Bankenrettung ...

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Ipsissimus
Dämmerung
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Sa 4. Aug 2012, 12:01 - Beitrag #1

Bankenrettung ...

... oder das Ende de Demokratie in Europa

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/schuldenkrise-retten-ohne-ende-11832561.html

in diesem FAZ-Beitrat wird u.a. der Text des ESM wiedergegeben, vollständig. Es werden darüber hinaus ein paar höchst ... interessante Passagen eigens hervorgehoben und kommentiert. Wie gesagt, das ist der Originaltext der Vereinbarung, über die derzeit das Bundesverfassungsgericht richtet.

Die Quintessenz dieser Passagen, mit meinen Worten zusammengefasst, läuft darauf hinaus, dass es die Mafia oder der Mafia sehr ähnliche Organisationen - ich meine internationale europäische Finanzkreise - geschafft haben, sich an jeglicher parlamentarischen Kontrolle vorbei ein Instrument zur unbegrenzten Geldbeschaffung auf Kosten der Steuerzahler zu beschaffen. Die vielkolportierte Obergrenze von 700 Mrd Euro, die ebenso oft kolportierte Haftungsobergrenze für Deutschland von 190 Mrd Euro? Lest mal ein bisschen im Kleingedruckten.

Und fürchtet euch.

Traitor
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Mo 6. Aug 2012, 12:02 - Beitrag #2

Die Passagen zu Budgeterhöhungen etc. sind eigentlich in Ordnung, da sie dem Zweck des Vertrags entsprechen und vom "Gouverneursrat" beschlossen werden müssen, der aus den Finanzministern besteht, die unter der Kontrolle der Parlamente stehen. Oh, Moment, stehen sollten. Denn das ist das wirkliche Problem, Artikel 32-35 und so, die Immunitäten und Geheimhaltungen. Das ist, wie die FAZ anmerkt, verfassungswidrig und unverhältnismäßig. Hoffentlich kann das noch aufgehalten werden.

Zitat von Stefan Homburg:Dieses Haushaltsrecht des Parlaments ist das Herzstück der Demokratie, weil ein direkter Interessengegensatz zwischen Obrigkeit und Untertanen nicht bei der Ausgestaltung von Normen des Zivil- oder Strafrechts besteht, sondern dann, wenn es ums Geld geht.
Das halte ich allerdings für ziemlichen Unsinn. In einer parlamentarischen Demokratie ist das Parlament selbst der Staat, bzw. ernennt die Regierung als dessen Geschäftsführung, und somit hat die Obrigkeit systemseitig gewollt völlige Budgethoheit. Einen "direkte[n] Interessengegensatz zwischen Obrigkeit und Untertanen" gibt es eben nicht beim Verschieben abstrakter Milliarden, sondern gerade bei "Normen des Zivil- oder Strafrechts", wenn diese Grundrechte verletzen. Dann kann man mit zivilem Ungehorsam und sowas kommen. Der Punkt, dass Finanzgeschichten in grundrechteverletzendem Ausmaß den Lebensstandard angreifen, hat vielleicht Griechenland erreicht, Deutschland mit dem ESM aber sicher noch nicht.

Ipsissimus
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Mo 6. Aug 2012, 12:45 - Beitrag #3

Eben nicht, die Haushaltskontrolle ist Recht des Parlaments, das auch nicht an die Regierung delegiert werden darf. Wenn das gelockert werden soll, stellt dies einen direkten Angriff auf das Grundgesetz dar. Wenn man sich die Äußerungen Montis - die Regierungen sollten sich mehr "Unabhängigkeit" von ihren Parlamenten genehmigen - dazu nimmt, steht zu befürchten, dass es sehr eindeutig ist, in welche Richtung es gehen soll.

Aydee
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Mo 6. Aug 2012, 17:42 - Beitrag #4

wer sich das Teil offline durchlesen möchte (wie meine Wenigkeit):
http://s3.documentcloud.org/documents/402928/esm-vertrag-eurupean-council.pdf


PS: wisst ihr was ich manchmal glaube? das Klügste und Beste, was wir für uns tun könnten, wäre die Abschaffung jeglicher Währung, einschließlich dieser Ersatzwährung, der Sammelkredite (Bonuspunkte, wie auch immer man es nennt) die von den Beführwortern einer geldlosen Wirtschaft bereits verwendet werden

Ipsissimus
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Mo 6. Aug 2012, 18:10 - Beitrag #5

wie willst du das durchsetzen, Aydee?

Aydee
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Mo 6. Aug 2012, 18:50 - Beitrag #6

So etwas ließe sich nicht !durchsetzen!, Ipsi.
So ein System kann nur auf !Freiwilligkeit zu geben! funktionieren.


Wenn du durch eine Tätigkeit etwas erhälst (sozusagen als Nebenprodukt), das du mit deine Möglichkeiten und deinen Fertigkeiten nicht weiterverarbeiten kannst, aber jemand dich fragt, ob er dieses Etwas bekommen kann, weil er/sie es weiterverarbeiten kann - warum dann nicht geben? Besser als es bei mir rumliegen zu lassen ;-)


Geht aber nur, wenn uns all die anderen Menschen auf diesem Planete nicht länger egal sind. Braucht also ein Umdenken im Geist. Wir sind zu sehr darauf getrimmt worden, dass jeder für sich selber sorgen sollte, dass Unabhängigkeit erstrebenswert ist. (Einschränkung: eigentständige Unabhängigkeit ist es, aber nicht die die dich von anderen trennt)
Das "beste" Beispiel für unsere heutige Denkweise ist, dass Lebensmittel dafür verwendet werden, Treibstoff herzustellen, während anderswo Menschen verhungern. Makaber. Aber für sehr viele Menschen völlig in Ordnung. Wieso? Die anderen sind eben "die anderen", und in der Regel weit weg. (wäre das nicht für uns in Ordnung, würden wir es ändern. Tun wir aber nicht, also ist es für uns in Ordnung, nicht wahr?)

Traitor
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Sa 25. Aug 2012, 13:34 - Beitrag #7

@Aydee: Das Modell funktioniert aber nur für sehr simple, beschränkt arbeitsteilige und weitgehend materiell ausgerichtete Gesellschaften. Wie sollen da komplexe Warenkreisläufe und Dienstleistungsgesellschaften ablaufen?

@Ipsissimus: Ein Abtreten von Entscheidungsrechten bei vorbehaltener Zurücknahme ist kein Aufgeben der grundsätzlichen Kontrollfunktion. Kritisch wird es aber, wenn die Regierung dem Parlament Informationen vorenthält, sodass es gar nicht voll informiert seine Kontrolle wieder durchsetzen kann. Und das erlaubt dieser Vertrag leider.

Ipsissimus
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So 26. Aug 2012, 01:01 - Beitrag #8

Und das erlaubt dieser Vertrag leider.
und insofern ist dein Einwand im ersten Satz formalkorrekt, aber im konkreten Fall gegenstandslos^^

Traitor
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So 26. Aug 2012, 11:16 - Beitrag #9

Ja. War ja auch nicht als Einwand gegen die Vertragskritik gedacht, sondern gegen Homburgs historischen Ausflug.


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