Hammer Urteile zur Samenspende

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Lykurg
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Mi 6. Feb 2013, 14:35 - Beitrag #1

Hammer Urteile zur Samenspende

Vorgestern und heute hat das OLG Hamm Urteile in zwei verschiedenen Fällen verkündet, die als Grundsatzurteile für Samenspender (sowie deren Empfänger) erhebliche Konsequenzen haben. Einerseits ging es um einen dreifachen Familienvater wider Willen, dessen Ex-Freundin sich (Jahre) nach der Trennung mehrfach mit seinem eingefrorenen Samen hat befruchten lassen, und die dafür sogar nachweislich mehrere Unterschriften gefälscht hat, um sein Einverständnis vorzuspiegeln. Er ist nun trotzdem unterhaltspflichtig für die Kinder (nebenbei klingt ihre zitierte SMS nach einer dreist geplanten Ausbeutung).

Der andere Fall ist der einer 22jährigen Spendertochter, die eine Fruchtbarkeitsklinik auf Offenlegung des Namens ihres Vaters verklagt hat - und Recht bekommen hat. Es handelt sich dabei um eine anonyme Samenspende, die Daten sind jedoch aufbewahrt worden (sie müssen nach neuer Gesetzgebung inzwischen dreißig Jahre gelagert werden, das galt da aber noch nicht). Die beiden Fälle zusammengerechnet ergeben ein ziemlich klares Bild... Wer Samen spendet, um ein bißchen Geld zu verdienen, geht dabei ein gewaltiges Risiko ein bzw. ist selbst schuld; und wer ihn einfrieren läßt, um für den Fall späterer Unfruchtbarkeit abgesichert zu sein, tut gut daran, niemandem davon zu erzählen.

e-noon
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Mi 6. Feb 2013, 14:42 - Beitrag #2

ZIemlich krass. Insbesondere der erste Fall ist eine absolute Horrorvorstellung, ich kann nicht glauben, dass ein Gericht dem stattgegeben hat. Könnte dasselbe dann auch bei einer Eizellenspende passieren? Selbst das wäre noch weniger absurd, als wegen eines unwissend geraubten Spermiums unter Millionen nun, ohne je eines der Kinder gezeugt zu haben, für diese Unterhalt zahlen zu müssen.

Lykurg
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Mi 6. Feb 2013, 14:55 - Beitrag #3

Ich vermute es, e-noon, schließlich handelt es sich auch dabei um biologische Elternschaft - und Versorgungsansprüche müßten an Frauen genauso gestellt werden können. Aber ja, auch das wäre ein absurder Fall, und auch dieses Urteil widerstrebt meinem gesundem Menschenverstand.

Es dürfte zumindest zum Teil damit zusammenhängen, daß unser Rechtsbegriff der Elternschaft (mit der daranhängenden Solidarpflicht) aus einer Zeit stammt, als es noch keine künstliche Befruchtung gab. Unter den hier gegebenen Umständen kann das in meinen Augen aber so nicht gelten, denn warum soll jemand für Kinder aufkommen, auf deren Zeugung und Erziehung er keinerlei Einfluß hat?

Maglor
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Mi 6. Feb 2013, 15:06 - Beitrag #4

Die Rechtslage ist ja eigentlich ziemlich. Für die Samenspende gab es einfach keine rechtliche Regelung. Sie ist daher zu behandeln wie jede andere Form gewollten oder ungewollten Zeugung.
Interessant wäre vielleicht noch eine Entscheidung bei einigen Zwillingen als mutmaßliche Väter. Da kann ja der biologische Vater genetisch nachgewiesen werden.

Die Rechte biologische äter wurden erst vor kurzem gestärkt. Inzwischen könnte der Samenspender theoretisch sogar die Aberkennung der rechtlichen Vaterschaft des sozialen Vaters - daher des Ehemanns oder Partners der Samenempfängerin -erreichen und den Umgang mit dem Kind einklagen.

Eizellenspenderinnen kann so eine ungewollte Mutterschaft nicht passieren. Bei den Müttern ist das BGB ganz eindeutig: Die Mutter des Kindes, ist die Frau, die das Kind geboren hat. (Das macht natürlich auch eine Leihmutterschaft quasi unmöglich.)

Katinka3
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Mi 6. Feb 2013, 15:36 - Beitrag #5

Ich schätze das wahrscheinlich alle Samenspender, es nicht haben wollen, das sie Bekannt werden. Darum haben sie es ja auch gespendet. Das Kind oder der Jugendliche wird bestimmt enttäuscht werden. Es hat zwar das recht zu wissen wer der Erzeuger ist. Aber der Erzeuger will keine Verantwortung und keine Kontakt. Das ist ganz schön hart, für das Kind. Furchtbar wenn man weiß, ich bin von einem Samenspender gezeugt worden. Das ist schon ähnlich als wäre man von einem Bullen gezeugt worden, igendwie Unmenschlich. So Menschen sollten sich schämen. Sie haben nicht dabei in betracht gezogen, das es sich bei der Samenspende um eine Menschliches Wesen handelt was Körper, Geist und Seele besitzt.

Ipsissimus
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Mi 6. Feb 2013, 16:20 - Beitrag #6

bei Samenspendern könnte man immerhin argumentieren, dass einem Samenspender bekannt ist, wofür sein Sperma gegebenenfalls eingesetzt wird, so dass der Sachverhalt des Spendens ein prinzipielles Einverständnis mit der späteren Verwendung impliziert. Es ist meines Erachtens auch legitim, wenn ein Kind wissen will, wer sein biologischer Erzeuger ist, auch wenn ich in dem Fall vermuten würde, dass dann einiges in der Familie, die das Kind aufgezogen hat, schief gegangen sein muss. Ich glaube jedenfalls nicht, dass das Interesse des Samenspenders an Anonymität prinzipiell Vorrang vor dem Interesse des Kinds an Kenntnis des Vaters hat. Das prinzipielle Problem scheint mir hier in der gesetzlichen Möglichkeit zur Samenspende und der unzulänglichen gesetzlichen Regelungen deren Konsequenzen zu liegen.

Was die Geschichte mit der dreifachen künstlichen Befruchtung angeht, fehlt mir dieses Verständnis, immer voraus gesetzt, dass die Informationen stimmen und vollständig sind. In diesem Fall würde ich als Vater alle Instanzen bis zum europäischen Gerichtshof ausschöpfen und der Mutter alle nur erdenklichen legalen Schwierigkeiten machen. Und wenn das nichts hilft, eine Auswanderung nach Paraguay erwägen.

009
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Mi 6. Feb 2013, 17:31 - Beitrag #7

Das Samenspende zunächst finanziell reizvoll, aber wie hier eindrucksvoll belegt, später dann finanziell ein sehr großes Risiko sein kann, ist doch eigentlich nichts neues.
Wie die "Mutterseite" den Fall wohl sieht ist bei Prof. Hoecker, dem mind. presserechtlichen Anwalt der Mutter, nachzulesen.

Traitor
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So 10. Feb 2013, 18:09 - Beitrag #8

Auch mit einem zusätzlichen Bindestrich wäre die Überschrift sicherlich noch passend.

Den Anonymitätsnichtschutz halte ich für hart, aber letztlich korrekt. Da müssen zwei sehr starke Bedürfnisse gegeneinander aufgewogen werden, aber letztlich scheint mir das des Kinders fundamentaler zu sein. Fair wären aber eigentlich klare Geheimhaltungsregeln, sprich kein Öffentlichmachen gegenüber Dritten, bewehrt mit hohen Vertragsstrafen.

Der andere Fall scheint in den Details sehr haarig und noch nicht ausgestanden zu sein, daher möchte ich mich zu denen auch nicht äußern. Grundsätzlich kann ich aber nicht einsehen, dass Unterhaltsansprüche bestehen sollen, wenn keine explizite Einverständnis zum konkreten Befruchtungsakt vorliegt, und würde wie Ipsissimus sagen, dass es damit an ganz elementare Grundrechtsfragen geht. (Wenn dieser Fall so geartet ist; ansonsten halt gleiche Aussage für hypothetische ähnliche Fälle.)

@Katinka: Ob solche Umstände tatsächlich als furchtbar wahrgenommen werden, wird von Fall zu Fall verschieden sein. Es mag auch Kinder geben, denen ein Elternteil (oder ein biologischer plus ein nur sozialer) völlig reicht.
Und wenn du das Indieweltsetzen spendenbefruchteter Kinder als unmenschlich ansiehst, dann liegt die unmenschliche Entscheidung aber eindeutig nicht beim Spender, sondern bei der Mutter, denn diese fällt allein die Entscheidung zur Befruchtung.

Padreic
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So 10. Feb 2013, 18:39 - Beitrag #9

@Lykurg: Du stellst die Situation ein wenig verkürzt da: Das OLG Hamm hat anscheinend aufgrund graphologischer Gutachten den Eindruck erhalten, dass ein Großteil der für die Befruchtung nötigen Unterschriften tatsächlich von dem späteren Vater getätigt wurden.
Dass ein unglaublich dreistes Verhalten der Frau vorliegt, dürfte klar sein. Dummerweise sind die leidtragenden bei fehlendem Unterhalt ja durchaus auch die Kinder selbst, die keine Schuld trifft. Deswegen schien es ja bei den Gerichtsverhandlungen auch nur noch um die Frage zu gehen, um die Klinik, die die Befruchtung durchgeführt hat, oder der Mann den Unterhalt zahlen muss.
Letztlich scheint die Faktenlage sehr unklar zu sein. Trotzdem ist es ein etwas komisches Urteil des Gerichts...

Lykurg
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Mo 11. Feb 2013, 12:59 - Beitrag #10

Katinka3, wie auch Traitor schon sagte, gehen verschiedene Menschen sicher unterschiedlich damit um. An anderer Stelle las ich Kommentare von Leuten, die angeben, als früheres Samenspendekinde ihren biologischen Vater nicht zu kennen und damit keine Schwierigkeiten zu haben.
Die Grausamkeit, die es für manche sicher bedeuten mag, ihren Vater nicht zu kennen, wäre abzuwägen gegen die Situation von kinderlosen Paaren, die unbedingt ein eigenes Kind haben wollen. Die Anonymität der Spende schützt ja auch sie vor dem Bewußtsein der Fremdheit und der Möglichkeit späterer Ansprüche auf das Kind.

009, die anwaltliche Erklärung finde ich sehr dürr - da steht für mich quasi Aussage gegen Aussage, und es ist schon interessant, wie gegenläufig die Spiegel-Darstellung ist, die ja ihrerseits schon gefiltert sein sollte. Aber ja, hier wird jedenfalls eine weitere Verhandlung in der nächsten Instanz erforderlich.

Zitat von Traitor:Fair wären aber eigentlich klare Geheimhaltungsregeln, sprich kein Öffentlichmachen gegenüber Dritten, bewehrt mit hohen Vertragsstrafen.
'Dritte' würden nach meinem Verständnis auch das Kind beinhalten, meinst du das genauso? Aber wäre damit nicht die Auskunft ganz simpel käuflich?
Ich schätze das etwas anders ein, für mich sollte der Anonymitätswunsch in bereits oben genanntem beiderseitigem Interesse unbedingt gewahrt bleiben. Alles andere würde das Spendewesen 'austrocknen' und wäre insbesondere rückwirkend, für bis zum jetzigen Zeitpunkt abgegebene anonyme Spenden, ein massiver Vertragsbruch.
Ein Szenario, das Vielfachspender problematisiert und die Auskunft wünschenswert erscheinen läßt, ist die Möglichkeit von unbewußtem Inzest (mal wieder ein Romanthema?) - aber diese Befürchtung läßt sich auch per DNA-Vergleich ausschließen, ohne den (potentiell gemeinsamen) Vater benennen zu können.

Padreic, das stimmt zwar, der Artikel sagte aber auch, daß die Gutachterin auch mindestens eine nachweislich gefälschte Unterschrift zunächst als echt beurteilt hatte. Die Gegnerin hat anscheinend sogar mehrere Fälschungen zugegeben. Insofern traue ich dem graphologischen Gutachten nicht. Darüber hinaus wissen wir nicht, was die einzelnen Unterschriften jeweils besagten. In den ersten, zweifellos von ihm selbst geleisteten mag es um seine persönlichen Daten, den Vertrag über die Lagerung von Sperma über ein Jahr (!), vielleicht auch noch eine Verlängerung, eine Information über medizinische Risiken oder was auch immer gegangen sein. Wieviele von den späteren Unterschriften über Verlängerung und Befruchtung dann noch von ihm stammen, und was für welche, ist unklar, aber ich sehe nicht, wie das Gericht zur Auffassung kommen kann, die Zwillinge seien mit seinem Einverständnis gezeugt worden, wenn mehrere dafür erforderliche Unterschriften nachweislich gefälscht waren.

e-noon
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Mo 11. Feb 2013, 13:41 - Beitrag #11

Wow, Lykurg! Allerdings ein Romanthema! :boah:

Unterschriften hin oder her: Ich denke, es ist offensichtlich, dass der hier Vater gewordene dies nicht mit seiner Exfreundin werden wollte. Es ist aus meiner Sicht nicht einzusehen, für diese Unterhalt bezahlen zu müssen. Die Frau hat unverantwortlich gehandelt, die Kinder werden, wie schon gesagt, vermutlich in jedem Fall darunter leiden, und der Exfreund wohl auch. Steht denn in irgendeinem der Artikel, warum das Sperma eingefroren wurde (es scheint sich ja nicht um eine anonyme Samenspende zu handeln) und wieso die Exfreundin Zugang dazu hatte, nachdem der Zugang zur, sagen wir, natürlichen Quelle dieser Spermien ihr verwehrt war?

Traitor
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Mo 11. Feb 2013, 13:47 - Beitrag #12

Nein, das Kind war für mich der Zweite. Damit habe ich zwar die Mutter wegdiskriminiert, aber die hat ja auch rechtlich erstmal wenig damit zu tun, wenn ihr erwachsen gewordenes Kind die Identität des Spendervaters einklagt. Und dann sähe ich es halt als ganz guten Kompromiss, dass das Kind darauf bestehen kann, den Namen des Vaters zu erfahren oder ihn sogar zu treffen, dass jener aber weiterhin darauf bestehen kann, nicht in der Öffentlichkeit oder auch nur der Mutter gegenüber bekannt zu werden.
Dass da rückwirkend die ursprünglich angenommenen Regeln gebrochen werden, macht die Sache natürlich noch schwieriger. Juristisch kommt es dann vermutlich darauf an, mit wie elementaren Grundrechten der Kenntniswunsch begründet wird und wie diese gegenüber reinen Vertragsbedingungen gewichtet werden. Moralisch unschön aber auf jeden Fall, daher die Suche nach einem beidseitig möglichst folgenlosen Kompromiss.

Das Romanthema zu verhindern sollte doch eigentlich zum Aufgabenbereich der Banken und Befruchtungskliniken gehören.

Lykurg
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Mo 11. Feb 2013, 14:50 - Beitrag #13

e-noon, im Artikel heißt es "für den Fall einer Erkrankung eingefroren". Sinnvoll wäre derartiges natürlich vor die Fruchtbarkeit gefährdenden Behandlungen, insbesondere einer krebsbedingten Chemo oder OP. Den Zugang hatte sie, weil sie die Aufbewahrung bezahlte und die Formalien dafür übernommen hatte - warum auch immer. Vielleicht war von Anfang an ein Vorsatz dabei - ich hörte gerade von einer Frau, die fünf Jahre lang mit einem ungeliebten Mann zusammenblieb, weil sie ihrem Sohn die Scheidung erst mit zehn zumuten zu können meinte. Offenbar erzählte sie das frühzeitig in ihrem Bekanntenkreis herum, nur der Mann wußte nichts davon. - Im hier angegebenen Fall könnte etwa sein, daß der Vater vermögend genug ist, daß sie ihn langfristig als Unterhaltszahler ihrer Kinder (und damit auch ihrer selbst) verpflichten wollte.

Traitor, ich hätte die Vertragsparteien (Spender und Klinik) als ersten und zweiten betrachtet, die notwendigerweise die Identität kennen müssen. Die Mutter geht die Identität des Spenders ohnehin nichts an, das sehe ich genauso - sonst soll sie keine 'anonyme' Spende wünschen. Das Kind - ich tue mich schwer damit. Meinetwegen soll es ihn in Erfahrung bringen dürfen, aber es sollten keine Verpflichtungen daraus entstehen können. - Kann man etwa bei einer Organspende einen Anspruch darauf geltend machen?

Samenbanken in Holland nehmen nur 25 'Spenden' pro Person an, um das Risiko klein zu halten - allerdings ist das eine frei festgelegte Zahl, ein Restrisiko besteht natürlich. Hier ein Bericht über jemanden, der in Eigeninitiative 75facher Vater geworden ist - und der viele seiner Kinder kennt, von denen sich wiederum einige (über ihn und resultierende Massentreffen) kennen. Vor geraumer Zeit habe ich einen Fall von einem Samenbankbetreiber in Deutschland gelesen, der in Eigeninitiative um die 150 Kinder zeugte (glaube ich) - wenn das in einem relativ begrenzten Umfeld passiert, wird die Wahrscheinlichkeit von Inzest schon deutlich höher.

Wirklich verhindern kann die Klinik das jedenfalls nicht, Traitor - selbst wenn sie nur jeweils eine Spende annähmen, könnte es ja noch natürlich gezeugte Kinder geben. Oder meinst du, sie sollten die Klientenkinder ein Leben lang bei der Partnerwahl beraten? ;)

Traitor
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Mo 11. Feb 2013, 15:36 - Beitrag #14

Das finde ich dann doch auch etwas zu weit gehende Motivspekulation und würde den Fall bis zur höchstinstanzlichen Klärung den Gerichten überlassen.

Organspende als Vergleich erscheint mir nur mäßig passend, da es für sie kein historisch-kulturell gewachsenes Vorbild gibt, während es für biologische Elternschaft eben traditionell als sehr wichtig gilt, sie zu kennen.
Finanzielle oder sorgerechtliche Verpflichtungen auf keinen Fall, das sehe ich genauso. Ein einmaliges Treffen erscheint mir aber zumutbar.

In Sachen Inzest habe ich eine Generation zu kurz gedacht, dachte, du meintest nur den Fall, dass die Samenspende bei einer weiblichen Verwandten des Spenders landen könnte. Dann wird mir auch klar, warum du explizit Mehrfachspender betontest. In der Form tatsächlich ergiebig für Romane.

Maglor
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Mo 11. Feb 2013, 23:05 - Beitrag #15

Zitat von Traitor:Grundsätzlich kann ich aber nicht einsehen, dass Unterhaltsansprüche bestehen sollen, wenn keine explizite Einverständnis zum konkreten Befruchtungsakt vorliegt, und würde wie Ipsissimus sagen, dass es damit an ganz elementare Grundrechtsfragen geht.

Dass auch ein ungewollter Befruchtungsakt zur Schwangerschaft und auch zur Vaterschaft führt, ist doch eigentlich bekannt.

Warum sollte eine ungewollte künstliche Befruchtung anders behandelt werden als eine ungewollte natürliche Befruchtung?
Es schließt ja auch die Vaterschaft nicht aus, wenn ein Mann einfach nur Sex wollte, ganz ohne die Absicht zu haben, ein Kind zu zeugen oder gar von Verhütung oder sonstiger Unfruchtbarkeit ausgehend.

Bei natürlicher Befruchtung gibt es auch gelegentlich die Absicht des Beiwohnenden, anonym zu bleiben und den Wunsch der Mutter den Namen des Erzeugers vor dem Abkömmling geheimzuhalten.

Traitor
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Sa 16. Feb 2013, 19:46 - Beitrag #16

Die "ungewollte natürliche Befruchtung" ist aber immer noch ein gewollter Akt mit mutwillig ignoriertem Befruchtungsrisiko bei Kenntnis der Partnerin. ("Mildernde" Umstände wie alkoholisch oder sonstwie herabgesetztes Bewusstsein ignorierend.) Bei Samenspenden liegt offenkundig eine generelle Befruchtungsabsicht ohne Einschränkung des "Zieles" vor. Wenn Samen mit Einschränkungen aufbewahrt wurde und diesen entgegen eingesetzt wird, ist das aber ein ungewollter Akt auf viel eindeutigere Weise als bei vergleichbaren natürlichen Vorgängen.

janw
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So 24. Mär 2013, 22:32 - Beitrag #17

Den ersteren Fall halte ich für skandalös, Urkundenfälschung und Eingriff in die informationellen Selbstbestimmungsrechte (Verfügung über das Sperma) sollten eigentlich durchzufechten sein.

In dem anderen Falle konnte das Gericht gar nicht anders entscheiden, da bereits EU-Recht das Recht auf Kenntnis der Abstammung bestimmt. In meinen Augen auch völlig zu Recht, in meinen Augen muss jede/r die Möglichkeit haben, zu erfahren, von wem ersie abstammt.

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Mo 25. Mär 2013, 10:23 - Beitrag #18

Wobei die Lösung doch eigentlich sehr nahe liegt, da die Dinge einander ja nicht ausschließen. Wenn man das System der Samenspenden retten und gleichzeitig das Recht auf Kenntnis der Abstammung gewähren will, dann regelt man das so, dass ein Samenspender rechtlich von allen Kosten freigehalten wird, die durch die Samenspende entstehen könnten, insbesondere Beteiligungen an Großziehen, Erziehung und Ausbildung, und das Kind auch kein Erbrecht hat, der Spender andererseits aber sich damit einverstanden erklären muss, dass ein Kind auf Wunsch gegebenenfalls seine Kontaktdaten erhält (und er natürlich auch keinen Anspruch auf Unterstützung seitens des Kindes hat).

Es sei denn natürlich, es ginge gar nicht um das Recht des Kindes, sondern um die Beteiligung des Spenders an den Kosten. In dem Fall ist das System erledigt. Es sei denn, die Kliniken oder Sammelstellen würden sich auf anonyme Spenden einlassen.

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Mo 25. Mär 2013, 18:32 - Beitrag #19

So ist es, Ipsissimus. Anonyme Spenden wären dann zwar ein Weg, aus der Unterhaltspflicht zu entkommen, würden aber eben das Recht, die Identität des Vaters kennenzulernen, beschneiden. Insofern schiene mir eine entsprechende Ausschlußregelung späterer Verantwortung als der weitaus angemessenere Weg einer für alle Beteiligten akzeptablen Umsetzung.

janw, ich denke auch, daß im ersten Fall das Urteil nicht abschließend sein kann und die nächste Instanz nur gegenteilig urteilen können sollte. Als unter die "informationelle Selbstbestimmung" fallend hatte ich Sperma bislang eigentlich nicht betrachtet, schöner Einfall. (So gesehen im "vergleichbaren natürlichen Fall"^^ eine Steckverbindung mit enorm hoher Datenübertragungsrate.) Bild
Wenn aber deiner Meinung nach jeder das Recht haben soll, zu erfahren, von wem er/sie abstammt, wie ist das mit außerehelich gezeugten Kindern zu handhaben?

Ipsissimus
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Mo 25. Mär 2013, 19:03 - Beitrag #20

Solange es aber keine entsprechende gesetzliche Regelung gibt, scheint es mir beim derzeitigen Stand der Urteile fast die einzige Möglichkeit, das System zu retten. Jedenfalls spielt jeder Spender, der das derzeit nicht anonym macht, mit dem Feuer.

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