Mir geht es recht ähnlich. Ich kann meine Freunde an einer halben Hand abzählen und meine letzte Beziehung ist fünf Jahre her und einige Dinge, die anderen Menschen einfach zufallen zu scheinen, erscheinen mir fast unerreichbar. Ich begebe mich nie in Situationen, in denen ich neue Menschen kennenlernen könnte. Das habe ich vor ein paar Jahren noch versucht und fand es sehr anstrengend. Meine hohen Erwartungen an Intelligenz und Menschenkenntnis führen da auch zu ständiger Enttäuschung, die mich recht hoffnungslos gemacht hat, auf gut Glück Menschen kennenzulernen. Seit ein paar Jahren habe ich es dann nicht mehr versucht und auch meinen (damals noch etwa 15 Menschen zählenden) Freundeskreis stark verringert durch die Entscheidung, nicht mehr auf Parties zu gehen/zu saufen.
Einerseits entgehe ich dadurch all den Situationen, die mich launisch instabil machen und mich mit meinen Schwächen konfrontieren. Andererseits sitze ich dadurch nur noch vorm Computer und erzeuge keine bleibenden Erinnerungen. Auch Komplexe werden dadurch erzeugt oder verstärkt, ich fühle mich durch fehlenden Kontakt zu Frauen (ausserhalb des Büros) zunehmend schüchtern und unmännlich. Allerdings sehe ich das nicht direkt als Problem oder Fehler, sondern als lästige Nebenwirkung eines Lebensstils, der zu mir passt. Ich habe viele Jahre gebraucht um zu verstehen, dass ich mein Glück nicht aus den gleichen Quellen beziehen kann/muss, wie es die Menschen um mich herum tun. Dass ich ganz bewusst sagen kann "ich gestalte mein Leben anders", selbst wenn dieses Anders für jemanden, der meinen Hintergrund nicht kennt, in erster Linie nach Kellerkind / ewig Single aussieht. Mein innigster Wunsch ist es oft, ohne jeglichen Zeitdruck einfach im Bett liegen und über Dinge nachdenken zu können, oder im Nebel zu spazieren, das ist für mich Glücklichkeit/Stabilität. Fast alle grellen, bunten, aufgedrehten und leidenschaftlichen Dinge erzeugen in mir nicht auch nur ansatzweise so viel Glück, wie es, wenn man unserer Gesellschaft zuhört, der Fall sein sollte. Und das ist erstmal ok so.
Ich bin mir allerdings auch bewusst, dass es Menschen gibt, die meinen Lebensstil ändern könnten, die mich faszinieren können und werde mich nicht absichtlich dagegen versperren, aber so wie es idiotisch war, als 14jähriger unbedingt so schnell wie möglich Sex zu haben wollen um mitreden zu können wäre es jetzt idiotisch, sich krampfhaft um Freunde und Beziehungen zu bemühen, nur um dem gesellschaftlichen Ideal eines in die Gesellschaft integrierten Erwachsenen zu entsprechen. Eine Freundin meinte mal zu einer bestimmten Eigenschaft von mir, dass ich sie nicht als Problem betrachten soll und sie folgedessen bekämpfen, sondern dass ich mir bewusst machen muss, dass das eben mein Charakter ist und mir nichts bleibt als einen Weg zu finden, trotz dessen / damit zu leben.
Und zuguter letzt ist "allein" ein negativ konnotiertes Wort für etwas, dass ich einen großteil der Zeit wunderschön finde, auch wenn es einem an manchen Tagen die Tränen in die Augen treibt