Habemus Scandalum!
Worum geht's?
Aus dem Nichts kommende Anklage wegen LANDESVERRATS!!!11elf gegen Online-Journalisten, die über BND-Interna zu Überwachungsplänen berichteten. Zu Details möge man selbst die einschlägige Presse und Metapresse konsultieren.
Wie schlimm ist es?
Najanaja. Weder scheint der "Tat"bestand sonderlich viel herzugeben, noch ist der ursprüngliche Skandal ganz so schlimm, wie es dargestellt wird. Immerhin gibt es keine Festnahmen, Durchsuchungen oder Drangsalierungen. Nur ein Ermittlungsverfahren auf Anzeige. Wenn das dann nach pflichtschuldiger Untersuchung schnell eingestellt worden wäre, wäre ja eigentlich alles in Ordnung. Grotesk, dass es überhaupt zu der Anzeige kam; und dass sie nicht rundheraus abgelehnt wurde. Somit ein sehr beschädigtes Verständnis von Pressefreiheit bei Exekutive und Judikative offenbarend. Aber halt eigentlich nichts so richtig schlimmes.
Wer ist schuld?
Allerdings stellen sich mal wieder alle Beteiligten äußerst dämlich an und bauen sich so doch noch selbst einen richtigen Skandal draus. Unklar ist mir bisher, von wem die offensichtlich unangemessene "Landesverrat"-Keule ausging: war schon in der BND-Anzeige davon die Rede, oder hat Generalbundesanwalt Range in Eigenverschulden aus einer normalen (und juristisch vermutlich legitimen, wenn auch inhaltlich besser unterblieben gelassenen) Geheimnisverrat-Anzeige ein Mammut gemacht?
Grobe Formfehler gab es daraufhin von der Exekutive - warum versucht Maas, das Verfahren durch Drohgebärden und offensichtlich illegalen Einfluss auf die Anwaltschaft zu beenden, anstatt einfach den ebenfalls ihm unterstellten BND zurückzupfeifen, dass der seine Anzeige fallen lassen soll? Vermutlich ist der behauptete Straftatbestand einer, bei dem "der Staat" als Geschädigter gilt und der Anzeigende formell gar keine Möglichkeit mehr hat, die Sache zurückzuziehen - aber auch dann wäre mit einem klägerseitigen "ach ne, finden wir gar nicht so schlimm" ja wohl zumindest die ideale Voraussetzung für ein sauberes Einstellen des Verfahrens gegeben.
Und was ist der eigentliche Skandal?
Dass die Bundesanwaltschaft sich so eifrig an diesen Fall setzte, während sie den längst allgemein bekannten und anerkannten massiven und dauerhaften Landesverrat der in- wie ausländischen Geheimdienste und Politiker weiterhin duldet und sich mit "nicht genügend stichhaltige Beweise für einen Anfangsverdacht" herausredet. Wie haben die Juristen es eigentlich geschafft, den Begriff "Anfangsverdacht" so kaputtzudeuten, dass für ihn bereits 100%ig stichhaltige Beweise vorliegen müssen? Der Sinn eines Ermittlungsverfahrens ist es doch gerade, diese erst zu beschaffen, und der "Anfangsverdacht" im Wortsinne ist ja achtzigmillionenfach gegeben.
Ach ja, am Grundkonzept, dass der Justizminister den Generalbundesanwalt entlassen kann, scheint mir auch irgendetwas nicht so ganz zu stimmen...