Mittelalter

Das aktuelle politische Geschehen in Deutschland und der ganzen Welt sowie wichtige Ereignisse der Weltgeschichte.
Traitor
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Do 22. Nov 2001, 20:25 - Beitrag #1

Mittelalter

In einem anderen Forum (orald und Padreic kennen es, linken darf ich ja nicht *g*) gab es mal eine sehr interessante Diskussion zum Thema, wie "gut" das Mittelalter war.
Also, ob es eine "dunkle Zeit" oder ein goldenes Zeitalter war, eine fortschrittliche oder rückständige, kulturell hochstehende oder barbarische, was auch immer.

Ich hätte gern auch mal eure Meinung zu diesem Thema gehört.

Monoceros
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Do 22. Nov 2001, 20:46 - Beitrag #2

Als "Dunkle Zeit" bezeichnet man normalerweise die Zeit zwischen dem Fall des Römischen Reiches und dem Hochmittelalter, weil in der Zeit einige Techniken und Errungenschaften der Antike verlorengingen, von denen viele erst später wiederentdeckt wurden.

Mit freundlichen Grüßen
Monoceros

Traitor
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Do 22. Nov 2001, 20:56 - Beitrag #3

Ich meinte jetzt nicht speziell das Dunkle Zeitalter, sondern einfach, ob das Mittelalter so gesehen wird, dass es halt "dunkel" oder "finster" war, also primitiv, rückfällig, barbarisch....

Thod
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Do 22. Nov 2001, 21:01 - Beitrag #4

Das Mittelalter ist die eigentliche Wiege unserer Kultur. Hier treffen antikes Denken mit der israelitischen Religion auf germanischem Boden zusammen. Es entstehen völlig neue Dimensionen: Perspektivische Malerei, mehrstimmige Gesänge, logische Gebäude, die Religion und Wissenschaften überspannen, romanische und gothische Baukunst bis hin zum Begriff der Person, welcher die ganze Welt auf den Kopf gestellt hat.

Ich denke, mit den antiken Religionen verbindet man den Mittelmeerraum und mit dem Mittelalter das heutige West- und Nordeuropa. Die Dunkle Zeit kommt sicher auch durch die klimatischen Vorstellungen von Wolken und Regen, durch Krankeiheiten und Infrastruktur, die zwar bei den Griechen auch nicht viel anders waren, aber uns dort nicht so im Gedächtnis geblieben sind.
Tatsächlich waren die mittelalterlichen Märkte sicherlich sehr bunt und vielfältig, und was die Überlieferungen zeigen, gab es auch durchaus einen regen Austausch mit andern Kulturen.

Gruß,
Orald

Held der Nation
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Do 22. Nov 2001, 21:37 - Beitrag #5

Ja, aber ins Sachen von Verbrechen und deren Bestrafung war es eines der brutalsten und ungerechtesten Epochen.

Feuerkopf
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Do 22. Nov 2001, 22:49 - Beitrag #6

Vermutlich erscheint uns das Mittelalter so viel "bunter" und lebendiger, weil es doch einiges an Zeugnissen hinterlassen hat, und damit greifbarer bleibt als z. B. die Römerzeit.
Immerhin fällt in diese Zeit auch die Gründung vieler Städte, überhaupt muss die Bevölkerung sprunghaft gewachsen sein.

Mich fasziniert das Nebeneinander von unglaublichen architektonischen Leistungen (gotische Kathedralen) und schlimmster Hexen- und Ketzerverfolgung...
Von langsamem Entstehen von Gilden und Zünften, von den Anfängen einer Art Bürgertum und gleichzeitig der Blüte des Adels.

Es muss unheimlich schmutzig gewesen sein...;)
Allerdings sprechen wir hier von einem Zeitraum, der gut 450 Jahre umfasst...

Thod
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Fr 23. Nov 2001, 15:16 - Beitrag #7

@ Held der Nation,
so viel brutaler als andere Zeiten und Kulturen war das Mittelalter sicherlich nicht.
Z.B. haben die Maya in Amerika ca. 20.000 Menschenopfer jährlich entrichtet, und auch andere Zeiten in Europa waren von Kriegen, Blut und menschenverachtenden Regimes beherrscht.
Man muß halt im MA immer sagen, um welche Zeit und an welchem Ort was geschehen ist. In den letzten Jahrhunderten waren die politischen Strukturen und deren Greuel eher weltweit verbreitet...

@ Feuerkopf,
das stimmt schon, daß uns das MA bewusster ist. Aber ich habe oft den Eindruck, daß man von der Antike als Glanzzeit der Kultur und Philosophie spricht, und vom Mittelalter als dem abergläubischen und dunklen Morast. Dagegen möchte ich halt schon mein Veto einlegen.

Gruß,
Orald

Traitor
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Fr 23. Nov 2001, 18:25 - Beitrag #8

das stimmt schon, daß uns das MA bewusster ist. Aber ich habe oft den Eindruck, daß man von der Antike als Glanzzeit der Kultur und Philosophie spricht, und vom Mittelalter als dem abergläubischen und dunklen Morast. Dagegen möchte ich halt schon mein Veto einlegen.

Andererseits gibt es arg oft (und nicht nur in Kinderbüchern *g*) eine starke Romantisierung des Mittelalters. Diese ist mindestens genauso falsch.

Ich denke, das Mittelalter hatte durchaus seine "lichten Momente" und einige große Leistungen (Architektur, manche technischen Errungenschaften, Philosophie), aber wenn man alle Verluste von Technik und Wissen aus der dunklen Zeit abzieht, bleibt IMO doch ein dickes "minus" unterm Strich. Schon allein dass die Renaissance mit ihrer Wiederentdeckung der Antike so ein großer Schritt nach vorn war, zeigt dies deutlich.

Thod
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Sa 24. Nov 2001, 19:45 - Beitrag #9

... ob das so ein großer Schritt nach vorn war,... ?

Ich gebe bezüglich der Romantisierung gerne zu, daß ich dazu neige, da mir das Mittelalter sehr gefällt und viel bedeutet.

Ich kenne aber keine Zeit, in der es keine großen Mißstände gegeben hätte. Das scheint ein generelles Problem dieser Welt zu sein, daß es keine optimalen Zustände über lange Zeit und auf großem Raum zu geben scheint.
Das Mittelalter war da aber sicher nicht schlimmer, als andere Zeiten auch.

Gruß,
Orald

SoF
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So 25. Nov 2001, 00:58 - Beitrag #10

Original geschrieben von Held der Nation:

Ja, aber ins Sachen von Verbrechen und deren Bestrafung war es eines der brutalsten und ungerechtesten Epochen.

Ich denke, dass Mittelalter erscheint nur so brutal, da es das Image auch durch sehr viele Filme oder Erzählungen bekam. Klar war es keine friedliche Epoche, aber es gab auch schon brutalere Zeiten, wie z.B. letztes Jahrhundert.

Traitor
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So 25. Nov 2001, 12:24 - Beitrag #11

Das letzte Jahrhundert würde ich nicht gerade als eines der brutalsten bezeichen. Klar, es gab extrem üble Zeiten wie das Dritte Reich, Stalin und die Kulturrevolution in China, aber im allgemeinen war es doch eher zivilisiert, zB die über 50 Jahre Frieden in der westlichen Welt und das immer weitere Durchsetzen der Menschenrechte weltweit. Dadurch war es auf die ganzen 100 Jahre hochgerechnet weit weniger schlimm als manche andere Zeit, denke ich.

Thod
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So 25. Nov 2001, 19:47 - Beitrag #12

zivilisiert war es zu deiner Zeit und bei dir zu hause. ;) Ansonsten kann ich mir ein unzivilisierteres Jahrhundert als das letzt kaum vorstellen.

Gruß,
Orald

Traitor
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So 25. Nov 2001, 19:49 - Beitrag #13

Aber überleg doch mal: Wann gab es das schonmal, dass in einem so großen Teil der Welt 50 JAhre lang Frieden herrscht und es weitgehend zivile Regierungen? Noch nichtmal zur Hochzeit des Römerreiches.

teut
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So 25. Nov 2001, 19:51 - Beitrag #14

@Traitor

mit deiner letzten Meinung geh ich konform.
Das Mittelalter als dunkel zu bezeichnen trifft man nicht den Kern dieses Zeitalters.Dunkel und wirr war es nach dem Untergang Westroms bis zur Ausbidung eines Machtzentrums in Mitteleuropa (Merowinger Karolinger usw.) und am Ende im 14.Jhd.
Überall war es auch nicht gleich im Spanien unter den Omajaden war das Mittelalter sogar sehr hell Malaga hatte eine Strassenbeleuchtung "g"
Was die Wissenschaft anbelangt war halt die Religion ein Hemmer einer Entwicklung aber konnte letzendlich auch nicht den Fortschritt verhindern.
Die Zeit des Minnesangs oder Troubadure in Frankreich war sogar ausgesprochen fröhlich und heiter.
Nur dem plötzlichen Tod stand man irgendwie fassungslos gegenüber aber dann doch gefasst und jenseitsgläubig.In Summa gesehen kann man das MA nicht mit Recht als finster bezeichnen

Thod
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So 25. Nov 2001, 20:02 - Beitrag #15

@ teut,
die Religion hat Forschung und Wissenschaft erst ermöglicht.

@ traitor,
von 50 Jahren Frieden kann auch nur bei dir zu Hause die Rede sein. Das kann man ja nicht einmal auf Europa ausdehnen, geschweige denn auf die bekannte Welt...

Gruß,
Orald

Traitor
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So 25. Nov 2001, 21:28 - Beitrag #16

die Religion hat Forschung und Wissenschaft erst ermöglicht.

Aber gleichzeitig auch stark behindert: sobald sie ihr unbequem wurde, wandte man sich davon ab.

von 50 Jahren Frieden kann auch nur bei dir zu Hause die Rede sein. Das kann man ja nicht einmal auf Europa ausdehnen, geschweige denn auf die bekannte Welt...

Nicht nur bei mir zuhause, sondern in einem recht großen Teil der Welt (West-, Süd-, Nord- und Mitteleuropa, Nordamerika, Teile Ostasiens). Dass es überall so sei habe ich nicht behauptet.

Thod
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So 25. Nov 2001, 21:39 - Beitrag #17

nu, die Kriegsstatistik halte ich für eher unseriös. Auch kann man durchaus in Zivilisierten Gegenden (New York) teilweise durchaus von Bürgerkriegszuständen sprechen.

Was aber das MA angeht: Woran machst du diese "Behinderung" fest???


Gruß,
Orald

Traitor
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So 25. Nov 2001, 21:41 - Beitrag #18

Was aber das MA angeht: Woran machst du diese "Behinderung" fest???

-Hinrichtung von Forschern, die gegen das kirchliche Glaubensbild verstoßen
-Verbieten von nicht kirchen-konformen Lehren
-Bücherverbrennungen
Und so weiter.

Thod
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So 25. Nov 2001, 21:58 - Beitrag #19

So einfach sehe ich das nicht.
Es sind auch genügend Kirchenfremde Ansichten und lehren bewahrt worden, Sie sind meistens sogar ausdrücklich diskutiert und belegt worden. Von vielem haben wir überhaupt nur durch christliche Quellen kunde.
Was du anführst war sicherlich vorhanden, aber nicht nur im MA. Viele dieser Fälle waren außerdem Disziplinarfälle, oder politische Akte. Die Lehre der Wissenschaft allein stand selten zur Debatte. Auch sind die abgelehnten Lehren selten welche gewesen, die die Welt weiter gebracht hätten, es ging ja eher um innerreligiöse Fragen. Gerade in Richtung Naturwissenschaften hat die Kirche stets selbst viel geforscht, und was Ehtik und Menschenbild angeht: wir wären heute sicherlich weiter, wenn wir der Kirche gefolgt wären...

Gruß
Orald

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Mo 26. Nov 2001, 20:48 - Beitrag #20

Es sind auch genügend Kirchenfremde Ansichten und lehren bewahrt worden, Sie sind meistens sogar ausdrücklich diskutiert und belegt worden.

Dass die Kirche auch etwas getan hat, habe ich auch nicht bezweifelt. Ich habe nur bezweifelt, dass sie mehr getholfen als geschadte hat.
Viele dieser Fälle waren außerdem Disziplinarfälle, oder politische Akte.

Was nichts daran änderte, dass sie der Wissenschaft geschadet haben.
Die Lehre der Wissenschaft allein stand selten zur Debatte. Auch sind die abgelehnten Lehren selten welche gewesen, die die Welt weiter gebracht hätten, es ging ja eher um innerreligiöse Fragen.

Ach nein? Die Entdeckung der Grundlagen der Kosmologie war nicht wichtig?
Gerade in Richtung Naturwissenschaften hat die Kirche stets selbst viel geforscht

Kannst du mir da ein paar Beispiele nennen?
und was Ehtik und Menschenbild angeht: wir wären heute sicherlich weiter, wenn wir der Kirche gefolgt wären...

Das bezweifle ich sehr stark. Wenn wir dem Christentum gefolgt wären, dann vielleicht. Aber nicht der Kirche, die damals sehr menschenverachtende Ansichten vertrat. Du selbst pochst doch immer auf den Unterschied zwischen Kirhce und Christentum.

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