Zitat von Feuerkopf:Ipsi, ich finde wir halten uns noch ganz ordentlich. Wir hatten keine Elendscamps wie an der Kanalküste in Frankreich
Der Einäugige ist natürlich der König unter den Blinden.
Abseits des Witzes bin ich jedoch der Meinung, dass Deutschland nicht glauben darf, den Wettkampf unter den Gerechten gewonnen zu haben. Gern werfen die Deutschen den anderen europäischen Staaten vor, sie würden die Flüchtlinge festhalten oder einsperren und im gleichen Atemzug wirft man ihnen vor, sie würde die Flüchtlinge einfach nur durchwinken. Es ist ganz egal, was Griechenland, Ungarn, Italien oder die Türkei in Sachen Flüchtlingspolitik tun oder unterlassen, ein richtiges Verhalten kann es aus deutscher Sicht nicht geben. Die nord- und mitteleuropäischen Staaten genießen ihre günstige geografische Lage, die ihnen eine scheinbar höhere Moral ermöglicht. Die Leichen werden schließlich am Strand von Lampedusa oder Lesbos angespült und schuld sind ganz gewiss die da unten.
Gerade in Calais vereinen sich gegensätzliche Aspekte der Flüchtlingspolitik beispielhaft.
Die Bewohner des Dschungels wollten Frankreich verlassen und nach England übersetzen. Welches europäische Land begeht hier den Fehler? Ist die
Kontrolle Ursache oder Lösung des Problems
Welches Verbrechen Frankreichs wäre größer?
(a) Frankreich löst das illegale Lager (gewaltsam) auf, nötigt die Bewohner zur Registrierung in Frankreich, verteilt sie gegen ihren Willen in den französischen Provinzen und verhindert mit restriktiven Maßnahmen jeden weiteren Versuch einer illegalen Ausreise ins Vereinigte Königreich.
(b) Frankreich duldet das illegale Basislager der Kanal-Über- und Unterquerer und sieht tatenlos zu, wie die Flüchtlinge ihr Leben riskieren, um nach England zu gelangen, und die Bürger vom Elend des rechtsfreien Dschungels verunsichert werden.
(c) Frankreich setzt sich aktiv dafür ein, den Wunsch der Flüchtlinge zu erfüllen, in dem es die Übersetzung zur Insel selbst organisiert und die Briten zur Aufnahme nötigt. (Diese Politik wäre mit dem Verhalten Österreich-Ungarns auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise vergleichbar.)
Frankreich hat sich jüngst für Lösungsweg (c) entschieden. Zumindest den Briten ist somit geholfen.
Zitat von Lykurg:Schon klar, daß Deutschland verhindern mußte, daß Schleuser mit überzogenen Versprechen zehntausende köderten, die sich dann für eine imaginierte Zukunft im gelobten Schland ihre Existenz aufgaben und sich verschuldeten. Die dagegen erfolgten Informationskampagnen des Auswärtigen Amts sind ja wohl auch recht erfolgreich. Inwieweit diese Flugzeugrückführungen von z.B. 34 Personen (!) dann aber wirklich etwas ausmachen und bewirken, jenseits vom persönlichen Leid, ist eine ganz andere Frage.
Ich glaube, du erliegst hier einem politischen Diskurs, der sich in erster Linie auf Fake-News und gewünschte Wahrheiten stützt, die scheinbar immer wahrer werden, je öfter sie ausgesprochen werden. Eines der hartnäckigsten
Fakes ist die Zahl der 1 Millionen Flüchtlinge, die sich unauslöschbar in die deutsche Retina eingebrannt hat. Ebenso beliebt ist die Geschichte der skrupellosen Schleuserbanden, die aus Profitgier leicht beeinflussbare Orientalen aus ihrer beschaulichen Heimat fortlocken und so die sogenannte Krise in Deutschland mutwillig auslösen.
"
Die Auswanderer" ist eine der beliebtesten Doku-Soaps in Deutschland. Das Märchen von Konny Reimann al(ia)s
Hans im Glück ist aber offensichtlich nicht geeignet das angeblich von Abstiegsängsten und Fremdenhass bestimmte deutsche Prekariat ins Ausland zu locken. Die Auswanderung wird im deutschen Pseudo-Doku als Trend präsentiert, mit dem man reich und berühmt werden kann. Es gibt jedoch keine mächtige Schleuserindustrie mit allmächtigen Televangelisten vom Typ RTL II. Warum sollte ein derartiger Meachanismus ausgerechnet in Afghanistan wirksam sein, wenn er in der deutschen Mediengesellschaft schon nicht funktioniert?
Betrachten wir nun eines der Länder, in denen der Krieg schon etwas länger her ist und die Einreise nach Deutschland vergleise ungefährlich war. Lediglich 0,5 % der Montenegriner sind 2015 nach Deutschland eingereist, obwohl sie das Heilsversprechen des deutschen Schlaraffenlands kannten und der Weg kurzzeitig frei von Hindernissen war. Die Montenegriner mussten weder ihrer Leben riskieren, noch sich verschulden, um nach Deutschland zu gelangen. Auf dem Höhepunkt der sogenannten Flüchtlingskrise am Balkan waren die Schleuser quasi arbeitslos geworden, da die illegale Durchreise Richtung Nordens von den Behörden mehrerer europäischer Staaten kurzzeitig geduldet, wenn nicht sogar beschleunigt wurde.
Die Lage der Afghanen war und ist natürlich eine völlig andere. Die meisten haben den Iran, den Irak und die Türkei illegal auf dem Landweg durchquert. (Die alternative Route führt durch die GUS.) Anschließend haben die Nichtschwimmer das Mittelmeer in einer Nussschale durchquert. Der Weg nach Deutschland, Schweden u. a. ist dagegen natürlich nur ein harmloser Spaziergang.
Afghanistan befindet sich Jahrzehnten in einer Abwärtssprirale und hat sich in Folge dessen zum Auswanderungsland entwickelt. Viele Afghanen haben Verwandte und Bekannte im Ausland. Aufgrund des Internets ist es sehr leicht mit der Diaspora in Europa Kontakt aufzunehmen. Die Informationen über Europa erhalten die Afghanen aus erster Hand und ohne den Umweg einer Schleuser-Propaganda. (Kritiker mögen jetzt anmerken, dass es gar nicht überall in Afghanistan Internet gibt. Die Flucht nach Europa ist jedoch so teuer, dass man schlicht annehmen muss, dass erfolgreiche Flüchtlinge bereits in Afghanistan einen Lebensstandard hatten, der die Nutzung von Smartphones ermöglichte. Andere musste hingegen einige Jahre im Iran schuften, um die teure Reise ins Ungewisse zu finanzieren.)
Zitat von Lykurg:Separat davon zu sehen ist allerdings der Umgang mit schweren Straftätern und Extremisten... da stellen sich uns Fragen, mit denen wir erst umzugehen lernen müssen.
Extrem wichtig wäre es im Umgang, wenn die deutsche Gesellschaft endlich anerkennen würde, dass diese Straftäter und Exteremisten nicht nur ein Teil unserer Gesellschaft sind, sondern auch in unserer Gesellschaft zu Straftätern und Extremisten geworden sind.
Wenn sich junge Menschen vier oder fünf Jahre in Europa aufhalten und dann ein oder mehrere Morde begehen, braucht man auch nicht mehr zu fragen, in welchem Land im fernen Orient sie zur Welt gekommen sind. Nordafrikanische Intentivtäter werden nicht als eben solche in Lampedusa angeschwemmt; sie entstehen in Europa. Deutschland und andere europäische Länder sollten sich die Frage stellen, warum das so ist. Einer der Hauptgründe ist meiner Meinung nach der, dass im Asylverfahren die Identität der Flüchtlinge regelrecht zerstört wird und ihnen dabei keine aktezeptierbare Identität zugestanden wird. Für die Illegalen bleiben die Nischen der Illegalität wie Drogenhandel, Taschendiebstahl oder auch Schleuserkriminalität übrig. Wenn man sowieso ständig auf der Flucht vor der Polizei ist, kommt es auf die Straftaten auch nicht mehr drauf ein. Deutschland ist auf den besten Weg dahin, die Afghanen auf die gleiche Weise zu zermürben, wie es mit den Nordafrikanern bereits gelungen ist.
Wenn es stimmt, was jüngst behauptet wurde, nämlich das der Berlin-Attentäter ein Anhänger des Hildsheimer Hasspredigers "
Abu Wallah" war, dann ist daraus zu schließen, dass der Berlin-Attentäter perfekt in die deutschsprachige Jihadistenszene integriert war und deren Ideologie übernommen hatte. Er war, wenn überhaupt Teil eines deutschen Terror-Netzwerk. Er plagiierte wahrscheinlich die Amokfahrt von Nizza, einen Anschlag in Frankreich. Er war also ein echter Europäer.