Europas Schande

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Ipsissimus
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Fr 25. Mai 2012, 18:24 - Beitrag #1

Europas Schande

Europas Schande
Ein Gedicht von Günter Grass


Dem Chaos nah, weil dem Markt nicht gerecht,
bist fern Du dem Land, das die Wiege Dir lieh.

Was mit der Seele gesucht, gefunden Dir galt,
wird abgetan nun, unter Schrottwert taxiert.

Als Schuldner nackt an den Pranger gestellt, leidet ein Land,
dem Dank zu schulden Dir Redensart war.

Zur Armut verurteiltes Land, dessen Reichtum
gepflegt Museen schmückt: von Dir gehütete Beute.

Die mit der Waffen Gewalt das inselgesegnete Land
heimgesucht, trugen zur Uniform Hölderlin im Tornister.

Kaum noch geduldetes Land, dessen Obristen von Dir
einst als Bündnispartner geduldet wurden.

Rechtloses Land, dem der Rechthaber Macht
den Gürtel enger und enger schnallt.

Dir trotzend trägt Antigone Schwarz und landesweit
kleidet Trauer das Volk, dessen Gast Du gewesen.

Außer Landes jedoch hat dem Krösus verwandtes Gefolge
alles, was gülden glänzt gehortet in Deinen Tresoren.

Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare Claqueure,
doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück.

Verfluchen im Chor, was eigen Dir ist, werden die Götter,
deren Olymp zu enteignen Dein Wille verlangt.

Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land,
dessen Geist Dich, Europa, erdachte.

http://www.sueddeutsche.de/kultur/gedicht-von-guenter-grass-zur-griechenland-krise-europas-schande-1.1366941

Lykurg
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Sa 26. Mai 2012, 07:32 - Beitrag #2

Oops, he did it again.

Die Empörung dürfte kleiner sein,
immerhin geht es nicht um Israel.

Die Tiefe seiner Analyse ist
vergleichbar, schafft er es doch,

nicht Zusammenhängendes zu verknüpfen
und diskursrelevante Dinge wegzulassen.

Er hätte Schuldige nennen können,
das Verdikt 'Korruption' ist geläufig.

Auch der Hergang kümmert ihn nicht,
nur "dem Krösus verwandtes Gefolge".

Er hat sich sogar um ein Metrum bemüht,
nicht wirklich erfolgreich, aber bemüht.

Im Gegensatz zum anderen Text
sehe ich hierin immerhin

ein paar gelungene Formulierungen,
die auch morgen noch gültig sein könnten.


----

Angesichts dieser neuen grassen Masche erwarte ich ein Gedicht, das den Untergang Europas durch amerikanische Umweltverschmutzung (mitverschuldet durch NS-Raketenwissenschaftler) und eines, das den Untergang Europas durch einen chinesischen Eroberungskrieg (begründet durch die Hunnenrede und das Massaker von Nanjing) vorsieht. Verpaßt hat er ja leider den Untergang Europas durch die arabische Rebellion, wobei er darüber immer noch schreiben kann, vielleicht hat er ein bißchen recht damit, und wenn nicht: macht nichts, ist ja Kunst.

Lykurg
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Sa 26. Mai 2012, 09:46 - Beitrag #3

Hübsch das Gedicht von Wolfgang Töpler auf Faz.net:
Nur schwer ist dieses Machwerk zu ertragen!
Grass hat mal wieder wütend zugeschlagen.
Nur dumm, dass er erneut die Falschen trifft:
Den Rettern, nicht dem Prasser gilt sein Gift.
Er hätte besser Griechenland der Welt
als abschreckendes Beispiel hingestellt:
Ihr Völker, schaut, was jenem widerfährt,
der nicht der Väter Erbe nutzt und mehrt!
Denn selbstverschuldet sind des Landes Nöte.
Wie weise mahnte schon der alte Goethe:
«Was du ererbt von deinen Vätern hast,
erwirb es, um es zu besitzen!
Was man nicht nützt, ist eine schwere Last;
nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen.»
Ihr Griechen habt ja nichts damit gewonnen,
euch nur im Ruhm der alten Zeit zu sonnen,
als Weisheit, Kunst und Wissenschaft sich regten
und genial Europas Basis legten.
Das Heute zählt! Wacht auf, ihr trägen Geister!
Denn nur durch Fleiß wird der Begabte Meister!
Doch ist es leicht, die andren zu belehren.
Wir sollten vor der eignen Haustür kehren!
Wenn Deutschland Fleiß und Ehrlichkeit verliert,
dann ist auch unsre Zukunft ruiniert!

e-noon
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Sa 26. Mai 2012, 11:43 - Beitrag #4

Völlige Zustimmung zu Lykurgs vermuteter Meinung. ^^

Das Gedicht von Wolfgang Töpler ist deutlich schöner als das von Grass, das ich als überflüssig und leicht peinlich empfinde - so völlig offensichtlich ein beliebiges aktuelles Thema auswählend, weil das ja beim letzten Mal so gut geklappt hat. Ab einem gewissen Alter ist allzu offensichtliches Heischen nach Aufmerksamkeit etwas erbärmlich (bei Kindern ist es noch entschuldbar, finde ich). Außerdem, wie Lykurg bereits sagte, ist das Gedicht inhaltlich mangelhaft und auch nicht lyrisch wertvoll.

Ipsissimus
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Sa 26. Mai 2012, 12:46 - Beitrag #5

ich habe mich schon oft gefragt, warum unbedingt Gedicht sein will, was als Kurzprosa völlig ausreichend charakterisiert wäre. Gedichte sind ganz offensichtlich so gar nicht des Grassens Ding. Allerdings ist es nicht der Inhalt, der seinen Text fragwürdig macht.

Der Replik von Töpler kann ich inhaltlich nur schärfstens widersprechen.

Traitor
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Sa 26. Mai 2012, 14:53 - Beitrag #6

Formell halte ich davon deutlich mehr als vom Vorgänger. Wie Lykurg sagt, enthält es zumindest einzelne nette Formulierungen. Und "Kurzprosa" kann man es definitiv nicht mehr nennen, es reimt sich zwar nicht, aber eine Metrik ist durchaus existent, und es wird kein normaler Satzbau mehr benutzt ("Verse" 4, 6, 7 haben z.B. überhaupt keine Verben), und somit muss es wohl Lyrik sein.

Inhaltlich bezweifle ich vor allem die Gleichsetzung von Alt- und Neugriechenland, die schon von der Presse oft unzulässig übertrieben wurde, hier aber völlig themenverfehlend wird. Insbesondere der Schlussvers - was trägt das moderne Griechenland denn bitte zum geistigen Leben Europas bei, außer eine Handvoll auswandernder Jungakademiker?

Am gelungendsten finde ich noch den Verweis auf Athener Junta-Tage - dass die aktuelle Volksmeinung dort kritischer gesehen und offener kritisiert wird als damals die Diktatur, ist schon eine historische Absurdität.

Der Weltkriegs-Bezug wirkt hier aber vollkommen fehl am Platze, hat die Qualität eines "keine Veröffentlichung ohne".

Zu Töpler: Dass Griechenland eben kein "der Väter Erbe" hat, ist doch Kern des Problems. Es ist keine Fortsetzung antiker Reiche, sondern nur eine osmanische Ex-Kolonie, die nie die Chance hatte, sich wirklich hochzuwirtschaften. Indem er Grass nur auf der Ebene des Altgriechen-Vergleiches antwortet, fällt er quasi auf dessen Manöver herein.

Maglor
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Sa 26. Mai 2012, 16:34 - Beitrag #7

Grass Gedicht zu den Griechen ist mir in weiten Teilen unverständlich.

Ich bin ebenfalls der Meinung, dass das heutige Griechenland mit den antiken Hellenen wenig bis gar nichts zu tun hat. Im Grunde handelt es sich um allenfalls byzantinische Hinterlassenschaft, christliche Türkei, Balkan-Power ..., die vielleicht im Geiste Hölderlins von den Wittelsbachern adoptiert wurde. (Die griechische Staatsverschuldung ist auch fast das einzige westeuropäische Element der Staatstradition, wurde sie doch direkt von den deutschen Königen Griechenlands eingeführt.)

Und der antike griechische Geist ist auch alles andere als die Wiege Europas. Alles was einst wahrhaft griechisch war, gilt heute als fremd, exotisch oder gar pervers. Das neuzeitliche Griechenland, dass sind bärtige Pfaffen mit goldenen Kronen, peleponnesische Blutrache und balkanesischer Chauvinismus. Nichts ist geblieben.

janw
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So 27. Mai 2012, 15:31 - Beitrag #8

Das Problem ist aber, daß die antike Vergangenheit Griechenlands und die daraus abgeleitete Wurzelrolle für Demokratie und europäische Grundwerte der ausschlaggebende Grund gewesen sind, daß Griechenland trotz bekannter Probleme in der Finanzverfassung und Verwaltungsstruktur und trotz bekanntermaßen manipulierter Wirtschaftsdaten in die Eurozone hinein genommen wurde.
Wenn man diese Gründe nun plötzlich für nicht relevant erklärt, dann erklärt man die Einführung des Euro in ganz wesentlichen Teilen für irrational motiviert.

In meinen Augen kann man nur entweder sagen "wir hatten komischen Nebel vor Augen, bzw. unsere Amtsvorgänger hatten da wohl einen kollektiven intellektuellen Ausfall" - und dann müssten sich auch die Banken diesen Schuh anziehen, da sie ja ebenso in entsprechenden Führungsstellen um die Probleme wussten - und daraufhin alle seit dem aufgelaufenen Schulden streichen, zumindest alle Zinsschulden, oder man muss weiter zu dem Argument der Wurzelrolle stehen und dem großen "Stammvater" Griechenland den Respekt zollen, der ihm in einer solchen Rolle zukäme.
Das würde dann auf eine kollektive Verteilung der Schulden hinaus laufen, alle "Kinder" treten entsprechend dafür ein.

Der griechische Euro-Beitritt war rein weltanschaulich begründet, daran kommt man nicht vorbei, und damit muss man sich auseinander setzen.
In diese Wunde legt Grass seinen Finger.

Lykurg
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So 27. Mai 2012, 16:24 - Beitrag #9

In meinen Augen kann man nur entweder sagen "wir hatten komischen Nebel vor Augen, bzw. unsere Amtsvorgänger hatten da wohl einen kollektiven intellektuellen Ausfall" - und dann müssten sich auch die Banken diesen Schuh anziehen, da sie ja ebenso in entsprechenden Führungsstellen um die Probleme wussten - und daraufhin alle seit dem aufgelaufenen Schulden streichen, zumindest alle Zinsschulden, oder man muss weiter zu dem Argument der Wurzelrolle stehen und dem großen "Stammvater" Griechenland den Respekt zollen, der ihm in einer solchen Rolle zukäme.
Das würde dann auf eine kollektive Verteilung der Schulden hinaus laufen, alle "Kinder" treten entsprechend dafür ein.
Wieso die Banken? Diese irrationalen Beweggründe wurden offensichtlich von Politikern herangezogen, die von wirtschaftlichen Dingen mutmaßlich wenig Ahnung hatten und die tatsächlichen Verhältnisse in Griechenland nicht kannten. Inwiefern sollen denn "die Banken" über Griechenlands Euro-Mitgliedschaft entschieden haben, und dafür aufkommen?

Wenn 'die Banken' etwas zahlen sollen, wie seitens der Linken immer gern gefordert wird, bedeutet das ganz direkt, daß entweder die Anleger oder der Staat, also die Steuerzahler, dafür aufkommen. Solche Schulden, wie sie bei einem Staatsbankrott auflaufen, kann keine Bank allein wegstecken, und Banken verursachen normalerweise keinen solchen Unsinn. Dafür braucht man schon Politiker.

Ich teile e-noons Auffassung vom Sehnen nach Aufmerksamkeit. Schade, ich hatte gehofft, ihm wäre die Tinte ausgegangen, aber vielleicht hatte er irgendwo noch einen Bleistift.

Traitor, mit der Metrik habe ich meine Schwierigkeiten (wie angedeutet, mir scheint, Grass hatte sie auch, oder sie war ihm völlig egal, dann frage ich mich aber, warum er den Satzbau so verbiegt). Teilweise ist es sehr regelmäßig ausgearbeitet - etwa die beiden vierhebigen Anfangsverse, jeweils auftaktig und mit betontem Auslaut ('stumpf', iambisch/anapästisch). Aber nur das siebte Verspaar ist ebenfalls regelmäßig vierhebig, ansonsten in freier Füllung vier-, fünf- und oft sechshebige Verse, teils stumpf, teils klingend, mal betonte, mal unbetonte Anfangssilbe - eine ziemlich krude Mischung. Einige Verse stolpern herum, besonders das sechste und das zehnte Verspaar klingen nach eher unbeholfener Prosa.

janw
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Mo 28. Mai 2012, 01:19 - Beitrag #10

Zitat von Lykurg:Wieso die Banken? Diese irrationalen Beweggründe wurden offensichtlich von Politikern herangezogen, die von wirtschaftlichen Dingen mutmaßlich wenig Ahnung hatten und die tatsächlichen Verhältnisse in Griechenland nicht kannten. Inwiefern sollen denn "die Banken" über Griechenlands Euro-Mitgliedschaft entschieden haben, und dafür aufkommen?

Ich denke, man kann davon ausgehen, daß derartige Beschlüsse immer mit Zustimmung führender Vertreter des Finanzgewerbes erfolgen, und daß diese wie auch die maßgeblichen Politiker sehr genau wussten, wie die Lage war. Politik hat auf "wird schon nicht so schlimm kommen" gesetzt, die Banker auf "wird uns ganz sicher nicht zum Nachteil werden".

Ipsissimus
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Di 29. Mai 2012, 14:49 - Beitrag #11

manche Gesellschaften verbannen ihre alten Leute ins Altersheim, andere Gesellschaften schätzen deren Weisheit und behandeln sie mit Hochachtung, selbst wenn sie nicht mehr kraftvoll genug sind, um noch im Sinne von Arbeitstätigkeit zum Wohl der Gesellschaft beizutragen. Ich möchte diesen Vergleich nicht überstrapazieren, aber ganz sicher ist, dass heute der Leistungsgedanke schlichte Menschlichkeit ersetzt hat. Du giltst nur noch als Mensch, wenn du etwas leistest, und zwar nicht das, was du willst, sondern das, was du sollst. Das ist hinsichtlich Griechenland durchaus analog beobachtbar.

Im Grunde ist es aber eine typisch geisteswissenschaftliche Fragestellung, was der Wert derer ist, die im ökonomischen Sinne nichts leisten; die Geisteswissenschaften als Ganze sind ja auch dieser Frage unterworfen, mit allen absehbar verheerenden Folgen, die das für die europäische Kultur haben wird, was aber wohl nur noch alte Dichter interessiert.

Ipsissimus
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Mi 30. Mai 2012, 16:36 - Beitrag #12

scheint eine Verschwörung der alten Säcke zu geben

Mikis Theodorakis

... Derweilen wird angenommen, dass wir dank der Großmut unserer Gläubiger, des Europas der Banken und des IWF leben. In Wahrheit fließt jedes Paket mit den Dutzenden Mrd. Euro, mit denen Griechenland belastet wird, vollständig dahin zurück, wo es herkommt, während uns neue untragbare Zinsen aufgebürdet werden. Und weil die Notwendigkeit zur Erhaltung des Staates, der Krankenhäuser und der Schulen besteht, lädt die Troika den mittleren und untersten wirtschaftlichen Schichten der Gesellschaft überdimensionale Steuern auf, die direkt in den Hunger führen.

Eine allgemeine Hungersituation hatten wir zu Beginn der deutschen Besatzung 1941 mit 300.000 Toten in einem Zeitraum von sechs Monaten. Das damalige Schreckgespenst des Hungers kehrt in unser verleumdetes und unglückliches Land zurück.

Wenn man bedenkt, dass die deutsche Besatzung uns eine Million Tote und die totale Zerstörung unseres Landes kostete, wie ist es dann möglich, dass wir Griechen die Drohungen der Frau Merkel und die Absicht der Deutschen dulden, uns einen neuen Gauleiter aufzuzwingen … Diesmal mit Krawatte …

...

Was Europa betrifft, schlage ich vor, damit aufzuhören, Kriegsmaterial von Deutschland und Frankreich zu kaufen. Ebenso wie wir alles unternehmen werden, damit Deutschland die uns geschuldeten Kriegsentschädigungen bezahlt, die sich heute zusammen mit den Zinsen auf 500 Mrd. Euro belaufen können.

Die einzige Kraft, die diese revolutionären Änderungen realisieren kann, ist das griechische Volk, vereint zu einer riesigen Front des Widerstands und der Solidarität, damit die Troika (IWF und europäische Banken) aus dem Land vertrieben werden. Und gleichzeitig müssen alle ihre rechtswidrigen Handlungen (Kredite, Schulden, Zinsen, Steuern, Aufkäufe des Staatsreichtums) als nicht geschehen betrachtet werden. Ihre griechischen Kollaborateure, die im Bewusstsein unseres Volkes bereits als Verräter verurteilt worden sind, werden zu bestrafen sein.

Diesem Ziel (der Einheit des Volkes in einer Front) bin ich gänzlich verschrieben und glaube, dass ich schließlich Recht erhalten werde. Ich kämpfte mit der Waffe in der Hand gegen die Hitlerbesatzung. Ich lernte die Verließe der Gestapo kennen. Ich wurde von den Deutschen zum Tode verurteilt und überlebte wie durch ein Wunder. 1967 gründete ich die PAM, die erste Widerstandsorganisation gegen die Militärjunta. Ich kämpfte in der Illegalität. Ich wurde ergriffen und im “Schlachthof” der Junta-Kripo inhaftiert. Schließlich habe ich wieder überlebt.

Heute bin ich 87 Jahre alt und es ist sehr wahrscheinlich, dass ich die Rettung meines geliebten Vaterlandes nicht erleben werde. Ich werde jedoch mit einem ruhigen Gewissen sterben, weil ich bis zum Ende fortfahre, meine Pflicht gegenüber den Idealen der Freiheit und des Rechts zu tun."


http://www.griechenland-blog.gr/2012/mikis-theodorakis-spricht-von-verschwoerung-gegen-griechenland/6730/

Padreic
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Do 31. Mai 2012, 00:03 - Beitrag #13

Das mit den Reparationszahlungen ist wohl eine etwas komplizierte Geschichte. Griechenland wurde während des 2. Weltkriegs von den Deutschen wirtschaftlich sehr ausgebeutet und ist wirklich unverschuldet in diesen Krieg geraten. Andererseits wurde mit guten Gründen die Last der Reparationszahlung nach diesem Krieg gering gehalten und auch Griechenland hat (mehrfach) auf alles, was über bestimmte Beträge hinausging, verzichtet. Rechtlich haben sie somit natürlich da keine Ansprüche mehr, auch wenn der Verzicht natürlich auch dadurch bedingt war, dass sie eh wenig Hoffnung auf mehr Geld hatten (und sich so ein Verzicht sich natürlich auch gut für eine Mitgliedschaft in der EG machte). Offen blieben da rechtlich höchstens noch ein erpresstes Darlehen, das umgerechnet so 10 Milliarden Euro wert sein dürfte. Mehr dazu findet sich auch hier.

Theodorakis scheint aber insgesamt nicht damit klar zu kommen, dass es ein viel weniger klares Gut-Böse-Schema bei der Sache gibt als bei der deutsch-italienischen Besatzung im 2. WK oder der Militärjunta. Seine Vorschläge mögen teilweise berechtigt sein (z. B. geringere Ausgaben für Rüstung!), sind aber insgesamt doch überzogen und gehen an der Realität vorbei. Die Politiker, die europäisches Geld annahmen, als Verräter verurteilen? Geht's noch?

Ipsissimus
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Do 31. Mai 2012, 00:35 - Beitrag #14

na ja, wenn es möglich war, mit ein paar formalen Regelungen deutsche Schulden von 500 Mrd. auf 10 Mrd. Euro zu drücken, ohne das irgendwer außer Deutschland was davon hatt, sollte es doch mit vergleichbaren Mitteln möglich sein, griechische Schulden von etwa 200 Mrd. Europ auf 3 bis 4 Mrd. Euro zu drücken, ohne dass jemand anderes als Griechenland etwas davon hat^^

Dass sie das Geld annahmen, ist vielleicht nicht so sehr das Problem. Die Bedingungen, zu denen sie es annahmen, dürften eher im Fokus der Bemerkung stehen. Und im übrigen, wäre das nicht ein Traum? Politiker müssen für Fehlentscheidungen ernsthaft gerade stehen, wie alle anderen Menschen auch? Ich fände das toll.

Was das Schwarz-Weiß-Denken angeht, das ist so eine Sache. Es würde vermutlich wesentlich bunter ausfallen, wenn einmal öffentlich kommuniziert würde, wie groß der Rückhalt für die EU tatsächlich ist. Es würde mich nicht überraschen, wenn dieser Rückhalt sich im Wesentlichen auf die Kaste der Politik, der Finanzwirtschaftler, der Großindustrie und einiger Großmedien beschränken würde. Wenn jedoch nicht dieser Kaste angehörende Bürger permanent durch vereinnahmendes Geschwätz verarscht werden, das ihnen unterzujubeln versucht, es gäbe keine Alternative zum Leid, kann es auch schon mal fundamental-oppositionell werden.

janw
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So 3. Jun 2012, 00:34 - Beitrag #15

Zur Schuldenkrise auch noch dies:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/themenderwoche/1772739/
Zitat von deutschlandfunk:Irland nach dem Fiskalpakt-Referendum
Von Martin Alioth, freier Journalist

In Brüssel, Berlin und Frankfurt sollten sich die Verantwortlichen mal ernsthaft mit folgender Frage beschäftigen: Wer eignet sich besser als Irland als Paradebeispiel für die Erfolgsaussichten der Sparpolitik?

Ipsissimus
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So 3. Jun 2012, 15:59 - Beitrag #16

im Leben nicht freiwillig

im Grunde kann man jetzt nur noch hoffen, dass Hollande nicht kippt und als Korrektiv fungieren kann. Die Merkel wird Europa geraden Wegs in die Verelendung führen

Maglor
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So 3. Jun 2012, 17:00 - Beitrag #17

Die Rückschau auf die breite Front des griechischen Volkes ist geprägt von Folklore.
So schlimm kann es Griechenland im 2. Weltkrieg nicht erwischt hat, immerhin hatten die Griechen noch genug Saft um die Kampfhandlungen zwischen kommunistischen Partisanen den Anhängern der Monarchie bis 1949 fortzusetzten. Tatsäch kam es bereits 1943 zu innergriechischen Kampfhandlungen verfeindeter Widerstandsgruppen.

Ansonsten wirkt die griechische Außen- und Innenpolitik des 20. Jahrhunderts wie Aneinanderreihung von Katastrophen, in der die deutsche Besatzung während des 2. Weltkrieges nur wie eine Episode wirkt.
Zum steten Wettenrüsten mit der Türkei und dem Zypern-Sreit kommen in den 90er Jahren noch der absurde Namensstreit mit Mazedonien und der naive Schulterschluss mit Serbien.

Ansonsten habe ich keine Zweifel daran, dass die aktuelle (aufgezwungene) Sparpolitik Griechenlands das Land völlig in den Ruin treibt und den wirtschaftlichen Niedergang nur noch beschleunigt.
Früher haben zahlungsunfähige Staaten einfach einen Krieg angefangen. Das kommt heute nicht mehr infrage.
Früher haben überschuldete Staaten einfach ihre Währung abgewertet. Das kommt eigentlich schon infrage, nämlich für die die Euro-Zone als ganzes.


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