsbasierte Demokratie. :)

Ipsissimus
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Fr 18. Mai 2012, 15:34 - Beitrag #11

das Problem ist im einen wie im anderen Falle dasselbe: Wer kontrolliert die Mächtigen? Und im einen wie im anderen Falle: das Volk ganz sicher nicht.

janw
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Fr 18. Mai 2012, 21:37 - Beitrag #12

Wieviel Macht hat die Macht, wenn sie maximal kontrolliert wird?

Wie man's macht, man macht's verkehrt, aber Hauptsache einfach, nachvollziehbar und logisch korrekt?^^


e-noon, in meinen Augen sind wir bei etwas angekommen, das man als Mediokratie bezeichnen könnte, ein leicht doppeldeutiger Begriff.
Formal regieren Leute, die direkt oder als Repräsentanten ihrer Gruppen (Parteien) gewählt worden sind.
Konkret wird aber ihr Regierungshandeln durch Intervention von Interessengruppen gesteuert, die sich der Medien bedienen, die dabei zudem selbst Agenden verfolgen, der Anspruch "4.Gewalt" zu sein, sagt alles.

Wenn Island ein Modell für Deutschland wäre, dann hätte jeder Bundesbürger einen Ort, an dem er sich mit Ackerbau, Viehzucht oder Fischerei ernähren könnte, und in jeder Familie gäbe es einen, das dazu in der Lage ist und den Rest mit durchzieht.

Lykurg
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Sa 19. Mai 2012, 03:20 - Beitrag #13

Bosbach wurde verschiedentlich als persönlicher Freund Röttgens bezeichnet, insofern überrascht mich sein Protest nicht weiter, und Lammert, den ich schätze, äußert oft sehr direkt seine Meinung zu Vorgängen, die seiner Meinung nach nicht den Spielregeln entsprechen. Ansonsten habe ich aus der Union nicht viele kritische Stimmen vernommen, dagegen gab es wohl viele, die sich laut oder leise über Röttgens Umgang mit der Wahl empörten. Seehofer war natürlich ein besonders gewichtiger Punkt davon; hier hatte Merkel eine gute Gelegenheit, ihn nach den Querelen der letzten Wochen, einschließlich seines Boykotts gemeinsamer Sitzungen des Koalitionsausschusses, durch Erfüllung eines Wunsches die CSU wieder ins Boot zu holen.

Eine Richtungsentscheidung hin zu mehr oder weniger Demokratie oder Griechenlandisierung oder was auch immer sehe ich dort allerdings überhaupt nicht. Die Wahlbeteiligung entsprach der vorigen Wahl; die Union hat aufgrund eines ungeschickten Kandidaten, der eine in jeder Hinsicht halbherzige Politik versprach, eine massive Niederlage eingefahren, seine Gegnerin zwar deutlich Stimmen hinzugewonnen, aber auch keinen einzigartigen Sieg davongetragen - die relative Stärke der Liberalen ist ein Zeichen dafür, daß es durchaus noch ein Potential rechts der Roten gibt, die, apropos, mit ihrem Ergebnis definitiv nicht zufrieden sein können und jeder Art von Ausdeutung der Wahl als Protest entgegenstehen. Entsprechend scheinen auch die Piraten gerade mit hohem Tempo zu reifen.

Traitor
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Sa 19. Mai 2012, 11:14 - Beitrag #14

Was an Röttgens Entlassung zu kritisieren ist, ist die unprofessionelle Amtsauffassung Merkels, auf die sie hindeutet. Diese Entscheidung macht doch sehr den Eindruck, dass Merkel im siebten Kanzlerjahr inzwischen, wie schon die späten Kohl und Schröder, eine Stufe des Machterlebens erreicht hat, auf der sie Amt, Regierung und Land als persönlichen Besitz betrachtet und halt eben einfach mal so jeden persönlich entlassen kann, der ihr nicht mehr gefällt. Technisch gesehen hat sie zwar nur dem Bundespräsidenten einen Entlassungs"vorschlag" gemacht, aber es war doch ein ganz eindeutiges "egal, was Röttgen selbst sagt, und ohne, dass Partei, Kabinett oder Parlament dazu befragt werden müssten, und der Präsident, ja, der unterschreibt schon brav - ICH werfe den jetzt raus, weil das gut so ist".

Taktisch gesehen hat sie wohl durchaus Recht damit gehabt, Röttgen war nach seiner Selbstdemontage nur noch von Nachteil für Partei und Regierung und hätte vermutlich in so einer miesen Machtposition auch nichts mehr für sein Ressort bewegen können. Und sogar menschlich, denn wer sich so an sein Amt klammert, hat es wohl nicht mehr verdient.

janw
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Sa 19. Mai 2012, 11:43 - Beitrag #15

Als Freund hätte ich Röttgen von seinem Vorgehen abgeraten, wenn ihm an der Freundschaft gelegen sei.
Bosbach fährt in Sachen Umgang mit Straffälligen einen deutlichen law and order-Kurs, dessen Disziplinforderungsanteil IMHO in dieser Sache angemessen gewesen wäre.
Lammert schätze ich auch sehr, vielleicht ging es ihm um Wahrung der Spielregeln, stimmt schon.
Allerdings hatte Röttgen diese zuerst gebrochen - u.a. auch damit, daß er die Wahl zu einer Art Entscheidung über Merkels Politik erklärte.
Gut, mag sein, daß die restlichen kritischen Stimmen aus seinem Landesverband kamen und mehr um den parteiinternen Proporz besorgt waren.

Letztlich hätte man gewarnt sein dürfen, Röttgen hatte schonmal einen Spagat zwischen Lobbyist des BDI und Parlamentarier versucht, den ihm seine Frau mit Mühe ausgetrieben hat.

Traitor, diese Amtsauffassung Merkels verbinde ich vor allem mit ihrer Äußerung in der causa Guttenberg, sie habe "keinen Akademiker" eingestellt.
Es wäre wenn bedauerlich, wenn der Bundespräsident dem hier gefolgt wäre.

Ich denke, es geht abgesehen von Röttgens indiskutablem Verhalten, Merkel vor allem darum, daß die von ihr angesteuerten Ziele vor 2013 noch einigermaßen erreicht werden, um dann bei der Wahl auf Erreichtes verweisen zu können. Dafür war Röttgen wohl kein Garant mehr.

Traitor
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Sa 19. Mai 2012, 11:58 - Beitrag #16

Es wäre wenn bedauerlich, wenn der Bundespräsident dem hier gefolgt wäre.
"Dem hier"? "Wäre"? Guttenberg oder Röttgen? :confused:

Ich denke, es geht abgesehen von Röttgens indiskutablem Verhalten, Merkel vor allem darum, daß die von ihr angesteuerten Ziele vor 2013 noch einigermaßen erreicht werden, um dann bei der Wahl auf Erreichtes verweisen zu können. Dafür war Röttgen wohl kein Garant mehr.
Ich bezweifle sehr, dass es ihr inhaltlich um das Umweltministerium ging. Es wird Merkel nur um das eine angesteuerte Ziel 2013, die Wiederwahl, gegangen sein. Sie wollte keinen öffentlich als Verlierer und Dissident abgestempelten Minister in ihrer Truppe haben, der nur noch schmollt und Negativschlagzeilen produziert.

Ipsissimus
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Sa 19. Mai 2012, 12:27 - Beitrag #17

na ja, so ganz unwichtig ist das Umweltministerium derzeit nicht. Merkel hat sich mit der Energiewende auf ein riskantes Spiel eingelassen, das muss funktionieren, weil es alles zerstören kann. Und Röttgen war dem erkennbar nicht gewachsen, ob aus Unfähigkeit oder weil er auf der anderen Seite steht, sei dahin gestellt

Traitor
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Sa 19. Mai 2012, 12:39 - Beitrag #18

Ganz unwichtig ist das Umweltthema nicht. Aber gilt das auch für das Umweltministerium? Röttgen hat sich doch post-Fukushima nur darin gesonnt, dass Merkel auf seinen Kurs einschwenkte, als dass er an diesem Schwenk wirklich mitgewirkt hätte. Ich denke, das Umweltministerium ist derzeit eine reine Umsetzungsbehörde des zentralen Regierungskurses.

Lykurg
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Sa 19. Mai 2012, 12:43 - Beitrag #19

Zitat von Traitor:Was an Röttgens Entlassung zu kritisieren ist, ist die unprofessionelle Amtsauffassung Merkels, auf die sie hindeutet. Diese Entscheidung macht doch sehr den Eindruck, dass Merkel im siebten Kanzlerjahr inzwischen, wie schon die späten Kohl und Schröder, eine Stufe des Machterlebens erreicht hat, auf der sie Amt, Regierung und Land als persönlichen Besitz betrachtet und halt eben einfach mal so jeden persönlich entlassen kann, der ihr nicht mehr gefällt. Technisch gesehen hat sie zwar nur dem Bundespräsidenten einen Entlassungs"vorschlag" gemacht, aber es war doch ein ganz eindeutiges "egal, was Röttgen selbst sagt, und ohne, dass Partei, Kabinett oder Parlament dazu befragt werden müssten, und der Präsident, ja, der unterschreibt schon brav - ICH werfe den jetzt raus, weil das gut so ist".
Das sehe ich völlig anders. Minister können laut §9,2 BMinG jederzeit entlassen werden]kann[/i] die Unterschrift sicher hinauszögern, aber es ist nicht 'seine Entscheidung', geschweige denn, daß er aus eigenem Antrieb eine Entlassung aussprechen könnte - etwa im Fall Guttenberg - das wäre ein Schritt Richtung Präsidialrepublik.

Zitat von janw:Ich denke, es geht abgesehen von Röttgens indiskutablem Verhalten, Merkel vor allem darum, daß die von ihr angesteuerten Ziele vor 2013 noch einigermaßen erreicht werden, um dann bei der Wahl auf Erreichtes verweisen zu können. Dafür war Röttgen wohl kein Garant mehr.
Dem stimme ich zu, mehr noch, Röttgens Verbleiben im Amt wäre eine massive Gefährdung für dieses Ziel geworden.

Traitor
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Sa 19. Mai 2012, 13:00 - Beitrag #20

Was laut Gesetz die notwendigen formalen Umsetzungsschritte sind und was die realen oder wünschenswerten Entscheidungsfindungsprozesse sind, hat ziemlich wenig miteinander zu tun. Dass eine jede nicht durch äußere Umstände erzwungene Ministerentlassung größeren Medienaufruhr verursacht, deutet für mich deutlich darauf hin, dass das Dienstverhältnis eines Ministers per interner und öffentlicher Konvention kein persönliches zum Kanzler sein soll, sondern eines zur Öffentlichkeit, und dementsprechend eine Entlassung im Alleingang als ebenso unprofessionell zählt wie andere Alleingänge oder Hinterzimmermanöver.
Warum sollte ich keine Parteirücksprache wünschen? Lieber wäre mir, wenn das ganze Parlament gefragt würde, aber dafür bräuchte es tatsächlich eine rechtliche Grundlage. Da ist ein Konsens in der den Minister und die Regierung stellenden Partei zumindest schonmal eine realistischere grobe Annäherung an eine breitere Legitimation.

Was ich von präsidialer Unterschriftsverweigerungsrechtswahrnehmung halte, habe ich schon oft genug geäußert, glaube ich. ;) Und auch davon abgesehen wäre das hier sicher kein angemessener Amtsakt für eine solche.

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