Meines Erachtens nach stellt das sogar einen sehr guten Lösungsansatz dar, weil es ein Ansatz ist, um den anderen in seiner Art überhaupt begreifen zu können.
Nun, das ist ja auch nicht so, dass es nicht gemacht würde: es kommen halt meist Unterschiede heraus, die nicht so einfach überbrückbar sind, sondern sich wirklich widersprechen, und wo jeder dennoch daran festhalten will. Manchmal sogar derart, dass sie bei Aufgabe die Basis des anderen entziehen würden. Das sind äusserst sensible Bereiche, und da muss man auch sensibel vorgehen. Wie schon gesagt, oft ist ein nebeneinander IMHO besser. Der Versuch, bei Kontradictionen einen Konsens zu finden, tut weh, und ist sicher der erste Akt der Agression, bis hin zum Krieg.
Um etwas nachvollziehen zu können, braucht der Mensch Strukturen, die er mit den ihm bekannten in Verbindung bringen kann. Wenn er auf diese Art Zugang zu etwas ihm Fremdem bekommt, verliert er viel schneller die Angst davor und ist viel eher bereit, sich wirklich damit auseinanderzusetzen.
Das setzt halt voraus, dass tatsächlich keine wirklichen Differenzen vorliegen. Woher nimmst du dieses Wissen? Hast du das gefunden?
Ausserdem scheint mir hier persönliche und sachliche Ebene nicht getrennt zu sein. Ich kommen mit vielen Atheisten, Muslime o.a. gut aus, ohne mit ihnen einen Konsens in der Sache zu haben. Wenn ich versuchen würde, zwischen unseren Positionen eine neue, vermittlende zu etablieren, wäre das persönliche Verhältnis nicht halb so gut, bzw. gesört. Ich habe in den meisten Bereichen noch nicht entdecken können, wie man übereinkommen will, ohne wesentliches auszulassen. Ich würde mir etwas nehmen, und die Meinung des anderen übernehmen müssen, oder ihm etwas nehmen müsse. Auch die letzte Alternative, beiden etwas zu nehmen, wäre sicher nicht akzeptabel für beiderlei Gruppen, weil sie dasjenige, was man nehmen müsste, ja auf ihrer Wahrheitssuche gefunden haben. Wie soll denn so eine vereinigende Theorie aussehen? Ohne dir zu nahe treten zu wollen, aber ich halte diese Vorstellung doch für reichlich blauäugig...
Durch die Kenntnisse, die er dadurch gewinnt, ist es wesentlich leichter, die Andersartigkeit des anderen zu akzeptieren und das wiederum senkt das Aggressionspotential ganz erheblich.
Das ist, wenn man ein wenig in die Literatur sieht, oder die Menschen und ihre Diskussionen verfolgt sicher nicht so. Diese Dinge gelingen letztlich nur da, wo man selber sowieso keine feste Meinung hat, oder einem die Sache recht egal ist. Wenn ich mich für die Frage nach den Art Gottes nicht interessiere (z.b. weil ich für mich entschieden hab, dass es keinen gibt) dann kann ich sehr locker sagen, dass es egal ist, ob er nun dreifaltig ist, oder nicht. Wenn ich aber mein Leben auf eine Gottesbeziehung aufgebaut habe, sieht das anders aus. Wenn jemand z.B. nicht deinen Toleranzbegriff übernehmen will, und ihm öffentlich und wehement widerspricht, wirst du, wenn er basis deiner Überzeugung ist, kämpftst du ja auch, wie man an den Auseinandersetzungen mit mir deutlich sehen kann. Und dass, obwohl wir uns schon öfters genauer ausgetauscht haben, oder?
Der Mensch ist von Natur aus neugierig, aber gleichzeitig haben viele Menschen auch Angst vor dem, was sie nicht kennen, und diese Angst führt zwangsläufig zur Aggression, wenn man sie nicht abbaut.
Die Neugier auf Andersartigkeit ist da. Auch auf exotic u.a. aber nur solange, bis sie ins eingene Grundkonzept eingreift. Gerne fährt man in Urlaub in andere Länder, aber aber die Grenzen bei der Inkultivierung sind doch i.d.R. sehr eng gesteckt.
Jemanden auf die andere Art neben sich auf Dauer dulden zu können halte ich persönlich daher für ebenso illusorisch wie die Annahme, dass sich ein allgemeiner, umfassender Grundkonsenz finden ließe, weil es sich auf Dauer gesehen kaum vermeiden lässt, mit dem anderen in Berührung zu kommen (->Neugier) und sich dadurch das Problem immer wieder stellt.
Soll das heissen, dass du mir im Grunde gar nicht widersprichst, sondern eher die Form des Widerspruches suchst?
Natürlich lernt man Menschen kennen. Natürlich kommt man in Berührung. Und natürlich ist es schwer, jemanden neben sich zu dulden, den man nicht kennt. Letztlich bleibt immer nur die Suche nach Gebieten, wo man sich etwas zu sagen hat, oder das "sich aus dem Weg gehen". Dabei sind die Gebiete menschlichen Kontaktes sicher unüberschaubar gross. Was halt nicht funktioniert, ist, künstlich menschliche Grunderfahrungen, aus denen er sein Weltbild baut, übereinzubringen. Nur hier wird er verbissen kämpfen, oder von sich aus akzeptieren (oder auch überredet/verführt werden).
Je weiter die menschleichen Grunddispostionen auseinanderdriften, um so schwerer wird ein miteinander, was nicht heisst, dass es nicht ein nebeneinander geben kann. Aber auch dass man schwer werden. Mir ist nur wichtig, zu zeigen, dass das Bohren in Grundüberzeugungen, mit dem Gedanken, sie soweit zu ändern, dass es auf einen Konsens hinausläuft, ein Spiel mit dem Feuer ist.
@ Persönliches
Nun, ich kann natürlich nicht sagen, wie ich wirke. Aber zwei Dinge denke ich schon, dass ich vielleicht erwähnen sollte:
1. Ich bin nicht der Ansicht, Weisheit gefunden zu haben. Ich betrachte mich auf einem langen Weg, und die Antworten, die mir bisher einleuchtend waren, haben sicher mehr Fragen aufgeworfen, als sie gelöst haben. Dennoch habe ich für mich natürlich Weichen gestellt, mich in diversen Grundfragen entschieden. Andere Ansichten respektiere ich, und nehem sie, sofern ich sie nicht schon x-Mal durchdiskutiert und in meinem Kontext für falsch befunden habe, gerne auf.
2. Ob andere mich als Arogant empfinden, ob sie denken, ich sei ihren Argumenten gegenüber prinzipiell verschlossen, etc. Interessiert mich nur, wenn ich zu demjenigen eine Brücke habe bauen können: wenn der Mensch mir auf irgendeine Weise etwas bedeutet. Das ist i.d.R. der Fall, wenn er interesse an mir zeigt. Wenn ich aber merke, dass jemand mir nur seine Weisheit aufladen will, auf mich und meine Argumente gar nicht, oder nur pauschal eingeht, dann ist mir seine Ansicht über mich äusserst egal.
Ich finde es übrigends komisch, dass gerade du mir immer wieder diese Arroganz, oder Verstocktheit vorwirfst: ich schätze dich zwar durchaus, auch als Gesprächspartner, habe aber gerade bei dir schon auch den starken Verdacht, dass du gern dozierst, und bei Punkten, die dir und deiner Überzeugung nahe kommen könnten, lieber abblockst und auch gern aufs Persönliche abdriftest, um dich und deine Gründüberzeugung vor möglicher Neudurchdenkung und Veränderung zu schützen.
Gruss,
Orald