Die Verbrechen der Juntazeit waren massiv und relativ öffentlich, ich finde die Glaubwürdigkeit seiner Verteidigung, er habe wenig Kontakte gehabt, eher mäßig. Noch wichtiger wäre für mich allerdings, was er jetzt daraus macht, wie und ob er nochmal dazu Stellung bezieht und die Aufarbeitung in Argentinien voranbringt. Gewählt ist nunmal gewählt, ein Rücktritt aus solchen Gründen kommt mE nicht infrage. Was ist das denn schon gegenüber Päpsten vergangener Zeiten, die vergleichbare Foltermaßnahmen und Kriege selbst anordneten bzw. führten...
Ich überlegte schon, ob die Namenswahl Franziskus auch auf Jalics in gewisser Weise bewußt Bezug nimmt, ob Bergoglio damit diesen Teil seines Lebens reflektieren und Verantwortung zeigen wollte. Ggf. ein Seligsprechungsverfahren für Jalics einzuleiten, würde zeitlich wohl schwierig, normalerweise wird das erst frühestens fünf Jahre nach dem Tod eingeleitet, Ausnahmen gab es zuletzt für Mutter Teresa und für
JP II.
Ich denke, ihn in argentinischer Manier zu schneller Zielerfüllung durch Op[size=75]us-Dei[size=75]-Fachkräfte [/size]liquidieren zu lassen, wäre eher kontraproduktiv.[/size]
Bescheidenheit als Charaktermerkmal finde ich durchaus nicht irrelevant, und bezogen auf seine bisherigen Lebensverhältnisse wird das von vielen Seiten kolportiert bzw. hat bislang keinen Widerspruch gefunden. Der Verzicht auf Dienstwagen ist jedenfalls
jetzt schon sichtbar geworden. Relevant wird es für die Amtsführung besonders, wenn man bedenkt, wie sich in gerade mal einem halben Jahrhundert der vatikanische Prunk geändert hat. Ich empfehle hier - ggf. nur als Querlektüre - den Wikipediaartikel zur
Papstmesse. Die Papstkrone, der Tragsessel, Fußkuß etc. sind innerhalb von gerade mal fünf Päpsten abgeschafft worden (mit kleinen Rückschritten unter Benedikt XVI.) - und anscheinend geht es jetzt weiter.
Zitat von Stuttgarter Nachrichten:Immerhin hat er am Abend zuvor das „Armdrücken“, wie es italienische Zeitungen nennen, mit dem vatikanischen Zeremonienmeister Guido Marini gewonnen: „Sie müssen, Heiliger Vater, für den Urbi-et-orbi-Segen den roten Umhang mit dem Hermelinbesatz umlegen“, hatte Marini ihm gesagt: „Und das goldene Brustkreuz, schauen Sie, das haben wir schon vorbereitet.“ Bergoglio trat ohne Umhang auf die Loggia des Petersdoms, im päpstlich weißen, aber protokollwidrig schmucklosen Talar. Und das goldene Brustkreuz ließ er in der Schatulle. Seit er Bischof sei, beschied er den Zeremonienmeister, trage er eines aus Eisen. „Und das trage ich auch heute.“
Außerdem hat er die Argentinier
dazu aufgerufen, nicht zu seinen Ehren nach Rom zu reisen, sondern die Kosten für den Flug lieber den Armen zu spenden. Finde ich soweit sehr gute Ansätze.
Edit: Umfassend gegenan ein Interview in der
taz, das seine Gesten als Berechnung bezeichnet und ihm erhebliche Junta-Verstrickung nachweist bzw. unterstellt.