Sprachverfall

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Krautwiggerl
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Di 18. Jun 2002, 19:23 - Beitrag #1

Sprachverfall

Seiet gegrüsst, werte Edelmänner, die ihr unter meinem vorwaldten Einfluss stehet.
So redete man in etwa vor 300-400 Jahren. Keine Sau würde auf die Idee kommen, sowas raushängen zu lassen (ausser er spielt Theater). Die Sprache hat sich seitdem radikal verändert, sowohl im lautlichen als auch im lexikalischen und morphosyntaktischen Bereich.
Jetzt schliesse ich den Bogen: warum zum Henker machen dann einige Leute so einen Aufstand, wenn sie Anglizismen hören oder (in ihren Augen) unkorrekte Grammatik v.a. bei jüngeren Sprechern?
Anlass dazu war, dass ich gehört habe, dass ein Arbeitgeber jemanden nicht eingestellt hatte, weil der dummerweise Posts von diesem gelesen hatte, die nicht gerade durch "richtigen" Sprachgebrauch glänzten. Ihr seht schon an meiner Wortwahl und den Satzzeichen, dass ich den Begriff "richtig" jetzt gleich relativieren werde.
Was ist denn richtiger Sprachgebrauch?
Gehen wir mal auf das erste Argument ein, die Anglizismen. Es gibt ja Leute, die interpretieren "ich habe gesurft" bereits als Pidgin-Auswüchse. Naja, mal abgesehen davon, dass diese Leute scheinbar gar nicht wissen, was Pidgin ist... Lehnwörter (lautlich und grammatikalisch angepasst wie das obige Beispiel) und Lehnprägungen, die vom Bedeutungsgehalte her in wortwörtlicher Art her übertragen werden, sehe ich zunächst mal als Sprachbereicherung. Wenn man sich ansieht, wo Lehnwörter eine Presche schlagen, so sind das Bereiche, wo es oftmals kein adäquates deutsches Pendant gibt. Aber auch Wörter, die neben deutsche Wörter treten, sind zunächst einmal ein Zuwachs am Lexikon. Warum wird das als Fremdkörper gesehen? Sehen wir uns das Englische an: es hat seinen Erfolg dadurch zu verdanken, dass es Ausdrücke aus anderen Sprachen wie ein Schwamm aufsaugt (75% seines Lexikons sind wortgschlichtlich in romanischen Sprachen verwurzelt!!!). Keiner von uns käme auf die Idee zu sagen, das Englische wäre eine vom Spanischen, Französischen und Italienischen verhunzte Sprache oder? Wir empfinden den englischen Wortschatz als englisch, obwohl er es eigentlich gar nicht ist. Und den Engländern und Amis fällt das auch net auf, genausowenig wie künftige Generationen die Anglizismen als Fremdkörper im Deutschen ansehen werden, wahrscheinlich sogar nicht mal mehr als aus dem englischen stammend erkennen. Tja, nun stellt sich die Frage, ob man den deutschen Wortschatz besonders schützen soll. Gegenfrage: verwendet heute noch jemand den Ausdruck "vorwaldten"? Die Konsequenz einer konservatorischen Sprachpolitik wäre nur, dass sich Archaismen beilden, die gesprochene Sprache, die man nicht diktieren kann, sich noch weiter von der Schriftnorm wegentwickelt und somit der Bezug zum Deutschen mehr als vorher verloren geht. Eigentor! Lassen wir die Sprache entwickeln, sie hat uns immer ein ökonmisches Verständigungsmittel bereitgestellt.
Genauso kann man auch für die Veränderungen in der Grammatik argumentieren. Sprache tendiert dazu, sich zu vereinfachen, denn Basis der Sprache ist nicht die Schrift, sondern der alltägliche Gebrauch, und da ist Zeit bekanntlich Geld. Ist es schlimm, wenn der Konjunktiv langsam verloren geht, wenn sich Imperfekt und Perfekt immer mehr mischen? Wenn man anstelle des Konjunktiv Imperfekts eine eigentlich falsche Kondizionalform setzt ("ich würde backen" statt "ich büke"). Ist doch gut, das eliminiert unregelmässige Formen und macht die Sprache nicht nur für Ausländer leichter verwendbar. Das Englische hatte früher auch eine reiche Flexion und ist auch deshalb so erfolgreich, weil es durch Vereinfachungen leichter in richtiger Weise zu verwenden ist. Da würde auch niemand auf die Idee kommen, und das Englische als Pidgin oder sonstwas zu bezeichnen. Ich weiss auch gar nicht, wie manche Leute auf die Idee kommen, Sprache würde immer gleich bleiben. Wenn dem so wäre, gäb's überhaupt kein Deutsch.
Und jetzt zu dem Arbeitnehmer. Ein typisches Beispiel dafür, dass jemand sich überlegen fühlt und doch nichts weiss.
1. hat Kommunikation im Netz eine ganz andere Pragmatik und einen anderen Kontext als ein Bewerbungsschreiben. Hier wird möglichst versucht, reale Gespräche nachzuahmen (Emoticons usw.) und imitiert daher auch i.d.R. die Vereinfachungen des alltäglichen Sprachgebrauchs. Jedenfalls bei Smalltalk-Themen ist das absolut legitim.
2. passe ich meine Stilebene immer der Situation an. Mit monoceros im Netz rede ich anders als mit meinem Chef. In einem Referat verwende ich andere Sprache als in einem persönlichen Brief. Auch die Kommunikationsabsicht spielt eine Rolle. Der aufmerksame Leser hat bereits bemerkt, dass ich in die Kiste der klassischen Rhetorik gegriffen habe und diesen Post, wie schon Aristoteles die "gute Rede" festlegte, mit einem Aufmerksamkeit erregenden Einleitungssatz begann, eine Erzählung anschloss, daraufhin eine Präsentation und Abwägung der Argumenten, die mit einer "peroratio" schliesst. Zweck ist, durch Rückgriff auf rhetorische Mittel euch besser überzeugen zu können. Also das richtige Register zum passenden Zeitpunkt gezogen. Wie kommt also dieser Arbeitgeber darauf, diesen Menschen nach einem Post im Internet zu bewerten? Dass er hier unsauberes Deutsch schreibt, heisst noch lange nicht, dass es es nicht beherrscht. Wenn ich hohe Stilebenen beherrsche, dann kan ich leicht niedere nachahmen, umgekehrt ist das schon viel schwieriger! Und warum sieht dann der Typ nicht das Bewerbungsschreiben an und gibt ihm ein Vorstellungsgespräch? Wenn der wirklich kein Deutsch kann, dann kann er es auch nicht so gut imitieren, dass das Bewerbungsschreiben korrekt ist.
Schliessen möchte ich mit der Bemerkung, dass natürliche Sprachentwicklung immer die beste ist und Diskussionen darüber im Grunde völlig unfruchtbar sind, da Sprache ohnehin ihren eigenen Weg macht.
Ich danke für die Aufmerksamkeit! ;)

Seraphim
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Di 18. Jun 2002, 19:56 - Beitrag #2

Ey boay voll krass ey, ey weisch ey! Is voll konkret weisch. Hey hast du letztens Vortrag gehalten oder wa? Ey.
Aber voll krasse Idee deinen tscheker Text mit in die Theorie zu dödeln. Ey alder weisch hast recht hilft nix zu Disgu ... Diskut ... Disku... Labern. :s126:

Krautwiggerl
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Di 18. Jun 2002, 21:29 - Beitrag #3

Ey, willsu misch vielleicht anmachen, oder was? Mach ich dich gleich Kickbox... :s11:

Feuerkopf
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Di 18. Jun 2002, 23:52 - Beitrag #4

Einspruch, mein lieber AL!

Mir ist schon klar, dass Sprache stetem Wandel unterliegt. Schade ist es nur, wenn wir uns freiwillig von der Vielfalt des Ausdrucks verabschieden. Ein großer Wortschatz macht es eben auch möglich, sich differenzierter auszudrücken.
Von mir aus darf er auch Anglizismen oder echte Neologismen wie das pseudoenglische "Handy" beinhalten. Wenn ein Wort treffend ist, wird es sich auch langfristig durchsetzen.

Es ist auch ein Irrtum zu denken, vor hundert Jahren hätten die Leute noch korrekte Konjunktive bilden können. Das war immer ein Privileg der gebildeten Klasse. Außerdem besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen geschriebener und gesprochener Sprache. Nur Schrift ist uns überliefert, wir wissen nicht wirklich, wie Goethes Zeitgenossen, und zwar die "Normalen" gesprochen haben. Sie werden auch nicht seinen exorbitant großen Wortschatz gehabt haben.

Das arbeitsrechtliche Beispiel, das Du nanntest, zeugt höchstens vom Unwissen des Chefs. Er weiß nicht, dass Menschen verschiedene Spachcodes beherrschen.

Traitor
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Mi 19. Jun 2002, 09:24 - Beitrag #5

Grundsätzlich stimme ich zu, dass zusätzliche (Lehn-)Wörter ersteinmal eine Erweiterung des Wortschatzes darstellen. Allerdings passiert es bei Anglizismen oft, dass diese die "normalen" deutschen Begriffe verdrängen, obwohl sie eine eingeschränktere oder sogar eigentlich andere Bedeutung haben. Gerade letzteres führt meiner Meinung nach schon zu einer Senkung des Sprachniveaus, wenn man viele Begriffe hat, die einen falschen Inhalt haben und dieser von vielen aufgrund des englischen Ursprungs nicht erkannt wird.

Skuld
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Mi 19. Jun 2002, 11:10 - Beitrag #6

Ich frag mich - wo is des Problem??? Angilzismen sind doch Bereicherung, wie schon gesagt wurde...naja, Deutsch is mir eh so ziemlich egal, inner Freizeit laber ich mit meinen Freunden eh meistens englisch :D

Padreic
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Mi 19. Jun 2002, 15:09 - Beitrag #7

Ja, ich denke auch, dass Lehnwörter durchaus sinnvoll seien können und auch oft sind. Aber wer braucht einen Moonshine-Tarif? Nur ein deutsches Wort zu übersetzen, damit es irgendwie besser klingt, finde ich schrecklich. Dann soll man anfangen englisch zu reden, wenn man die englische Sprache lieber mag, aber einfach ein deutsches Wort in ein gleichlanges und gleichpassendes englisches zu übersetzen bringt doch eigentlich gar nichts.
Und ich persönlich mag unregelmäßige Verben und komplizierte Sprachauswüchse, jedenfalls oft, da sie die Sprache normalerweise verschönern und nicht ohne Grund hineingekommen sind. Aber jedem das seine.

Padreic

Krautwiggerl
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Mi 19. Jun 2002, 15:16 - Beitrag #8

Peggy, warum Einspruch? Ich sehe zwischen deinem und meinem Post eigentlich keinen Widerspruch, nur dass ich wie immer etwas dicker aufgetragen habe ;)

Deswegen, Traitor, les mal genau durch: wir sagen beide, dass eine natürliche Entwicklung der Sprache die beste ist. Deswegen setzt sich auch an Anglizismen nur das durch, wovon wir einen Vorteil haben. Wenn sich die Semantik etwas verschiebt, na und? "Zeitung" war früher das Wort, für das wir heute "Nachricht" einsetzen ;)
Sieht man mal genau hin, so merkt man, wieviele Ausdrücke in unserer Sprache aus dem Griechischen, Lateinischen, Italienischen und Französischen kommen, die wir so als Fremdwörter oft gar nicht erkennen. Würde ja auch keine behaupten, dass diese Einflüsse das Germanische kaputt gemacht haben, im Gegenteil! Unbrauchbare Modeausdrücke verlieren sich von selbst wieder, da habe ich am wenigsten Angst. ;)

Was passiert, wenn man eine Sprache konservatorisch präskribieren will, sieht man am Italienischen. Im 16. Jh. setzte die "Academia della Crusca" das damals schon veraltete toskanisch-florentinisch eines Petrarca und Boccacio als schriftliche Norm fest. Sie stellte sich gegenüber allen Änderungen dermassen quer, dass im 19. Jh. die Schrift gegenüber der gesprochenen Varietät schon fast wie eine Fremdsprache schien. Manzoni sprach von einer "lingua morta". Das brauch ich wohl nicht übersetzen und zeigt, dass Sprachgewahrungsmassnahmen gerade dazu geeignet sind, die Sprache selbst zu vernichten. Seitdem gilt das toskan.-florentinisch von Manzoni (19. Jh. !!) als literarische Norm, aber vor nicht allzulanger Zeit ging der Zank um as hochsprachliche Italienisch schon wieder los, weil auch dies schon wieder veraltet war. Ergo, wenn man unbedingt eine feste Norm für alle fixieren will, dann sorgt man gerade dafür, dass die Norm ausgehöhlt wird, mehr, als es sonst der Fall wäre (psychologische Akzeptanz!).

Traitor
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Mi 19. Jun 2002, 15:58 - Beitrag #9

Unbrauchbare Modeausdrücke verlieren sich von selbst wieder, da habe ich am wenigsten Angst.
Ok, da hast du Recht, soetwas wird sich kaum festsetzen. Allerdings kann es durchaus passieren, dass in mittlerer Zukunft die einzelenen Sprachen durch Globalisierung und Computerisierung sehr stark verschmelzen, so dass solche "Modeausdrücke" extrem zunehmen.

Die Franzosen versuchen ja derzeit auch eine Art Sprachkonservierung, indem sie den Gebrauch von Fremdwörtern quasi "verbieten" (zumindest bei öffentlichen Organen). Auch das wird nicht funktionieren, da die "Macht" des Englischen vor allem durch die COmputerisierung zu stark wird.

Seraphim
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Mi 19. Jun 2002, 16:23 - Beitrag #10

Frankreich hat mehrer solche Gesetzte z.b. muss ein bestimmter Prozentsatz der Lieder die im Radio laufen in Französischer Sprache Gesungen werden (waren doch glaub ich um die 85% oder?)
Mach ich dich gleich Kickbox...
Ey wilsch mich Provozieren oder wa? :D

Steini
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Mi 19. Jun 2002, 17:56 - Beitrag #11

Ich finde den "Wandel" unserer Sprache eigentlich völlig normal. Haben wir als Teenies nicht auch immer 'anders' als unsere Eltern gesprochen? Von meinen Eltern kam damals auch oft der Satz: "Wie Ihr redet, da kommt man ja gar nicht mehr mit" und heute geht es mir halt teilw. genauso mit meinem Sohn. Völlig normal finde ich!!!!!! Es stört mich auch überhaupt nicht.

Das einzig problematische an der "Sprachentwicklung" ist das: Wie sollen unsere ausl. Mitbürger da noch richtig Deutsch lernen können....... es wird immer schwerer denke ich, wenn noch nicht einmal die Deutschen richtig Deutsch sprechen!!!

THRASH
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Do 20. Jun 2002, 09:28 - Beitrag #12

Ich muss jetzt auch mal was sagen.

Ich seh das ähnlich wie Feuerkopf, sicherlich muss eine Sprache dem Wandel unterliegen. Aber was manche Leute hier sprechen ist keine Sprache mehr. Sie verhunzen es zusehens. Wenn ein par englische Wörter auftauchen oder eingedeutscht werden, weil es keine äuqivalenten Wörter im Deutschen gibt ist das ja ok, aber wenn ich manche jugendliche reden hör. Da kommt es nur drauf an das man "voll krass" und "total abgefahren" redet, man benutzt Prahl-Wörter nur um aufzufallen und "cool" zu sein. Sicherlich benutzt jeder irgendwo englische Wörter und ich benutze sie auch (schon gezwungenermaßen als Informatiker). Aber was sich teilweise Leute rausnehmen und dann wundern sie sich, wenn in unseren Schulen die Leute so schlecht sind. Ja wenn ich so rede ist es kein Wunder. Viele Wörter oder so abgewandelte Affenlaute, kommen auch aus angelehnten Ausländischen Sprachen wie Türkisch. Natürlich keine ganzen Wörter aber bspw. das wort "lan", das ist so ein typisches Wort was hauptsächlich von Türken benutzt wird und sich bei jugendlichen Deutschen die "voll krass und so" drauf sind, eingebürgert hat. Ich hoffe nur der Duden nimmt das nicht in seine Wortwahl mit auf.

Dazu ein Bsp.:
Ich fahre fast täglich mit dem Bus vom Bahnhof in die Stadt, Richtung Uni und mittags zurück. Den einen Tag stehe ich dort an der Haltestelle und warte auf den Bus, als zwei junge Teenies ankommen, viell. so ca. 14 Jahre, ein Mädel und ein Junge, ich hab gleich gesehen, dass die etwas "komisch" (was jetzt hier nicht gleich wieder Vorurteilsbehaftet rüberkommen soll) sind. Naja, ich schaute mir sie ein wenig an und hörte zu wie sie redeten. Da war mir schon alles klar. Die Bestätigung meiner Abneigung kam dann prompt einige Minuten später als ihr Bus anfuhr. Das Mädel meinte nur zu dem Jungen (um ihn auf den Bus aufmerksam zu machen: "Ey Bus lan". Na toll!
Wenn ich sowas hör bekomm ich echt Aggressionen. Da könnte ich nur reinschlagen. Das ist so ein Prolo- und Angebergehabe. Ich weis auch nicht wo das herkommt. Sicherlich entwickelt sich die gesprochene Sprache von der Schriftsprache unterschiedlich, viell. entfernen sie sich sogar. Aber unser Ziel sollte es sein eher richtung Schriftsprache zu tendieren. Natürlich, keiner redet so und es würde auch total geschwollen klingen, aber die Schriftsprache ist das was wir haben, die Form die 100% Korrekt und aufeinander abgestimmt ist.

Das ist übrigens auch ein Grund warum ich mich so für ältere Bücher interessieren. War die Sprache von Goethe & Co. nicht tausendmal schöner und besser als das was man heute so in der Stadt hört?

"Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drumm besser wärs das nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz das Böse nennt,
mein eigentliches Element."

Das könnte man doch auch heute geschrieben haben oder? Aber es ist von Goethe (für den der es nicht weiß) und meiner Meinung nach von einer einzigartigen Perfektion und Reinheit unserer Sprache. Sicher kann heute niemand wie Goethe oder Eichendorff schreiben, geschweige denn sprechen. Die Sprache an sich gefällt mir jedoch viel besser als den Schund den man teilweise heute vorgesetzt bekommt.
Die Zeit der Romantik war sowieso die Sprachlich schönste, finde ich.
Shakespear & Co. Oder der Anfang von Romeo and Juliet:

"Two households, both alike in dignity, in fair Verona where we lay our scene. From ancient grudge, break to new mutiny, where civil blood makes civil hands unclean. From forth the fatal loins of these two foes, a pair of star-crossed lovers take their lives."

Ich finde das einfach herrlich. Oder unter Gedichten im Literatur Forum hab ich mal irgendwo das Gedicht "the sleeper" von Poe gepostet, das ist auch sowas.

Aber leider interessiert das nur sehr wenige. Viele finde ich, haben kein Gefühl für Sprache. Ich bin auch nicht der perfekte Schreiberling, aber ich finde man könnte so sache wenigstens Respekt zollen. Ich kann verstehen das manche damit nicht viel anfangen können oder es nicht verstehen, aber abwerten muss man es nicht.

Manchmal wärs mir lieber wir würden so reden, als das was ich manchmal auf der Straße höre.

syco23
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Do 20. Jun 2002, 11:31 - Beitrag #13

Original geschrieben von Krautwiggerl
wir sagen beide, dass eine natürliche Entwicklung der Sprache die beste ist. Deswegen setzt sich auch an Anglizismen nur das durch, wovon wir einen Vorteil haben.

Wenn die natürliche Entwicklung der Sprache das beste ist, dann befinden wir uns gerade in einer höchst unnatürlichen Phase der Sprachentwicklung:

1. unnötige Anglizismen (z.B "guter Post" statt "guter Beitrag", wohingegen "Thrad" nicht gnaz so unnötig ist, da die Wahl des Wortes "Thema" nicht so präzise wäre, und rein(!) theretisch auch zu - allerdings unerheblichen - Missverständnissen führen könnte..
2. das viel größere Problem ist die Verarmung der Sprache durch die Einführung von Universalausdrücken: während man früher noch sagte "gutes Buch", "interessantes Gespräch" oder "schöner Tag" werden all diese postiven Ausdrücke immer mehr durch Mode-Universalwörter ersetzt, die zwar immer wieder wechseln (im Moment ist es eben "Fett"). Im negativen Sinne ist es ähnlich: "Mir gehts scheiße", "Ich find das scheiße".... Die Wörter wechseln zwar wie es eben mit Trendphänomenen ist, die Verarmung der Sprache bleibt aber... und ist wohl irreversibel.

Das Traurige ist, dass man sich dagegen kaum wehren kann. Auch wenn ich hier über das Thema schreibe und die Verarmung der Sprache keineswegs gutheiße kann ich mich selbst auch kaum dagegen wehren... Ich glaube meine Generation (ich bin jetzt 19) ist die erste, deren Wortschatz nicht ständig größer wird, sondern mitunter sogar immer kleiner werden kann:D .. ich mach mal einen Smile hin, obwohl das ganze eigentlch wenig lustig ist, aber mit Humor solls ja leichter sein manches zu verkraften:sad: :D ;)

syco

Krautwiggerl
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Do 20. Jun 2002, 12:59 - Beitrag #14

Kleine Bemerkung zum Einstieg: wusstet ihr, dass engl. thread auf deutsch "Faden" heisst? ;)

Also zu dem Rumprollen mancher (grossstädtischer) Jugendlicher. Meine Meinung: Rebellionsgehabe! Das Pendel schlägt da schon wieder zurück. In Städten wie Berlin sind "Türkdeutsch" o.ä. sogar notwendig, weil sich Ausländer und Deutsche gar nicht verständigen könnten (natürlich kann man jetzt mit Integrationspolitik anfangen, aber das ist hier nicht Thema). Hier ist man mitunter auf dem Weg zu einer Pidgin-Sprache. Hättet ihr allerdings gedacht, dass Jamaikanisch, Swahili und sogar Indonesisch Creole-Sprachen, also zur Norm gewordene und verschriftete Pidgin-Sprachen sind? Deswegen sehe ich das Türkdeutsch einerseits problematisch (soweit nur diese Varietät beherrscht wird und die Norm gänzlich unbekannt ist), aber wie gesagt kann ich diese Varietäten auch diasituativ, also in situationsgebundenem Gebrauch sehen, andererseits finde ich die Entwicklung auch unter sprachwissenschaftlichen Gesichtspunkten herrlich interessant.
Ach ja, ich würde die Fehleinflüsse mit übertriebenen Anglizismen gar nicht als solche Bezeichnen, denn sie haben noch keinen Einfluss auf die Sprache als ganzes. Eher auf verschiedene Argots, woraus sie auch genauso schnell wieder verschwinden können, wenn sich der Wind dreht.
Die Vereinfachung der Grammatik von der reichen Flexion weg ist übrigens ganz natürlich, es gibt sogar eine Theorie des Sprachkreislaufes, erkläre ich demnächst.
Ob der Wprtschatz bei den jüngeren wirklich abnimmt, kann ich nicht beurteilen. Bei manchen mag das der Fall sein. Aber ob das im gesamten Schnitt zutrifft? Ich sehe meine Wortschatz eher erweitert, aber nicht nur, weil ich Student bin, sondern weil auch Polyglossiezustände erweiterte Ausdrücksmöglichkeiten aufgrund von Sprachinterferenzen bereitstellen (ob man die dann nutzt ist wieder was anderes...)

Seraphim
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Do 20. Jun 2002, 15:08 - Beitrag #15

@TRASH: Heißt "LAN" Nicht "Local Area Network" :confused: also "Örtlich beschränktes/vorhandenes Netzwerk" :confused: was soll den bitte schön "lan" sein? :confused: (rein Interesse halber hab ich noch nie gehört)

Noriko
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Do 20. Jun 2002, 15:13 - Beitrag #16

ich glaueber er mein lan im sinne von Kolegge :D (eh lan, was get aldda) :D:D
das LAN netzwerk is is klar

THRASH
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Do 20. Jun 2002, 15:32 - Beitrag #17

Original geschrieben von Seraphim
@TRASH: Heißt "LAN" Nicht "Local Area Network" :confused: also "Örtlich beschränktes/vorhandenes Netzwerk" :confused: was soll den bitte schön "lan" sein? :confused: (rein Interesse halber hab ich noch nie gehört)


hehe ja genau seraphim wie noriko das meinte, also nicht LAN wie LocalArea...usw. sondern das, was die Türken immer sagen. So sprüche wie eben: "ey alles klar lan" "ey lan was machst du mich blöd an ey" und sowas... :)

ich weis nicht was das wort soll, sie benutzen es immer, aber ich glaub das hat nicht wirklich eine bedeutung, ein unnötiges füllwort eben :)

Seraphim
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Do 20. Jun 2002, 15:32 - Beitrag #18

:confused: Aldder is ok, Checker auch aber lan :confused: das ist dann doch zu dämlich :D

THRASH
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Do 20. Jun 2002, 15:36 - Beitrag #19

hehe sag ich ja seraphim ;)

ich finde das mehr als dämlich, deswegen regt mich das ja auch so auf *g* :D

Traitor
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Do 20. Jun 2002, 17:29 - Beitrag #20

Dieses "lan" habe ich auch noch nie gehört, scheint aber ein wirklich tolles Wort zu sein *g*
@THRASH: So alte Sprache finde ich auch sehr schön, wobei eher im Englischen als im Deutschen, bei letzterem wirkt sie mir meist zu schwülstig. Aber wie Feuerkopf schon sagte, das war bestimmt auch damals nicht normale Schriftsprache geschweige denn gesprochene Sprache, sondern nur für "höhere" Literatur eingesetzt.
Der Wortschatz ist von Person zu Person extrem verschieden. Es gibt Jugendliche, die kennen sehr viele Wörter, und es gibt welche, da muss man in jedem dritten Satz ein Wort erklären (ok nicht ganz ;) ). Sehr schöne Geschichte dazu ist jemand aus meiner ehemaligen Klasse, der andauernd Wörter nachfragte, weil er sie nicht kannte, und dann kurz darauf irgendjemand anderes anmachte : "Weißt du was ein XY ist? Nein? Ha, Trottel!" :D

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