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Sa 7. Dez 2013, 02:50 - Beitrag #1 |
Unterseeische SüßwasserreservoirsLaut einem Bericht, der sich auf einen Artikel in Nature stützt, wurden am Meeresgrund vor diversen Kontinenten riesige Mengen Süßwasser gefunden - der Artikel spricht von der für mich unvorstellbaren Menge von 500.000 km³ - das wäre immerhin ein halbes Millionstel des Erdvolumens. Es handle sich um das hundertfache des seit 1900 aus dem Boden geförderten Wassers... Daß es solche Vorkommen gibt, wußten schon die alten Griechen, die mancherorts unterseeische Quellen anzapften. Aber solche Mengen, kann das überhaupt größenordnungsmäßig sein? Und auch wenn die Förderung aufwendig sein dürfte, kann das unseren Umgang mit Wasser ändern - sollte man etwa Wüsten bewässern?
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Sa 7. Dez 2013, 05:16 - Beitrag #2 |
Spannend, aber zu einfach dürfte das ganze nicht werden:
1) Riesige Mengen von Wasser ohne Verunreinigungen von unter dem Meeresgrund zur Küste zu transportieren ist sicherlich kein unbeträchtlicher Aufwand -- besonders in Afrika. 2) Es handelt sich, wenn ich es recht verstehe (ich habe leider keinen Zugriff auf den Originalartikel) nur zum Teil um Süßwasser, zum größeren vermutlich um "Brackwasser", also Wasser vom Salzgehalt zwischen Süß- und Salzwasser. D.h. eine Entsalzung wäre immer noch notwendig, wenn natürlich auch mit erheblich kleinerem Aufwand verbunden als die Entsalzung von Meerwasser. Da Wasserknappheit primär einige der ärmsten Regionen der Welt betrifft, sehe ich nicht, wie an diesen Orten so etwas im großen Stil finanziert werden kann. Versuchsprojekte mögen von sporadischen Geldgebern finanziert werden, aber eine großflächige Anwendung sehe ich in den nächsten Jahrzehnten kaum. Häufig gäbe es ja sehr viel einfachere und billigere Methoden, um Wasserknappheit auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, die aber aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten und unsicherer politischer Lage längst nicht immer durchgeführt werden. -- So ähnlich wie es natürlich durchaus möglich wäre, jeden Menschen auf der Welt zu ernähren, wenn es denn lukrativ wäre. Bevor man ganze Wüsten bewässert, wären wohl zielgerichtete Bewässerungen in der Sahelzone, um der Verwüstung Einhalt zu gebieten, ein erster Schritt. Übrigens, die Menge kann durchaus sein -- es gibt 1,3-1,4 Milliarden Kubikkilometer Wasser auf der Erde. 500.000 Kubikkilometer sind zwar viel, davon aber nur ein kleiner Anteil. |
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Sa 7. Dez 2013, 12:19 - Beitrag #3 |
Das sehe ich auch als Hauptproblem, dürfte je nach genauer geographischer Situation kaum einfacher als Entsalzung sein.
Siehe dazu das ABC-Zitat: Die "some cases" würden sicher am ehesten ausgebeutet werden. Andererseits wäre ich mir nicht sicher, ob der Ausgangssalzgehalt wirklich einen so großen Einfluss auf den Gesamtaufwand der Entsalzung hat, halte die Brackanteile also für eher wertlos. Aus eben deinem genannten Finanzargument würde ich vermuten, dass eher Australier oder Araber ihre Wüsten bewässern, als dass sich jemand um den Sahel kümmert... |
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Sa 7. Dez 2013, 12:49 - Beitrag #4 |
Ja, der Hinweis auf das Brackwasser stimmt natürlich - auch wenn in diversen Ländern auch das genutzte Trinkwasser ziemlich brackig ist, wäre gerade für Bewässerungsprojekte Entsalzung wichtig, um nicht längerfristig den Boden zu zerstören (das Problem besteht ja auch bei minimal zu hohem Salzgehalt in erbohrtem Grundwasser). Und danke für die Vergleichszahl, das rückt es ein bißchen in Perspektive; trotzdem finde ich ein Drittelpromill davon eine erstaunlich große Menge für einen auf einmal bekanntgemachten Fund. Naja, vermutlich wußten die entsprechenden Fachleute schon lange, daß da größere Mengen sein könnten, und haben nur jetzt genug Daten, um was über die Größe sagen zu können.
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So 8. Dez 2013, 17:45 - Beitrag #5 |
da gewinnt die Sintflut-Geschichte doch plötzlich ganz neue Relevanz^^ "... und der Herr öffnete die Brunnen der Tiefe"
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So 8. Dez 2013, 22:33 - Beitrag #6 |
Grundsätzlich sind die Vorkommen schon länger bekannt, die Mengenabschätzung dürfte aber neu sein.
Zur Nutzung muss man bedenken, daß diese Vorkommen, so groß sie auch erscheinen mögen, endlich sind. Aufgrund ihrer Lage, eingenischt zwischen anderen Grundwasserschichten, dürfte der gewinnbare Anteil auch nur einen Teil der Menge darstellen. Die Bewässerung von Wüsten hat bisher immer zur Bodenversalzung geführt, da die Salze im Wüstenboden vorkommen und durch das Wasser an die Oberfläche gelangen. Der Sahel leidet meines Wissens weniger unter direktem Wassermangel als unter Zerstörung der natürlichen Vegetationsdecke, insbesondere Trockenwälder und Gebüsche. Diese binden den Boden und schützen ihn vor Verwehung und halten Grundwasser im Boden, außerdem führt die durch sie verursachte Geländerauhigkeit zur Abbremsung von Winden und fördert das Abregnen von Niederschlägen. In diesem Zusammenhang könnte auch die Waldrodung in Westafrika eine Rolle spielen, da der Wald durch seine Verdunstungswirkung die vom Atlantik kommenden Niederschläge in das Landesinnere umwälzt (vergleichbar der Situation im südlichen Amazonasbecken). |
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Mo 9. Dez 2013, 11:12 - Beitrag #7 |
500k qkm klingt viel, ist aber in Bezug zur Gesamtgröße der Erde eher wenig. Das sind 1000×100×5 km, also deutlich weniger als bestünde Deutschland bis in 5km Tiefe komplett aus Wasser. Aber immerhin genug, um bei Entleerung dieser Reservate erhebliche Auswirkungen auf den Gesamtwasserhaushalt der Oberfläche zu haben. Das dürfte für 5 bis 10 Meter höhere Küstenlinien reichen, von den zusätzlichen Regenfällen ganz zu schweigen.
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Mo 9. Dez 2013, 15:29 - Beitrag #8 |
Naja, ich vermute mal, würde man die abpumpen, würde sich zumindest längerfristig auch der Meeresgrund absenken oder Meerwasser in die entstehenden Hohlräume eindringen, was den Meeresspiegel wieder senken sollte. Zugleich würde bei einem Wüstenbewässerungsprojekt durch zusätzliche Biomasse und erhöhte Luftfeuchtigkeit eine Menge Wasser an Land gebunden. Ob die Küstenlinie deswegen also zwangsläufig höher läge, wage ich zu bezweifeln.
Aber ja, das Versalzungsproblem (danke für den Hinweis auf bereits vorhandenes Salz im Boden, janw!) spricht gegen derartige Vorhaben. Klassische Aufforstung ist dann wohl der bessere Weg. |
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Mo 9. Dez 2013, 15:59 - Beitrag #9 |
das Wiederauffüllen ist laut dem zitierten Artikel unwahrscheinlich bzw. würde erneut geologische Zeiträume beanspruchen:
"We should use them carefully: once gone, they won't be replenished until the sea level drops again, which is not likely to happen for a very long time," says Post Und wenn dieses Wasser Teil des Tiefenwassers sein sollte, das für die Plattentektonik zuständig ist, würde es auch keine signifikante Absenkung des Meeresspiegels geben, jedenfalls nicht aufgrund dieses Einflusses. Alles sehr schwierig abzuschätzen, aber wie ich unsere Leute kenne, werden sie erst mal voller Begeisterung machen und hinterher völlig überrascht oh sagen. Aber das ist dann Teil der Herausforderung zukünftiger Generationen, die Wasser und Sauerstoff ohnehin nur noch aus Aufbereitungsanlagen kennen^^ |
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So 5. Jan 2014, 13:47 - Beitrag #10 |
Lykurg meinte vermutlich kein echtes Auffüllen mit Süß-/Brackwasser, sondern einfach nachströmendes Meerwasser. Plattentektonik basiert meines Wissens großenteils auf der Viskosität des Mantelgesteins selbst, Wasser sollte da höchstens einen sekundär modifizierenden Einfluss haben, der aber vermutlich auch nicht ausreichend erforscht ist. Die Reservoirs, um die es hier geht, liegen aber sicher noch ganz normal in der Kruste, sonst wäre alles Gerede über Erschließung pure SF. |
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So 5. Jan 2014, 13:53 - Beitrag #11 |
im DLF lief letztens eine Sendung über die Plattentektonik, da wurde diese Viskosität im Wesentlichen als Folge des im Mineral unter hohem Druck eingesperrten Wassers dargestellt
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So 5. Jan 2014, 13:59 - Beitrag #12 |
Die hier? Klingt für mich genau gegenteilig. Zumindest die neuen Befunde, die sie behandelt. Und die Lehrbuchmeinung "Schmiermittel" ist in etwa das, was ich mit "sekundär modifizierend" meine - aber vielleicht würde ein echter Lehrbuch-Geowissenschaftler mir widersprechen und sagen, das sei nicht sekundär.
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So 5. Jan 2014, 23:38 - Beitrag #13 |
Zur Rolle des Wassers: Nach der herrschenden Meinung wird die Viskosität des Olivins durch in den Olivinkristallen enthaltenes Kristallwasser bewirkt/gefördert.
Kristallwasser ist Wasser, das als Moleküle in Kristallgitter eingelagert ist. Es ist kein freies Wasser, das irgendwie in Bewegung ist. (Beispiel: Kupfersulfat, bildet mit Kristallwasser blaue Kristalle, das durch Erhitzen entweicht, worauf die Kristalle zu weißem Pulver zerfallen). In dem Versuch wurde mit künstlichem Olivin gearbeitet, und dabei ergab sich, daß das Kristallwasser offenbar weniger zur Viskosität beiträgt als angenommen. Man muss den Artikel aber genau lesen: Man hat künstliuchen Olivin genommen, um den Einfluss von Wasser, das nicht als Kristallwasser gebunden ist, auszuschließen. Vielleicht spielt dieses freie Wasser, das es auch gibt, eine wichtige Rolle in dem Geschehen. Dieses Wasser hat aber nichts mit den Wasserreeserven zu tun, um die es hier geht - die liegen im oberen Teil der Erdkruste, ca. 40km über der Grenze zum Erdmantel. |
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