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Do 12. Okt 2017, 21:52 - Beitrag #1 |
KatalonienJeder kennt das Problem.
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Do 12. Okt 2017, 22:23 - Beitrag #2 |
die Atomwaffen gibt es dort schon längst^^
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Wer bist du, dass du die Qual lindern kannst und es nicht tust ...
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Mo 13. Nov 2017, 22:18 - Beitrag #3 |
Eigentlich tat ich mich immer schwer mit der katalonischen Unabhängigkeitsidee. Der Sprachstolz ist relativ beeindruckend, und die Geschichte der zentralstaatlichen Unterdrückung machte die Sache immer relativ sympathisch; die ganz offen primär finanzielle Motivation für das konkrete Unabhängigkeits- (statt nur Autonomie-) Streben dagegen im Vergleich etwa zum von ähnlichem historischen Unrecht zehrenden Schottland deutlich unsympathischer.
Mit der aktuellen Eskalation ist meine Sympathie dann aber ganz eindeutig auf die Katalanen eingeschwenkt. Dass das europäische Konzept von Rechtsstaat anscheinend anerkennt, dass eine Regierung paramilitärische Truppen gegen die Zivilbevölkerung ausrücken lässt und danach nicht Rajoy und Konsorten, sondern die katalanischen Politiker, auf der Anklagebank sitzen, ist grotesk. Direkt nach den Vorfällen dachte ich ja noch, die Zentrale hätte aus purer Idiotie gehandelt und jetzt würden Volk und Ausland so richtig mobilisiert, dagegenzuhalten; doch inzwischen sieht es nun leider so aus, als hätten sie tatsächlich richtig kalkuliert - den Lokalpolitikern fehlt es an Format, Konzept und Zusammenhalt für effektiven Widerstand, und Brüssel und der Rest Europas verstecken sich in der üblichen Mischung aus "geht uns nichts an" und "bloß keine anderen Separatisten ermuntern". Wobei "Sympathie" tatsächlich nu als emotionale und solidarische Haltung zu verstehen ist. Nüchtern betrachtet ist mir ein einiges Spanien weiterhin lieber; aber kein einheitlich faschistisches. Die Ideallösung wäre jetzt, dass die Zentralregierung zurücktritt / zurückgetreten wird und nach der Katalonien-Neuwahl gemäßigtere Regierungen auf beiden Seiten einen Autonomie-Kompromiss finden. Aber leider scheint die PSOE weiterhin nicht wahrzunehmen, dass sie die PP jederzeit stürzen kann, und somit wird außer mehr Repression nichts passieren... |
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Di 14. Nov 2017, 14:49 - Beitrag #4 |
da ich mit wesentlichen Aspekten der derzeitigen Europäischen Union nicht einverstanden bin, kann ich praktisch nur Befürworter der katalanischen Unabhängigkeit zu sein. Da ich aber nicht mit allen Aspekten der EU nicht einverstanden bin, kann ich eigentlich nur eine neutrale Haltung einnehmen^^
Die Entwicklung hin zu einem europäischen Einheitsstaat verträgt sich nicht damit, dass vorhandene Staaten erst mal gesplittet werden. Katalonien und Restspanien getrennt, nur um etwas später wieder in einen gemeinsamen Staat vereint zu sein? Oder soll es ein "Europa der Regionen" statt des Einheitsstaates sein? Das müsste erst mal politisch gewollt sein, und dann könnte Katalonien immer noch eine eigene Region werden. So oder so, der Sinn dieser Separationsbewegung erschließt sich mir nicht, abgesehen davon, dass da einem ungebochenen Lokal-Nationalismus gefrönt wird, der m.E. überhaupt nicht zu gleich welcher Idee einer EU passt. Volle Zustimmung allerdings zur Unsäglichkeit der Vorgehensweise der Zentralregierung. Die allerdings trifft sich wieder mit dem zögerlich-zaudernden Vorgehen Puigdemonts nach der Abstimmung, das bestenfalls als unprofessionell zu werten ist, eher aber als dilettantisch. |
Zuletzt geändert von Ipsissimus am Di 14. Nov 2017, 17:40, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Korrektur Wer bist du, dass du die Qual lindern kannst und es nicht tust ...
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Di 14. Nov 2017, 23:16 - Beitrag #5 |
Why not? Was im Donbass recht und billig ist, kann doch in Spanien nicht falsch sein. Die Schlange des Separatismus zu zertreten, bevor sie Zähne bekommt, ist das oberster Gebot eines jeden Staates. Die besondere Idiotie Kataloniens, aus dem Mutterland auszutreten um sich in der EU widerzuvereinen, ist keine besondere Idiotie. Das gleiche Spiel lief so auch in Osteuropa ab. Man betrachte nur das jugoslawische Beispiel. Zuerst werden mühelvoll mit Blut und Eisen und deutschem Segen neue grenzen am Balkan gezogen, nur um sie wenige Jahre später in der EU wieder abschaffen zu wollen. Als Musterländle kann hier Montenegro gelten. Der Staat "Sebien und Montenegro" wurde nur geteilt, damit Montenegro möglichst schnell in der EU zu verschwinden. Die Kleinstaaterei in Spanien ergibt jedoch keinen Sinn, da Spanien bereits Teil des westlichen Blocks ist. Eine Abspaltung ergibt nur Sinn, wenn der Kleinstaat dem Machtbereich einem gegnerischen Blocks zufällt, vgl. Georgien und Abchasien u. Süd-Ossetien, Nord- und Südzypern usw. Von daher sollten die katalonischen Separatisten auch aufhören mit ihrer Bettelei in Westeuropa, sondern sich endliche an Mächte, für die Katalonien wirklich wichtig ist. Wie auch immer, Zentral- und Regionalregierung sind würdige Nachfolger des Don Quixote de La Mancha, auch gewiss kein Katalane oder Kastilier, sondern ein edler Gote war. |
"Merkel und Steinmeyer werden noch als dunkles Kapitel in den Geschichtsbüchern erscheinen, fürchte ich. Und Schily als ihr Wegbereiter." janw
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Mi 15. Nov 2017, 00:08 - Beitrag #6 |
Ich wünschte, als der Begriff vor 10-20 Jahren (?) mal Mode war, wäre wirklich etwas daraus geworden. Sowohl der Separatismus als auch der Nationalismus könnten heute weit weniger grassierend sein. Schwierig zu beurteilen, ob er erst noch halbwegs geplant und geschickt abwartete, in der Hoffnung, dass sich der Zorn der Straße zu seinen Gunsten hochschaukelt, und sich damit halt legitim verzockt hat; oder ob er von vornherein überfordert war. "Das Referendum sollte nur ein Druckmittel sein, um gestärkt in Autonomieverhandlungen zu gehen" finde ich eigentlich ganz vernünftig, spätestens mit der Flucht wirkt die Dilettantismus-Interpretation aber in der Tat überzeugender. Doch, nach allgemeingültiger "Westeuropäische Bürger sind mehr wert als Osteuropäer"-Logik müssten die westlichen Regierungen da eigentlich deutlich schärfer reagieren. Natürliche Alliierte wären eigentlich die direkten Nachbarn, Valencia und die Balearen. Denen mangelt es aber trotz sprachlich-kultureller Brüderlichkeit an politischer Solidarität, primär dank positiverer Geldtransferbilanz mit der Zentrale. Und solange Russen weiterhin lieber auf dem madridtreuen Mallorca urlauben als in Barcelona, sieht es halt auch mit der Unterstützung echter "Mächte" düster aus. Zudem, wie schon im letzten Spanien-Thread diskutiert, die katalanischen, baskischen und schottischen Separatismen ungewöhnlich linksig sind, und damit für die typisch inter-patriotische Putinisierung weniger geeignet als anderswo. |
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Mi 15. Nov 2017, 22:20 - Beitrag #7 |
Solange beide Teile einigermaßen verträglich miteinander umgehen, wäre ein geregeltes Miteinander in der EU mE kein großer Nachteil - vgl. Tschechien und Slowakei, auch wenn die natürlich nie im Verein EU-Länder waren. Allerdings wäre der Abspaltungsprozeß mit seinen ganzen Entflechtungen und Unwägbarkeiten, insbesondere was die internationalen Verträge angeht, sicherlich höchst komplex und würde so einiges an Reibungsverlusten mit sich bringen - nicht nur ökonomisch gesehen. Andererseits hat die Zentralregierung sich auch bei mir mit ihrem Vorgehen so ziemlich alle Sympathien verspielt. Das gezeigte absolute Nichtvorhandensein jeglicher Sensibilität paßt leider vorzüglich zum Umgang mit dem Erbe der Franco-Diktatur, der Amnestie und absoluten Nichtbewältigung von Schuld und Verstrickung staatlicher und kirchlicher Akteure. Der Bürgerkrieg hat Katalonien besonders hart getroffen, und natürlich spielt das auch in den jetzigen Konflikt mit hinein, auch wenn vielleicht auch aufgrund der gelebten Tabus wirtschaftliche Beweggründe an erster Stelle genannt werden.
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Die rechten Christen führen keinen Krieg - Jacob Böhme
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Mi 15. Nov 2017, 23:20 - Beitrag #8 |
Das Problem könnte halt so wunderbar durch eine stärkere europäische Einigung gelöst werden; im Idealfalle wäre eine "Unabhängigkeit" nicht mehr als eine interne Restrukturierung. |
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Mi 15. Nov 2017, 23:33 - Beitrag #9 |
Schon, ja - wobei ich dabei auch die EU-internen Verträge meinte. Eine der großen Sorgen auch schon in Bezug auf das schottische Referendum, aber insbesondere jetzt im Brexit-Prozeß ist bzw. war ja wohl das kurze Zeitfenster, in dem bei vollzogenem Ausstieg entsprechende Verträge über Währung, Handel, Grenzsicherheit und unzählige andere Dinge ungültig und neu abzuschließen sind/(gewesen) wären. Wenn man es hinbekommt, daß im Fall einer 'friedlichen' Abspaltung beide Teile sich als EU-Partner in der Nachfolge akzeptieren und die entsprechenden Rechte einfach erben, wäre das prima - aber so einfach geht das im Zweifel nicht, einerseits wegen zu erwartender Ablehnung seitens Madrid, aber auch, weil "Spanien" als Vertragspartner rechtlich einfach nicht dasselbe ist wie "Restspanien + Katalonien"
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Die rechten Christen führen keinen Krieg - Jacob Böhme
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Mi 15. Nov 2017, 23:47 - Beitrag #10 |
Im derzeitigen Rechts- und Diplomatierahmen ist die Kontinuität leider völlig und selbst die halbwegs schnelle Neuaufnahme weitgehend unmöglich. Das Maximum (und meines Erachtens nach eigentlich auch Minimum), für das sich Brüssel, Deutschland usw. meines Erachtens in der aktuellen Realität einsetzen könnten (müssten), sind interne, offene und friedliche Verhandlungen über ausgebaute Autonomie.
Für tatsächliche Restrukturierungen auf Ebene der aktuellen Nationalstaaten würde ein "Europa der Regionen" mit extrem reduzierter Bedeutung der Nationalstaatenebene die einfachsten Voraussetzungen bieten; eine Schaffung einer automatischen Aufnahmeklausel für Abspaltungen würde es auch tun, ist aber offensichtlich ebensowenig gewollt. |
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Fr 22. Dez 2017, 19:08 - Beitrag #11 |
In Katalonien existieren natürlich eigene Fernsehsender, Zeitungen und Schulbücher in katalanischer Sprache. Sie sind der ganz spezielle Zugang zur katalanisch-srprachigen Bevölkerung.
Der Nutzen liegt auf der Hand. Es ist eine etablierte Gegenöffentlichkeit, in der auf ein eigenes Geschichtsbild verbreitet. So werden natürlich die böser Spanier mit dem Faschismus identifiziert und die Faschisten hätten ja die Katalanen schon im Bürgerkrieg bekämpft usw. Und das das ginge jetzt auch so weiter. Interessant ist auch die Verknüpfung des Separatismus mit dem Republikanismus. Das gibt es katalanischen Sache natürlich eine moderne Note. Monarchie ist rückständing, Ethnonationalismus fortschrittlich. Willkommen im 19. Jahrhundert. |
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Mi 23. Mai 2018, 22:55 - Beitrag #12 |
Tja, inzwischen hat sich zum Einen die innerkatalanische Machtbalance deutlich nach rechts verschoben, und dann liest man auch mittlerweile tatsächlich von Russland-Connections... Ansonsten wird das juristische Hickhack zwischen Madrid, Barcelona und Schleswig immer peinlicher. Natürlich spielen auch die Separatisten nicht ganz sauber, und sachlich gesehen halte ich ihr Anliegen immer noch für schädlich; aber die überzogenen Tatbestandsbehauptungen und der offensichtliche Wille, mit juristischen Winkelzügen die politische Arbeit zu sabotieren, lassen für mich weiterhin Madrid als die eindeutig Bösen in dieser Geschichte da stehen. Da diese Bevölkerung durchgängig mindestens zweisprachig ist, handelt es sich nicht um eine hermetische Gegenwirklichkeit, und somit sehe ich daran nichts verwerfliches. Die Verallgemeinerung, dass alle Spanier Faschisten waren und sind und alle Katalanen aufrecht waren und sind, ist natürlich falsch. Die Zentrale stellt sich aber selbst so direkt in die Unterdrückungstradition, dass da gar nicht mehr viel Propagandaarbeit von der Gegenseite nötig ist. Ich habe nicht den Eindruck, dass das vielen Separatisten ein wirklich wichtiges Anliegen ist, es ist aber natürlich ein netter Marketing-Bonus. |
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Di 29. Mai 2018, 18:45 - Beitrag #13 |
Eher doch Kiel, oder haben wir es mit einem schleswig-holsteinischen Separatismus zu tun? |
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Di 29. Mai 2018, 23:19 - Beitrag #14 |
So leicht kriegst du mich nicht dran, die Triangulation hatte ich durchaus sorgfältig recherchiert:
Tatsächlich ist es aber wohl ein Vierecks-Hickhack Madrid-Barcelona-Schleswig-Kiel, denn andererseits:
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Mi 8. Aug 2018, 07:13 - Beitrag #15 |
Schreventeich ist immerhin nicht die erwartete Antwort. Aber danke für die Nachrecherche; Schleswig ist aus meiner Perspektive irgendwie immer zu sehr Nest und entlegener sehr reizvoller Ausflugsort gewesen, um da ernsthaft das Oberlandesgericht zu lokalisieren. Aber ja, einwohnerzahlmäßig und insbesondere historisch bedingt natürlich sehr ungerecht.
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