KrautwiggerlRoyal Member

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Nun, jede Religion ist im Kern tolerant, nur die Menschen machen daraus das möglich schlimmste, wie man alltäglich sehen kann...
Irgendwie pickt sich dann ja doch jeder nur das heraus, was ihm gerade in sein antrainiertes Weltbild passt. Ich finde es ja immer nur zu geil, wie sich Leute, die sich selbst Christen nennen, so gar nicht richtig das zur Kenntnis nehmen, was Jesus gemacht hat in seinem Leben. Der hat Toleranz vorgelebt bis zum Abwinken und sich auch denen zugewendet, die nach heutiger und auch damaliger moralischer Meinung der Abschaum schlechthin sind: Gauner/Zöllner, Ausländer/Samariter und nicht zuletzt Prostituierte. Die haben es auch irgendwo ein bisschen nötiger, dass man sich um sie kümmert, als die, die sowieso wie die Maden im Speck sitzen.
Und Mark, glaubst du im Ernst, dass Gott seine Gebote der Marke "heute mach ich einfach mal ein neues, damit die Leute da merken, wer der Chef ist" macht? Anders gefragt, machst du deinem Sohn Vorschriften, weil du gerade lustig drauf bist, oder weil du dir Sorgen machst, dass ihm was zustösst? Was mich immer so ärgert, ist, dass sich das bei den Strengergläubigen so anhört (im Wortlaut jedenfalls), als träfe das erste zu, ich meine aber, der Grund ist der zweite. Die Gebote hat Gott nicht weitergegeben, um zu zeigen, was für ein toller Hecht er ist (so hört sich aber "es ist Gottes Wille" an), sondern weil er uns beschützen will. Beschützen nicht nur die anderen, sondern auch einen selbst, das geht ja Hand in Hand. Weil es in vielen Fällen für einen nicht absehbar ist, dass Handeln, von dem er sich Vorteile verspricht, im Endeffekt sein Nachteil ist (abgesehen von dem Nachteil für andere natürlich).
Ich erinnere mich noch an das gute Beispiel von der Vorlesung: auf die Frage, wer lieber die Klausur ohne Aufsicht schreiben würde, hoben 80% die Hand. Dann diskutierten wir durch, was für Folgen eine Nichtbeaufsichtigung haben würde, nämlich das jeder Schummeln würde (weil er meint, das sei für ihn das beste), dies bekannt werden würde und somit unsere Zeugnisse total wertlos. Nächste Woche, selbe Frage: nur noch 5% hoben die Hand! So muss Gebotsinterpretation heute aussehen, damit es in einer Welt, die völlig andere Gesellschaftsstrukturen aufweist, akzeptiert werden kann. "Gott hat es Moses in den Stein meißeln lassen" und ähnlicher Firlefanz sind total kontraproduktiv, weil jeder Mensch mit eigenem Geist sicher die So what-Frage stellt, und sich doch nicht dran hält. Und die Geschichte, wo gerade Christen gegen ihre eigenen Gebote am heftigsten verstossen haben, sollte eigentlich Beweis genug sein!
Warum Ehebruchverbot? Zum einen vor der damals herrschenden Praxis zu erklären, die Frau einfach aus dem Haus zu werfen, wenn sie nicht mehr passte, welche dann einfach mittellos war. Zum anderen auch heute noch Gültiggkeit, wenn man es als "mit der Sexualität verantwortungsvoll umgehen" liest. Bist du in einer festen Partnerschaft und gehst fremd, dann tust du zum einen dem Partner weh und dir selbst, denn die Beziehung ist meist so ziemlich im Arsch (also totales Eigentor, evtl. haben noch Kinder unter einer Trennung zu leiden etc.). Gebot also kein Selbstzweck von Gott aus, sondern Schutz für uns! Auch im Hinblick darauf, dass Kinder nicht darunter zu Leiden haben, wenn sie nur noch einen Elternteil sehen und den zweiten nicht mehr, vielleicht fehlt ja noch das Geld, man wird schief angesehen (muss ich auch der Gesellschaft einen Vorwurf machen, heute verschwindet das aber immer mehr, zum Glück). Dagegen sehe ich aber kein Problem darin, wenn ich meine Sexualität so auslebe, dass kein dritter oder einer der Partner davon negativ betroffen ist. Wenn ich Kinder habe und nicht verheiratet bin, dann sehe ich auch kein Problem darin, solange ich meine Kinder und meine Partnerin nicht unglücklich mache (machmal richtet man aber mehr Schaden an, wenn man auf biegen und brechen zusammenbleibt, auch wenn es gar nicht mehr klappt, z.B. weil der Mann säuft und auch das Kind darunter zu leiden hat). Gegen Ehebruch in dem Sinn, dass andere Beziehungen tabu sind, kann man nichts sagen, aber daraus den Schluss abzuleiten, dass man nur Sex haben dürfe, wenn man verheiratet ist und auch dann nur, um Kinder zu zeugen, ist doch total weltfremd, zumindest in der heutigen Zeit. Warum hat Gott es dann so eingerichtet, dass Sex eine Quelle der Freude sein kann? Es verstärkt ja auch die Partnerbindung. Problem ist halt nur, dass die Notwendigkeit, soviele Kinder wie möglich aus Überlebensgründen in die Welt zu setzen, wie in Urzeiten, nicht mehr gegeben sind. Daher kann jetzt das Wohlergehen der beteiligten Personen in den Mittelpunkt rücken, d.h. eben verantwortungsvoller Umgang damit. Wenn man den Menschen helfen will, dann wohl weniger, indem man immer versucht, ihnen Verdammnis o.ä. zu versprechen (hat in der Vergangenheit nie gewirkt, nur emotionale Krüppel produziert), sondern den Sinn der Gebote in neuen Kontext zu transponieren.
Noch eine These in zusammenhang mit den Beispielen der kollektiven Selbstschädigung: wenn du was schlechtes machst, dann immer im vollen Bewusstsein, dass dies so ist? Wohl nicht, vorgeschoben ist da wohl ein Informationsproblem über die möglichen Konsequenzen, deswegen sollte man dieses Problem zuerst mal auflösen. Ansonsten machst du immer wieder die selben Fehler!
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