Lieber Krautwiggerl,
(die Anrede ist ernst gemeint, denn ich sehe, dass du mit dir kämpfst, und das finde ich symathisch) ich denke, ich habe dich durchaus sehr genau gelesen. Um das zu zeigen will ich auf die einzelnen Statements gerne nochmal detailiert eingehen. Aus deiner Sicht jedoch leider, immer in dem Wissen, dass ich deinem Grundanliegen nicht nachkommen kann. Es ist mir schlicht unmöglich, mich dir in der Position zu nähern, sie widerstrebt mir mit jeder Faser meines Daseins, ich würde sagen, soagar körperlich. Darüber komme ich sicher nicht weg. Doch nun zur Sache:
Aber genau die Ansicht, man selbst sei moralisch überlegen, ist in meinen Augen der Grund für Kriege.
Kriege werden nach meinem Wissen entweder aus teritorialen Gründen (Mehrung des Besitzes) oder aus Angst vor dem Verlust eigener Identität genommen. Kriege, die es zum erklärten Ziel hatten, eine Ideologie zu verbreiten, sind mir nur zwei bekann: die Ausbreitung des Kommunismus, und die Ursprüngliche Ausbreitung des Islams im Mittelmeerraum und in Nordafrika. Die Kreuzzüge z.B. nehme ich da bewusst aus, das waren i.d.R. teritioriale Kriege mit handfestem wirtschaftlichem Hintergrund, nur Randbewegungen, wie z.B. die des Peter v. Amien bilden da Ausnahmen.
Ich kenne schon andere Weltbilder, die genauso viel, wenn nicht mehr, abwerfen als das Christentum. Der Buddhismus z.B. vertritt in vielem das, was viele Christen zwar immer predigen, aber dann doch überhaupt nicht tun.
Ich wüsste da nicht, was. Die chinesische Geschichte ist übrigends kaum mit der westlichen zu vergleichen. Dort gab es wenig Expansionsmöglichkeiten, aber wenn man z.B. mal die Kraft der Religion gegen die tödlichen Allmachten der Dynastien betrachtet, denke ich, dass sie zu mindest recht kraftlos waren, bzw. dem Volk im Sinne ihrer Unterdrücke immer die Zurückhaltung einimpften. Eine genauere Gegenüberstellung von Christentum und Buddhismus ist sicher interessant, aber dass es die Menschen dort besser haben oder hatten, kann ich nicht sehen: im Gegenteil.
Das liegt hier aber auch mehr am institutionellen Hintergrund
Dieser ist dort in Klöstern, und in der unumschränkten Autorität der Lehrmeister durchaus auch gegeben.
Einen Weltethos gibt es, davon bin ich nach wie vor überzeugt, auch wenn du anderer Ansicht bist, und ich bin auch davon überzeugt, dass die Zeit mir Recht geben wird (wer meinte nämlich vor 60 Jahren, Europa und die Kulturen seinen vereinbar?)
Nun, empirisch werden wir da wohl kaum zu einem Ergebnis kommen, aber ich lasse dir deinen Glauben da gerne, auch wenn ich ihn nicht teile. Bestrebungen, Europa zu einigen, gibt es übrigends seit Karl dem Grossen, und das ist nun nichts neues. Ob das mit der EU kulturell gelungen ist, wird wohl auch erst die Zukunft zeigen. Fakt ist aber, dass hier eine stark christliche-abendländische Prägung überall vorhanden ist, und dass dies sicher den Prozess einer einigung begünstigt.
Das Informationsproblem bezog sich auf die breite Masse, nicht auf Bin Laden, von dem ich schrieb, dass bei dem Hopfen und Malz verloren ist, bitte genau lesen!
Das hab ich schon gelesen. Ich wollte nur zeigen, dass Information nicht der Schlüssel zum Frieden ist, und dass Bin Laden dafür beispielhaft angeführt werden kann. Wer sagt denn, dass die Masse, bei genauer Prüfung nicht auch wie der denken wird? Zu mindest die Bestimmung der Afgahnen, wieder ein Koran-Gesetz einzuführen, zeigt durchaus eine Richtung. Sie passt uns nicht, aber woher nehmen wir schon unsere überhebliche Position, zu sagen, was dort richtig ist?
Im Übrigen bedeutet Konsens nicht die Aufgabe der eigenen Position, sondern ein sich treffen in der Mitte.
Und eben darum geht es mir nicht. Wenn jemand behauptet, 5+5= 15, und wer anderes, 5+5=10, dann wäre 5+5=12,5 ein Konsens. Sowas verstehe ich nicht unter Wahrheitssuche, denn wenn ich den Durchschnitt aller Meinungen nehme, und nur eine einzige falsch wäre, wäre auch der Durchschnitt falsch.
Wenn man aber das bereits als Aufgabe der eigenen Überzeugungen interpretiert, dann kannst du dich mit niemandem einigen, der nicht ganz deiner Meinung ist.
Das ist es ja gerade: ich muss mich nicht einigen. Ich will jemanden kennen lernen, verstehen lernen, nicht versuchen, ihn zu einer Einheit mit mir zu bewegen, die er letztlich wohl nicht tragen kann. Merkst du nicht, wie gross diese Forderung ist, jedem, der anderer Ansicht ist, abzuverlangen, sich auf dich zuzubewegen? Da liegt IMHO das grösste Agressionspotential im zwischenmenschlichen Bereich überhaupt! Vor dieser Sprengkrifaft, kann man sich nicht genügend fürchten. Darum bekämpfe ich sie, mit allen Mitteln, die mir zu gebote stehen.
Wenn du genau hinsiehst, dann bin ich dir schon ein Stück entgegengekommen, aber ganz deine Ansicht annehmen kann und will ich nicht, mit Einseitigkeit kommt man nicht weiter
Ich sehe sehr genau hin. Und ich sehe, dass du mir in dem, was mir wichig ist, keinen Millimeter näher gekommen bist. Nur etwas in der Makulatur. Ich verlange von dir nicht, dass du dich meinen Formen anpasst, so schade ich es finde, dass du mein Grundanliegen nicht nachvollziehen kannst, so belasse ich dir deine Ansicht dennoch, auch wenn mir vor ihr graust. Und ich muss ohne Übertreibung zugeben: ich fürchte mich vor den Folgen, die diese Geisteshaltung gesellschaftlich hervorruft, wie vor kaum etwas anderem.
Und dass du von deiner nicht abrückst, hast du auch im anderen Thema geschrieben (was ich übrigens extrem unnötig finde, den Streit hier gleich so breitzutreten, hat es das wirklich gebraucht?)
Wenn du wirklich denkst, ich hätte das Thema aufgemacht, um einen Streit breitzutreten, dann ist sicher unsere letzte Kommunikationsmöglichkeit gestorben. Ich kann dazu nur soviel sagen: dies ist nich meine Absicht. Ich will mich verständlich machen, und dieses OT hier, welches mir ein Herzensanliegen ist, (mit dem roten Meer hat es ja wirklich nichts mehr zu tun) frei und unabhängig, auch emotional möglichst unbelastet und sachlich diskutieren. Wenn es anders ankommt, sollen die Mods es meinetwegen löschen, oder schliessen. Fänd ich aber schade.
Gut, wenn du meinst, aber wenn du nie Kompromisse eingehen willst, dann wirf mal einen Blick auf internationale Beziehungen. Wenn man sich nicht entgegengekommen wäre, gäb's keine UN, keine Ostverträge, keine Wiedervereinigung.
Ja. und jetzt sag mir ehrlich, dass du nicht merkst, dass diese organisationen unser Menschen und Weltbild tragen, welches wir kraft unserer Wirtschaftsmacht allen aufoktruiet haben. Es ist ja nicht so, dass es keine gemeinsamkeiten gäbe, auf denen man z.B. so simple Dinge wie Handel aufbauen könnte. Aber die Furcht z.B. der Muslime, was da alles im Schlepptau mitkommt, die kann ich sehr gut verstehen. Und zimperlich sind wir (oder z.B. auch die USA) da sicher nicht.
Wieso meinen manche, ein Konsens sei eine Niederlage für beide? Kann man ja auch als Gewinn für beide ansehen!
Weil es nur geht, wenn man nicht an der Richtigkeit interessiert ist. Das Bild der Wahrheit wäre da zu gunsten des Konsenses weggelassen. Mehrheitsbestimmungen geben jemandem, der an der Wirklichkeit interessiert ist, keinen Halt. Du tust das ja auch nicht: Dein Kerndogma scheint die Konsensfindung als Ziel zu sein, von der du nicht abweichst.
Von Gleichmacherei will ich ja gar nicht reden, aber man braucht, ich schreib es nochmal, den gemeinsamen Nenner, um dann mit den Unterschieden freundschaftlicher umgehen zu können.
Der liegt aber in der Basis für Handel und Kommunikation, nicht in der für das Weltbild. Wie ich ja auch sage, ich kann jemanden mögen, obwohl er Relativist ist. Seine Position hingegen finde ich abstossend. Es gibt im Menschen halt verschiedene Ebenen, und man kann oft eine finden, wo man sich treffen kann. Aber andere müssen halt ausgeklammert werden, wenn man den Menschen ernst nimmt, und ihn nicht vereinnahmen will, so wie der Westen die ganze Welt einnimmt.
Noch eine Frage: wenn du nie abweichst von deiner Meinung, wie behandelst du dann Partnerin und Freunde? *stichel* (da gibt's ja auch Bereiche, die dir wichtig sind und du deshalb behauptest, über die könne man sich nie einigen)
Ich respektiere ihre Persönlichkeit, ich habe Achtung vor ihnen, in ihrer Aufrichtigkeit. Wie gesagt: gemeinsame Ebenen gibt es, auch wenn die Positionen sich unterscheiden. Ich würde sogar soweit gehen, gerade wenn eine Position eine andere ist, und der Mensch sie aufrecht vertritt, ist das Gespräch mit ihm interessant und Lehrreich. Erst die Forderung, die Positionen anzupassen, macht den gegenseitigen Respekt kaputt.
Gruss,
Orald