AOK Tarife nach Arbeitsstunden statt Einkommen?

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Malte279
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Di 3. Jul 2012, 23:32 - Beitrag #1

AOK Tarife nach Arbeitsstunden statt Einkommen?

Mir wurde heute von der AOK Nordwest eine merkwürdige Mitteilung gemacht. Man hatte mich gebeten meine Voraussichtlichen Einkünfte für das Jahr 2012 aufzustellen. Ich habe dies getan. Ich bin noch Student (da ich mit dem M.A. bislang nirgendwo einen richtigen Job bekommen habe möchte ich noch den M.Ed. draufsatteln um falls es gar nicht anders geht in den Schuldienst zu gehen) und arbeite an den Volkshochschulen von Bochum und Dortmund auf Provisionsbasis. Da diese Arbeiten nicht ganz ausreichen um das Mindesteinkommen zu sichern bekomme ich nachwievor auch Unterstützung von meinen Eltern. Ich wurde im Büro der Aok gebeten ein Formblatt auszufüllen indem unter anderem die Wochenarbeitszeit in Stunden einzutragen war. Da lediglich die Stunden die tatsächlich Vorträge / Kurse an den Volkshochschulen gehalten werden auch bezahlt werden, die unbezahlte Vorbereitungszeit hierfür aber die eigentliche Arbeitszeit bei weitem übersteigt erkundigte ich mich (wahrscheinlich verlegen wegen der vergleichsweise geringen "Arbeitszeit" wenn nur die bezahlten Stunden gelisted würden) nach Schilderung der Situation ob nur die bezahlten Unterrichtsstunden oder die Vorbereitungszeit hier aufzulisten wären. Man sagte mir ich solle die unbezahlten Vorbereitungsstunden mit angeben.
Später eröffnete man mir, dass ich aufgrund meiner langen Arbeitszeiten nunmehr als "Hauptberuflich Selbstständiger" eingeordnet und sich meine monatlichen Versicherungsbeiträge damit drastisch ansteigen würden. Bei der Aok, so sagte man mir, würden die Beträge nicht an Hand des Einkommens sondern an Hand der geleisteten Arbeitszeiten berechnet. Mein Protest, dass es sich, wie ich zuvor erklärt hatte, bei den meisten Stunden um nicht bezahlte Vorbereitungsstunden (z.b. Vorbereiten von Powerpointpräsentationen, Einlesen / Wiederholen der Vortragsthemen) handelte wurde abgewunken. Mein Einwand, dass nach dieser Logik jemand der weniger Arbeite aber mehr verdiene mit niedrigeren Beiträgen belohnt und dass jemand der mehr Zeit für weniger Lohn arbeite mit höheren Beträgen bestraft werde wurde genau so bestätigt ohne dass der Angestelte sich auch nur die Mühe gemacht hätte einen Versuch zu unternehmen die dahinter stehende Logik zu erklären.
Als ich vorschlug zu versprechen meine künftigen Vorbereitungszeiten zu lasten der Qualität meiner Kurse und Vorträge zu reduzieren um damit meine Arbeitszeit auf ein Niveau zu senken dass mich bei meinem gegenwärtigen Beitragssätzen belassen würde, wurde mir mir tatsächlich bestätigt, dass dies eine Option für mich wäre! :crazy:

Um ein klares Bild von der Dramatik der Situation für mich zu geben, meine bisherigen Jahresbeiträge entsprechen circa 8% meines vorraussichtlichen Einkommens 2012. Wenn die Erhöhung auf Grund der zu langen Arbeitszeiten erfolgt, dann würden die Beiträge fast 35% meines Jahreseinkommens betragen!!!
Wie kann eine Krankenversicherungsrate aufgrund von unbezahlten Arbeitsstunden ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Einkommens derart angehoben werden? Kann sie das überhaupt? Hat die Aok irgendein Recht mir vorzuschreiben wie lange ich meine VHS Kurse vorbereiten darf (kontrollieren könnten sie es eh nicht)?
Könnte dieser Schocker irgendetwas damit zu tun haben dass ich als Diabetiker für eine Krankenversicherung nicht eben ein profitabler Kunde bin?

Traitor
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Di 3. Jul 2012, 23:48 - Beitrag #2

Ohne die juristischen Grundlagen genau zu kennen, würde ich doch sehr stark vermuten, dass sie da mal wieder versuchen, ihre Kunden abzuzocken. Eigentlich dürfte es irgendwo klar geregelt sein, dass sich eine (wenn überhaupt existente) Arbeitsstundenklausel nur auf vertraglich festgelegte Arbeitsstunden bezieht. Steht in deinen Verträgen bei den VHSen irgendwo eine feste Stundenzahl? Wenn ja, hoffentlich nur die Unterrichtszeiten? Dann würde ich vorschlagen, der AOK die entsprechenden Kopien vorzulegen und nochmal zu betonen, dass sie nur diese auf Papier zu findenden Stunden zu berücksichtigen haben, und keine freiwillige und variable Zusatzbeschäftigung.

Das ganze Unwesen dieser Beiträge für "freiwillig Versicherte" in den gesetzlichen Krankenkassen ist eh eine der größten Lücken unseres Krankenversicherungswesens. Der Gesetzgeber scheint davon auszugehen, dass alle Erwachsenen entweder sozialversicherungspflichtig (alles klar geregelt), reich (eh kein Problem), junge Studenten (bezahlbar) oder Hartz4-Empfänger (dann zahlt das Amt) sind. Dass es dazwischen ziemlich viele Leute gibt, die zu alt für die Studentenregel sind, knapp zu "reich" für Hartz4, oder sonstwie nicht unter diese Regelungen fallen und dann plötzlich den verdammt hohen "Mindestsatz", oder in deinem Fall wohl sogar noch mehr, zahlen müssen, kommt mangels Lobby nirgends an.

Ach ja, eine Alternative wäre vielleicht noch ein Wechsel zu einer Privatversicherung. Ich gehe mal davon aus, dass deine VHS-Verträge nicht sozialversicherungspflichtig sind, da sonst das AOK-Verhalten noch absurder wäre...?

Malte279
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Mi 4. Jul 2012, 00:24 - Beitrag #3

Ein sozialversicherungspflichtiger Job ist die Sorte Job nach der ich suche. Die Arbeit auf Provisionsbasis bei der VHS ist nicht sozialversicherungspflichtig. Gerechnet wird dort nur die Zeit die tatsächlich mit Vortraghalten verbracht wird (7,5 Stunden pro Woche).
Ich hoffe für den Moment noch, dass ich da meine nicht bezahlte Vorbereitungsarbeitszeit nach unten korrigieren kann. Es will mir aber nach wie vor nicht in den Kopf wie diese Leute davon ausgehen können dass sie mehr als ein Drittel meiner jährlichen Gesammteinnahmen einziehen können weil ich mehr Stunden für weniger Geld arbeite.
In den Verträgen der AOK steht jedenfalls nichts von unbezahlten (oder bezahlten) Arbeitszeiten als Grundlage für die einordnung. Dort steht lediglich ein "Mindesteinkommen für hauptberuflich Selbstständige". Da man mich ja jetzt auf Grund meiner Arbeitszeiten zum "hauptberuflich Selbstständigen" erklärt hat sollte ich die AOK vielleicht zur monatlichen Zahlung der anderen Häfte des dort angegebenen Mindesteinkommens auffordern, das fast doppelt so hoch wie mein tatsächliches Einkommen ist (was die Leute vor ort aber angesichts der von mir vorgelegten Einkommensauflistung wussten).

Lykurg
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Mi 4. Jul 2012, 08:21 - Beitrag #4

Du hast möglicherweise bereits Anspruch auf einen Sozialausgleich, wenn die Kosten für den Zusatzbeitrag 2% deines Einkommens übersteigen. Meine Freundin hat da gestern was entdeckt (ich reiche es nach, wenn ich es wiederfinde) - eventuell gibt es eine solche Deckelung auch für Kosten von Medikamenten. Die Krankenkassen informieren allerdings nicht darüber, vermutlich haben wir (auch) schon lange zuviel gezahlt.


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