Schade, schade. Ein paar Jahre mehr und dann der angepeilte selbstbestimmte Abgang wären ihm noch zu gönnen gewesen. Auch, wenn ein Schreibfanatiker wie er es sich vermutlich nicht hätte gönnen können, sich die letzten Jahre ein schönes ruhiges Leben zu machen, und das Weitermachen irgendwann doch zur Qual geworden wäre - so hat wenigstens weder er noch jemand anderes eine schwere Entscheidung fällen müssen.
Seine Welt, sein Stil, seine Figuren sind unvergleichlich, und vermutlich habe ich über die Jahre immer wieder phasenweise genauso viel von ihm alleine wie von allen anderen Autoren zusammen gelesen. Schade, dass er hierzulande immer noch etwas stärker in der reinen Humorecke verortet wurde als in seinem Heimatsprachraum. Neben des allseits bekannten verfremdete-Satire-als-Vehikel-zur-Realwelt-Kritik und der damit zusammenhängenden humanistischen Agenda hat mich zunehmend auch seine Verarbeitung des britischen Mythenfundus fasziniert, die mir beim Erstlesen vor 15 Jahren teils entgangenen stilistischen Vorlagenbezugs-Details, und die in manchen seiner besten Bände so ungeheuer real wirkende Atmosphäre ("Night Watch", erste 2 (?) Tiffany-Aching-Bände, später dann leider wieder verloren gegangen), mit der er zeitweise seine Genregrenzen weit hinter sich gelassen hatte.
Ein ganz kleines bisschen war meine Pratchett-Begeisterung dabei zwar in letzter Zeit abgekühlt; nicht nur waren seine letzten paar Bücher durch die Bank enttäuschend, auch beim (noch laufenden) alle-Scheibenwelt-Bücher-von-vorne-erneut-Lesen-Projekt finde ich (wohl naturgemäß) stets ein paar Mängel mehr, als ich in Erinnerung hatte - insbesondere einen leichten Hang zur pädagogischen Aufdringlichkeit. Aber das Spätwerk sollte man nie gegen einen Künstler halten, wenn sein Früh- und Hauptwerk so ikonisch ist. Und angesichts dessen, was ich Tolkien alles an weltantschaulicher Fragwürdigkeit durchgehen zu lassen bereit bin, ist Pratchetts Pädagogik ein völlig vernachlässigbarer Makel, zumal seine Botschaften von Humanismus, Toleranz und für-sich-selbst-denken dafür ja um so untadeliger sind.
Verlinkt von einem Nachruf habe ich nachträglich einen sehr interessanten Gaiman-
Artikel im Guardian von letztem Herbst entdeckt. Erfrischende Abwechslung zu den stets bemühten und teils durchaus niedlichen, aber doch eher öden Nachrufen und Zitatschlachten, die man aktuell natürlich überall zu lesen bekommt:
Zitat von Neil Gaiman:There is a fury to Terry Pratchett’s writing: it’s the fury that was the engine that powered Discworld. It’s also the anger at the headmaster who would decide that six-year-old Terry Pratchett would never be smart enough for the 11-plus; anger at pompous critics, and at those who think serious is the opposite of funny; anger at his early American publishers who could not bring his books out successfully.
Und einen sehr schönen
Nachruf-xkcd gibt es auch: Mip! Mip!